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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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bestanden aus großen Gesteinsplatten und Felsklötzen, die durchs eigene Gewicht zusammengehalten wurden, und wiesen ausnahmslos flache Dächer auf. Und jenseits der Dächer erspähte Covenant die Berge. Der Himmel über ihnen besaß eine bräunliche Färbung, als wäre er voller Staub. Covenant war hier schon gewesen und vermochte die Wahrheit nicht zu leugnen: Er fürchtete sich tatsächlich. Zu viele Menschen, die sich um ihn gekümmert hatten, waren für den ihm geleisteten Beistand schrecklich gestraft worden.
    In seinem Rücken schien Lindens Schweigen zu pochen wie ein schmerzhafter blauer Fleck; aber Covenant blieb still, beobachtete stumm, wie Sonnenschein ins Tal herabströmte. »Ich frage mich«, meinte er schließlich, als ihm die Spannung unerträglich geworden war, »was sie mit uns anstellen werden.«
    Wie zur Antwort erhellte die Räumlichkeit sich plötzlich, als jemand am Eingang den Vorhang zur Seite schob. Covenant drehte sich um und sah unter der Tür einen Mann stehen. Der Steinhausener war etwa so groß wie Linden, jedoch breiter und muskulöser als Covenant. Die Farbe, die sein steifes ledernes Wams und die Beinkleider hatten, betonte seine dunkle Haut und das schwarze Haar. An den Füßen trug er nichts. In der rechten Hand hielt er, wie um seiner Autorität Nachdruck zu verleihen, einen langen, hölzernen Stab. Er wirkte, als sei er ungefähr dreißig Jahre alt. Seine Gesichtszüge machten einen noch jugendlichen Eindruck; dem widersprachen jedoch zwei tiefe Falten eines erstarrten Stirnrunzelns über seinem Nasenrücken und die Stumpfheit seiner Augen, deren Licht durch zuviel angestauten, zwecklosen Kummer getrübt worden zu sein schien. Die Muskeln an den Ecken seines Kinns sahen irgendwie geschwollen aus, als knirsche er bereits seit Jahren unablässig mit den Zähnen. Der linke Arm hing ihm an der Seite. Vom Knöchel des Handgelenks bis zum Ellbogen war er von feinen weißen Narben zerkerbt. Der Mann sprach kein Wort; er stand da und schaute Covenant und Linden an, als erwarte er, daß sie wüßten, weshalb er sie aufsuchte.
    Linden raffte sich hoch. Covenant trat zwei Schritte vor, so daß sie beide Schulter an Schulter vor dem Steinhausener standen. Der Mann zögerte und musterte Covenants Gesicht. Dann kam er herein. Er hob die Linke zu Covenants verunstalteter Wange. Covenant zuckte schwach zusammen, dann hielt er still, während der Steinhausener ihm vorsichtig den getrockneten Matsch vom Gesicht schälte. Covenant empfand für diese Maßnahme eine Regung von Dankbarkeit; er hatte das Gefühl, sie gäbe ihm mehr Würde zurück, als er verdiente. Aufmerksam erforschte er das braune, energische Angesicht des Steinhauseners, versuchte zu ergründen, was dahinterstak. Sobald der Mann fertig war, drehte er sich um und verließ die Räumlichkeit, hielt für Covenant und Linden den Vorhang beiseite. Covenant blickte Linden an, um zu sehen, ob sie einer Ermutigung bedürfe. Doch sie mied seinen Blick. Sie strebte bereits zum Ausgang. Covenant atmete tief durch und folgte ihr aus der Behausung.
    Draußen gelangten sie gleich an den Rand des weiten, runden, offenen Platzes im Zentrum von Steinhausen Mithil. Sein Aussehen stimmte im großen und ganzen noch mit Covenants Erinnerung überein. Alle Häuser waren mit den Vorderfronten der Mitte zugewandt; und jene außerhalb des inneren Rings von Gebäuden standen so, daß sie einen möglichst direkten Zugang zur Ortsmitte gestatteten. Nun jedoch konnte Covenant ersehen, daß einige Bauten sich im Zustand starker Baufälligkeit befanden, als verstünden ihre Bewohner, anders als früher, sie nicht mehr zu bewahren. Falls das stimmte ... Covenant schnob vor sich hin. Wie konnten diese Leute ihr Steinwissen vergessen haben?
    Über die östliche Bergkette hinweg schien die Sonne Covenant ins Gesicht. Er blinzelte auf indirekte Weise zur Sonnenscheibe hinauf und sah, daß die blaue Aura nun fehlte. Statt dessen trug sie wie einen durchsichtigen Überwurf helles Braun. Das Steinhausen schien verlassen zu sein. An sämtlichen Eingängen waren die Türvorhänge geschlossen. Nichts rührte sich – im Dorf nicht, nicht an den Abhängen, auch nicht in der Luft. Man konnte nicht einmal den Fluß hören. Das Tal lag unterm trockenen Morgen, als sei es mit Lähmung geschlagen worden. Langsam begann akute Furcht Covenants Nerven anzufransen wie ein Scheuern.
    Der Mann mit dem Stab stapfte auf den Platz hinaus, winkte unterwegs Covenant und Linden, ihm über

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