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Das verwundete Land - Covenant 04

Das verwundete Land - Covenant 04

Titel: Das verwundete Land - Covenant 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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den bloßen steinernen Untergrund zu folgen. Als sie der Aufforderung nachkamen, hielt der Mann mürrisch rundum in die Ortschaft Ausschau. Er stützte sich auf seinen Stab, als wären die Sehnen, die seinem Leben Zusammenhalt gaben, längst ermüdet. Einen Moment später jedoch gab er sich einen Ruck. Bedächtig hob er den Stab über seinen Kopf. »Dies ist die Mitte«, sagte er im Tonfall von Entschiedenheit.
    Sofort öffneten sich überall die Vorhänge. Zielstrebig traten Männer und Frauen aus ihren Heimen. Allesamt waren sie stämmige, dunkelhäutige Menschen, angetan mit ledernen Kleidungsstücken. Sie bildeten am Rande des Platzes einen Ring und starrten Covenant und Linden an, als zögen sie um das Paar eine Schlinge zusammen. Ihre Mienen waren wachsam und düster, drückten Feindseligkeit aus. Einige Steinhausener hatten stumpfe Wurfspieße dabei, fast nur Stecken; aber andere Waffen sah man nicht. Der Mann mit dem Stab gesellte sich zu den übrigen Bewohnern des Steinhausens. Gemeinsam setzte sich der Kreis aus Steinhausenern, die Beine überkreuzt, auf den Boden. Nur ein Mann blieb stehen. Er stand hinter den anderen Leuten, lehnte an der Außenwand eines Hauses, die Arme achtlos auf der Brust verschränkt. Seine Lippen zeigten ein mörderisches Lächeln, als rechne er binnen kurzem mit Blutvergießen. Unwillkürlich mutmaßte Covenant, dieser Mann sei im Steinhausen Mithil so etwas wie ein Scharfrichter.
    Die Dorfbewohner ließen keinen Ton verlauten. Sie betrachteten Covenant und Linden, ohne sich zu regen, nahezu selbst ohne mit den Wimpern zu zucken. Ihr Schweigen erfüllte die Luft gleichsam überlaut, wie ein Schrei aus einer Kehle, die keine Stimme besaß. Die Sonne begann Covenants Kopfhaut Schweiß zu entlocken. »Sage doch jemand was«, murrte er durch die Zähne.
    Unvermittelt stieß Linden ihn am Arm an. »Das ist es ja, worauf sie warten. Hier soll eine Verhandlung gegen uns stattfinden. Man will hören, was wir zu sagen haben.«
    »Phantastisch.« Covenant akzeptierte Lindens intuitive Erklärung sofort; ihr war eine Sicht zu eigen, deren er ermangelte. »Und wessen klagt man uns an?«
    »Vielleicht haben sie Nassic gefunden«, sagte Linden grimmig.
    Covenant entfuhr ein Stöhnen. Das ergab einen Sinn. Möglicherweise war Nassic genau aus dem Grund ermordet worden, um das Verbrechen ihm und Linden in die Schuhe zu schieben. Und doch ... Covenant zerrte an seinen Fesseln und wünschte, seine Arme wären frei, um sich den Schweiß vom Gesicht wischen zu können. Und doch war das keine hinlängliche Erklärung dafür, wie es eigentlich dazu hatte kommen können, daß man sie gefangennahm. Das Schweigen war schier nicht zu ertragen. Die Berge und die Häuser umschlossen die Mitte der Ortschaft, als handle es sich um eine Arena. Die Steinhausener saßen unbewegt wie Ikonen des Gerichts da. Covenant musterte ihre Runde, während er aufzubieten versuchte, was er an geringer restlicher Würde noch hatte. Dann begann er zu sprechen. »Mein Name ist Ur-Lord Thomas Covenant, Zweifler und Träger des Weißgoldes. Meine Begleiterin ist Linden Avery.« Mit voller Absicht verlieh er ihr einen Titel. »Die Auserwählte. Sie ist eine Fremde im Land.« Die dunkelhäutigen Steinhausener erwiderten seinen Blick ausdruckslos. Der Mann, der an einem der Häuser lehnte, bleckte die Zähne. »Aber ich bin kein Fremder«, ergänzte Covenant in plötzlichem Zorn. »Ihr feindet mich auf eigene Gefahr an.«
    »Covenant«, sagte Linden kaum vernehmlich und in einem Ton, als müsse sie ihn zurechtweisen.
    »Ich weiß«, meinte Covenant unterdrückt. »Ich sollte so was nicht sagen.« Er wandte sich von neuem an die Versammelten. »Wir sind von Nassic, Jous' Sohn, willkommen geheißen worden. Er war nicht euer Freund – oder besser, ihr seid nicht seine Freunde gewesen, denn er war bei Gott ein harmloser Mensch.« Nassic hatte im Tode so verlassen ausgesehen ... »Aber er hat erwähnt, er hätte hier einen Sohn. Einen Sohn namens Sunder? Ist Sunder hier? Sunder?« Er blickte sich nach allen Seiten um. Niemand reagierte. »Sunder«, raunzte Covenant, »wer du auch bist – weißt du, daß dein Vater ermordet worden ist? Wir haben ihn vor seinem Haus gefunden, ein eisernes Messer im Rücken. Das Messer war noch heiß.« Irgendwer in dem Kreis von Steinhausenern gab ein gedämpftes Aufstöhnen von sich; doch es entging Covenant, wer das tat. Linden schüttelte den Kopf; sie hatte es auch nicht bemerkt. Mittlerweile war der

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