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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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fahren ein Rennen auf der Ebene der Spiele.
    Vielfarbene Reittiere laufen an Tagen immerschönen Wetters.
    Weder der Tod noch das Verebben der Zeit
    Werden zu den Bewohnern des Vielfarbenen Landes kommen.

    ENDE DES ZWEITEN TEILS

Dritter Teil
    Die Allianz

1
    Die gigantische Sequoia hatte 10000 Jahre überdauert. Sie stand innerhalb eines Waldes von kleineren Exemplaren hoch in den Vogesen, und sie war ausgehöhlt von einem lange zurückliegenden Waldbrand wie von Fäulnis. Vor einem Jahrtausend hatte der Blitz ihre Krone abgeschlagen, so daß der Baum nur noch etwa hundert Meter Höhe hatte. Dicht über dem Boden nahm der Stamm ein volles Viertel dieser Strecke ein und gab der Sequoia das Aussehen einer großen verstümmelten Säule. Daß sie überhaupt noch lebte, bezeugten nur wenige Zweige, die an der abgebrochenen Krone sprossen. Ihren kleinen Nadeln war kaum zuzutrauen, daß sie genug photosynthetischen Zucker erzeugten, um ein solches Monument zu ernähren.
    Die Sequoia beherbergte eine Familie rotrückiger Adler und mehrere Millionen Zimmermannsameisen. Am frühen Nachmittag hatte sie außerdem eine Gruppe freilebender Menschen aufgenommen, die den großen hohlen Stamm in Zeiten besonderer Gefahr regelmäßig als sicheren unterschlupf benutzten.
    Dünner Regen fiel. Noch eine Stunde, und es würde dunkel sein. Eine Frau in einem wasserfleckigen Wildledermantel stand neben einer Strebe des großen Stammes, die Augen geschlossen, die Fingerspitzen an die Kehle gelegt. Nach fünf Minuten öffnete sie die Augen wieder und wischte sich Feuchtigkeit von der Stirn. Sie bückte sich, schob die Wedel eines großen Farns beiseite und betrat eine unauffällige Öffnung, einen fast verheilten Riß, der ins Innere des Baums führte.
    Jemand half ihr aus ihrem durchweichten Mantel. Sie nickte dankend. Rings um den Innenraum brannten kleine Feuer auf niedrigen Steinplattformen. Ihre Rauchfahnen verflochten sich mit der eines größeren Feuers in der Mitte und stiegen den weit oben liegenden natürlichen Kamin hinauf. Das Hauptfeuer war auf einem großen, X-förmigen Herd angelegt. Seine Flammen schlugen in der Mitte hochauf und mäßigten sich am Ende der Arme zu bequemer Kochhöhe. Eine große Zahl von Menschen war um diesen Herd versammelt; kleinere Gruppen hockten an den Nebenfeuern. Der Raum roch nach der dampfenden Lederkleidung, die vor den Flammen ausgebreitet war, nach in der Asche backendem Brot, heißem Gewürzwein und dem brodelnden Fleischtopf.
    Richard hielt sich in der Nähe des Fleischtopfes auf. Er knurrte die Köche an und fügte dann und wann getrocknete Kräuter aus einer Sammlung von irdenen Töpfen zu seinen Füßen hinzu. Claude und Felice saßen nahebei, und Amerie benutzte ihren gesunden Arm, um medizinische Vorräte auf einer sauberen Decke auszulegen. Die kleine Wildkatze der Nonne sah mit regem Interesse zu. Sie hatte schnell gelernt, daß die Medikamentendosen, Verbände und Instrumente kein Spielzeug für sie waren.
    Angelique Guderian kam zum Feuer und hielt ihre Hände in die Wärme. Sie sagte zu Amerie: »Ein Glück, ma Soeur, daß es Fitharn und den anderen Firvulag gelungen ist, Ihren Rucksack zu retten. Wir waren immer knapp an medizinischen Vorräten, und wir werden Ihre säkularen wie Ihre spirituellen Fähigkeiten nötig brauchen. Es gibt keine professionellen Heiler unter uns, da alle solchen Personen sofort der Knechtschaft des grauen Rings unterworfen werden, sobald man ihr Talent entdeckt. Wir können nur vermuten, daß Ihr eigener ringloser Zustand das Ergebnis eines Fehlers der Tanu ist.«
    »und es gibt kein Entrinnen mehr, wenn Menschen einmal einen grauen Ring erhalten haben?«
    »Entrinnen können sie schon. Aber sollte jemand, der einen grauen oder silbernen Ring trägt, in die Einflußsphäre eines koerziblen Tanu geraten, kann dieser ihn zwingen, ihm zu Willen zu sein sogar sein Leben hinzugeben. Das ist der Grund, warum wir keine Ringträger unter uns haben können.«
    »Ausgenommen Sie selbst«, bemerkte Felice leise. »Aber die, die Gold tragen, sind frei, nicht wahr?«
    Claude schnitzte einen neuen Rosenkranz für Amerie. Sein
    Vitredur-Messer schimmerte im Feuerschein schön wie ein Saphir. Er fragte: »Kann man die Ringe denn nicht abschneiden?«
    »Nicht, solange ihr Träger lebt«, erwiderte Madame. »Wir haben es natürlich versucht. Nicht etwa, daß das Metall unzerstörbar wäre, vielmehr ist der Ring irgendwie mit der Lebenskraft des Trägers verbunden. Diese

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