Das vielfarbene Land
waren in guter Verfassung, aber Richard und die Nonne ließen sich müde und dankbar niedersinken. Sie ruhten auf herausragenden Steinen in einem Stauwasser-Teich aus und strengten die Ohren an, ob irgendein Geräusch auf Verfolger schließen lasse. Sie hörten nichts als ein explosives Klatsch! ein kurzes Stück flußabwärts.
»Wenn ich es nicht besser wüßte«, bemerkte Amerie, »würde ich sagen, das war ein Biber.«
»Wahrscheinlich war es wirklich einer«, erwiderte Claude. »Es mag unser alter Freund Castor sein, doch eher noch Steneofiber, ein primitiverer Typ, der nicht viel mit Dämmebauen im Sinn hatte, sondern einfach Löcher in das ...«
»Pst!« zischte Felice. »Horcht!«
Rauschendes Wasser, Vogelgesang, ab und zu ein Kreischen, das, wie Claude ihnen gesagt hatte, von einem Baumaffen kam, ein Eichhörnchen, das seinen Arger hinausschnatterte,
und etwas Großes, das sich räusperte.
Sie erstarrten auf ihren Steinen und zogen instinktiv die Füße hoch, die sie im Wasser hatten baumeln lassen. Der Laut war ein kehliges Husten, ganz anders als alles, was sie bisher im Pliozän gehört hatten. Die Büsche auf dem linken Ufer schwankten leicht, als ein Tier hindurchschritt und an den Fluß herunterkam, um zu trinken. Es war eine Katze, massig wie ein afrikanischer Löwe, aber mit großen Hundezähnen, die wie Dolche über die geschlossenen Lippen hinausragten. Das Tier rülpste wie ein magenschwacher Gourmet nach einem überreichen Festmahl und schlappte lustlos ein paarmal Wasser. Seinen Rücken und seine Flanken schmückten braunrot marmorierte Vielecke, deren Kanten lohfarben und schwarz abgesetzt waren. Sie flössen zu dunklen Streifen um das Gesicht und zu schwarzen Tupfen am Bauch und an den Hinterläufen zusammen. Es hatte einen Schnurrbart von heroischen Proportionen.
Der Wind drehte sich und trug den Geruch der Menschen zu dem trinkenden Säbelzahntiger. Er hob den Kopf, starrte sie mit seinen gelben Augen direkt an und knurrte. Das wirkte ganz wie die bemühte Zurückhaltung eines Wesens, das eine prekäre Situation völlig beherrscht.
Felice hielt dem Blick stand.
Die anderen waren bewegungsunfähig vor Entsetzen und machten sich darauf gefaßt, daß die Katze ins Wasser sprang. Aber das tat sie nicht. Ihr Bauch war voll, und ihre Jungen warteten, und Felices Gedanken streichelten ihre katzenhafte Eitelkeit und sagten ihr, daß die magere Beute, die da auf den Steinen kauerte, kaum ein Hinüberschwimmen wert sei. So trank der Machairodus, funkelte sie an, zog den Nasenrücken in einem verächtlichen halbseitigen Schnauben kraus und verzog sich schließlich ins Unterholz.
»Ich brauche nur fünf Minuten«, flüsterte Amerie, »um eine Dankesmesse zu halten. Sie ist schon lange überfällig.«
Felice schüttelte mit rätselhaftem Lächeln den Kopf, und Richard blickte überlegen drein und wandte sich ab. Doch Claude kam auf Ameries Stein herüber und teilte mit ihr den goldenen Fingerhut voll Wein und das Stückchen getrockneten Brotes aus der Messe-Ausrüstung, die sie in der Tasche von Richards uniform bei sich trug. und als das vorbei war, machten sie sich wieder auf und hackten sich einen Weg an dem Ufer, auf das der Säbelzahn keinen Anspruch erhoben hatte.
»Er war so unglaublich schön«, sagte die Nonne zu Claude. »Aber wozu braucht er solche Zähne? Die großen Katzen unserer Zeit kamen sehr gut mit kürzeren zurecht.«
»unsere Löwen und Tiger versuchen auch nie, Elefanten zu töten.«
»Du meinst diese ungeheuerlichen Stoßzahn träger, mit denen sie uns in der Auberge durch Drei-D-Filme Angst einjagen wollten?« rief Richard. »Hier?«
»Es werden hier im Oberland eher die kleineren Mastodons sein. Gomphotherium angustidens ist wahrscheinlich die übliche Art. Kaum halb so groß wie die Nashörner, die wir gestern sahen. Mit Deinotherien werden wir höchstens dann zusammenstoßen, wenn wir durch einen Sumpf oder über einen großen Fluß im Unterland müssen.«
»Kaleidoskopisch«, brummte der Pirat. »Entschuldigt die Frage, aber hat einer von euch Assen ein bestimmtes Ziel im Auge? Oder laufen wir bloß davon?«
Claude antwortete leise: »Wir laufen bloß davon. Wenn wir die Soldaten und die Bärenhunde abgeschüttelt haben, ist Zeit genug für strategische Entscheidungen. Oder bist du anderer Meinung, Sohn?«
»Ach, Scheiße«, grunzte Richard und hackte von neuem auf das Dickicht am Ufer los.
Schließlich vereinigte sich der Bach mit einem großen, rasch
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