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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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redeten.
    Claude blieb im Schatten stehen, aber er wurde offenbar erwartet. Er fand sich wieder, wie er, völlig gegen seinen Willen, mit über den Kopf erhobenen Händen auf das Feuer zuging, angezogen von dem gleichen unwiderstehlichen Zwang, den er in der Testkammer Lady Epones kennengelernt hatte.
    »Es ist ein alter Mann!« sagte irgend jemand, als er in den Schein des Feuers trat.
    »Aber kein Tattergreis«, bemerkte ein großer, breiter Schatten. »Er könnte zu irgend etwas nutze sein.«
    »Jedenfalls benimmt er sich vernünftiger als seine Freunde.«
    Vielleicht ein Dutzend zäh wirkender menschlicher Männer und Frauen saßen auf dem Boden um die Flammen. Sie waren in dunkles Wildleder und Teile zerlumpter Kostüme gekleidet, aßen die letzten Bissen von Felices Jagdbeute und drehten einen langen Bratspieß voller frischgeschlachteter Vögel.
    Eine der Gestalten erhob sich und kam zu Claude herüber. Es war eine Frau mittleren Alters von durchschnittlicher Größe mit dunklem Haar, das an den Schläfen grau wurde, und Augen, aus denen der Feuerschein ein fanatisches Funkeln hervorlockte. Die dünnen Lippen kritisch zusammengepreßt, musterte sie den alten Mann. Sie hob ihre feingeschwungene Adlernase in einer stolzen Geste, und Claude bemerkte einen goldenen Ring unter dem Kragen ihres Wildledermantels.
    »Wie nennen Sie sich?« fragte sie streng.
    »Ich bin Claude Majewski. Was haben Sie mit meinen Freunden gemacht? Wer sind Sie?«
    Der Griff, der seinen Verstand gefangenhielt, lockerte sich, und die Frau blickte ihn mit ätzendem Humor an. »Ihre Freunde sind in Sicherheit, Claude Majewski. Was mich betrifft, so bin ich Angelique Guderian. Sie können mich Madame nennen.«

18
    Die Rhône strömte langsam und breit dahin. Das Boot brauchte trotz seines voll ausgebreiteten Segels und der Zuhilfenahme des Motors lange Zeit, um die Insel von Darask hinter sich zu lassen. Die sumpfigen Ebenen der Camargue schimmerten in einem goldenen Nebel, der etwa einen Kilometer entfernte Regionen zu einer undeutlichen Kulisse verwischte. Später, als sie weiter nach Süden gesegelt waren, sahen die Passagiere Berge zu ihrer Linken und die Spitzen da und dort aus dem Sumpf herausragender Felsen, aber vom Meer war keine Spur zu sehen. Hübsche kleine Schilfmeisen in Orange und Blau und rotköpfige Ammern saßen auf den schwankenden Papyrusstauden, die neben dem Hauptstrom wuchsen. Die Passagierblase war den ganzen Vormittag über offen, und die Reisenden sahen fasziniert den das Boot umschwimmenden Krokodilen und Nilpferden zu. Einmal erblickten sie eine Schule wundersamer Wasserschlangen, beinahe transparent und unter der nebelumflorten Sonne wie wogende Regenbogen schimmernd.
    um die Mittagszeit legten sie an einer Insel an, wo sich mehr als zwanzig Boote versammelt hatten Frachtschiffe, kleine Yachten mit farbenfreudig gekleideten Tanu, größere Fahrzeuge, überfüllt mit schweigenden Ramas. Sie saßen zu fünft wie kleine, nicht angekettete Galeerensklaven, die ihre Ruder verloren hatten, auf Bänken. Auf der Insel standen nur wenige Gebäude. Skipper Highjohn erklärte, sie würden hier nicht aussteigen, nur lange genug halten, um die Blasenfolie wieder anzubringen.
    »Nicht schon wieder einen Wasserfall hinunter!« stöhnte Raimo. Er holte seine Flasche hervor.
    »Das ist der allerletzte«, beruhigte Highjohn ihn, »und er ist nicht wild, wenn auch ein bißchen steil. Einer der ringlosen Kerle, die Tanu-Barken in den frühesten Tagen des Zeitportals hier durchsteuerten, nannte das Ding "la Glissade Formidable". Klingt besser als »fürchterliche Rutsch«, deshalb nennen wir ihn auch heute noch so.«
    Stein, der auf einem Sessel neben Sukey saß, blickte verwirrt drein. »Aber wir müßten jetzt im Rhone-Delta sein, kurz vor der Küste des Mittelmeers. Was kann es hier für einen Gradienten geben?«
    »Du wirst eine Überraschung erleben«, versicherte Bryan ihm. »Ich wollte es selbst nicht glauben, als der Skipper es mir erläuterte. Wie du dich erinnern wirst, habe auch ich auf dem Mittelmeer gesegelt. Worauf es hinausläuft, Stein, ist ein kleiner Rechenfehler seitens der Schlamper, die unsere Pliozän-Landkarten gezeichnet haben.«
    Der Arbeiter, der die transparente Folie anbrachte, gab dem letzten Abschnitt einen Klaps und sagte: »Du kannst ablegen, Käpt'n.«
    »Alles anschnallen!« befahl Highjohn. »Sie kommen nach vorn, Bryan. Der Wasserfall wird Sie begeistern.«
    Ein leichter Wind kam auf, als sie im

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