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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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saß, die Beine lang ausgestreckt und die Arme schlaff herunterhängend. Er keuchte. Ein Sanitäter, der einen Fleischwagen fuhr, fand ihn ein paar Minuten später und half ihm auf die Füße.
    »Junge, Junge ... und du warst nicht einmal auf dem Spielfeld!«
    Ebenso finster wie verlegen gestand Benny, was sich ereignet hatte.
    Der Sanitäter wägte erstaunt den Kopf. »Du hast aber Nerven, daß du das versucht hast! Ich habe vor dem kleinen Ding mit seinem süßen Gesicht so Angst, daß ich mir in die Hosen scheißen könnte!«
    Der Verteidiger nickte nachdenklich. »Weißt du was? Es macht ihr Spaß, die Jungens niederzuschießen. Ich meine, für sie ist das so gut wie ein Orgasmus. Nur sieht man ihr an, daß die armen Teufel von ihr aus ebenso gut tot wie betäubt sein könnten. Kapierst du? Sie ist ein ungeheuer! Ein großartiges, hochtalentiertes, niedlich aussehendes ungeheuer!«
    Der Sanitäter verzog das Gesicht. »Was sonst soll eine Frau sein, die diesen wahnsinnigen Sport betreibt? Komm schon, du Held! Ich bringe dich umsonst ins Krankenhaus. Wir haben da genau das richtige für dies üble Gefühl in deinem Magen.«
    Der Verteidiger kletterte auf den Wagen neben einen schnarchenden Bewußtlosen. »Siebzehn Jahre alt! Kannst du dir vorstellen, wie sie sein wird, wenn sie einmal erwachsen ist?«
    »Kerle wie du dürfen keine Phantasie haben. Es schadet dem Spiel.« Der Sanitäter steuerte den Wagen den Korridor hinunter auf das ferne Lachen und Rufen zu.
    Draußen in der Arena hatte das Beifallsgeschrei aufgehört.

5
    »Versuch es noch einmal, Elizabeth!«
    Sie konzentrierte ihre ganze Geisteskraft auf den Projektionssinn oder das, was davon übrig war. Schwer atmend und mit rasendem Herzklopfen strengte sie sich an, bis sie den Sessel nicht mehr spürte und frei in der Luft zu schweben schien.
    Projiziere von der Leseplatte vor dir:
    LÄCHELN BEGRÜSSUNG. AN DICH, KWONG CHUN-MEI, THERAPEUTIN, VON ELIZABETH ORME, FERNSPRECHERIN. WENN ICH FLÜGEL HÄTTE WIE EIN ENGEL, WÜRDE ICH ÜBER DIESE GEFÄNGNISMAUERN HINWEGFLIEGEN. ENDE.
    »Versuch es noch einmal, Elizabeth!«
    Sie versuchte es. Wieder und immer wieder. Sie sandte diese ironische kleine Botschaft, die sie selbst ausgewählt hatte. (Sinn für Humor ist ein Beweis für Persönlichkeitsintegration.) Sandte sie. Sandte sie.
    Endlich öffnete sich die Tür der Zelle, und Kwong trat ein. »Tut mir leid, Elizabeth, aber ich empfange immer noch gar nichts.«
    »Nicht einmal das Lächeln?«
    »Tut mir leid. Noch nicht. Es sind überhaupt keine Bilder da nur die einfache Trägerwelle. Hör mal, Liebes, warum sollen wir für heute nicht Schluß machen? Auf dem Überwachungsmonitor hast du gelbe Werte. Du brauchst wirklich mehr Ruhe, mehr Zeit zum Ausheilen. Du strengst dich zu sehr an.«
    Elizabeth Orme lehnte sich zurück und drückte die Finger an die schmerzenden Schläfen. »Warum tun wir immer noch so als ob, Chun-Mei? Wir wissen, die Wahrscheinlichkeit, daß meine metapsychischen Fähigkeiten jemals wieder funktionieren werden, ist fast gleich Null. Der Tank hat gute Arbeit geleistet, als er mich nach dem Unfall wieder zusammenflickte. Keine Narben, keine Geistesverwirrung. Ich bin ein prächtiges, normales, gesundes Exemplar menschlicher Weiblichkeit. Normal. Mehr aber auch nicht, Leute.«
    »Elizabeth ...« Die Augen der Therapeutin waren voller Mitleid. »Gib dir selbst eine Chance! Es war eine fast vollständige neokortikale Regeneration. Wir verstehen nicht, warum du deine Metafunktionen nicht zusammen mit deinen anderen geistigen Fähigkeiten zurückerhalten hast, aber mit der Zeit und bei fleißigem Oben könntest du dich doch noch erholen.«
    »Es hat sich noch nie jemand erholt, der Verletzungen wie ich hatte.«
    »Nein«, lautete die widerstrebende Antwort. »Aber es besteht Hoffnung, und wir müssen weiter versuchen durchzukommen. Du bist immer noch eine von uns, Elizabeth. Wir möchten, daß du' wieder operant wirst, ganz gleich, wie lange es dauert. Aber du darfst nicht aufgeben.«
    Gib nicht auf, eine Blinde die drei Vollmonde von Denali sehen zu lehren. Streng dich an, und eine Taube wird Bach schätzen, eine Zungenlose Bellini singen lernen. O ja!
    »Du bist eine gute Freundin, Chun-Mei, und Gott weiß, daß du schwer mit mir gearbeitet hast. Aber es wäre gesünder, wenn ich den Verlust einfach akzeptierte. Denk nur an die Milliarden normaler Leute, die ein glückliches und erfülltes Leben führen, ohne über irgendwelche metapsychische

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