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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Narkose-Therapie und guter alter Religion.
    Aiken Drums Bosheit triumphierte über alles. und deshalb wurde Aiken Drum, als er, ohne Reue zu zeigen, seinen einundzwanzigsten Geburtstag feierte, eine Anzahl von Möglichkeiten vorgelegt, unter denen er die Wahl treffen und so seine Zukunft selbst bestimmen sollte.

    Da Sie immer wieder rückfällig werden und nachgewiesenermaßen eine Gefahr für die Harmonie des Galaktischen Milieus darstellen, müssen Sie sich entscheiden für

    a) dauernden Aufenthalt in der Besserungsanstalt von Dalriada
    b) psychochirurgische Implantation einer Disziplinierungssteuerung
    c) Euthanasie.

    »Nichts davon«, erklärte Aiken Drum. »Ich wähle das Exil.«

7
    Schwester Annamaria Roccaro lernte Claude kennen, als er seine sterbende Frau ins Oregon-Cascade-Hospiz brachte.
    Die beiden alten Leute waren Bergungs-Exopaläontologen gewesen Claude Majewski spezialisiert auf Makro- und Genevieve Logan auf Mikro-Fossilien. Sie waren seit mehr als neunzig Jahren und einer Verjüngung verheiratet und hatten gemeinsam die ausgestorbenen Lebensformen auf einigen vierzig von Menschen kolonisierten Planeten erforscht. Aber zum Schluß wurde Genevieve müde und lehnte eine dritte Lebenszeit ab, und Claude hatte sich ihrer Entscheidung angeschlossen, wie er es in ihrer gemeinsamen Zeit meistens getan hatte. Sie blieben solange wie möglich im Geschirr und verbrachten dann ein paar geruhsame Jahre in ihrem Häuschen auf der Alten Welt an der nordamerikanischen Pazifikküste.
    Claude dachte niemals an das unvermeidliche Ende, bis es über sie kam. Er hatte eine vage Vorstellung, daß sie eines Tages zusammen im Schlaf ruhig hinübergehen würden. Die Wirklichkeit war natürlich weniger schön. Claudes polnischer Bauernkörper zeigte ein größeres Durchhaltevermögen als der seiner afroamerikanischen Frau. Es kam die Zeit, daß Genevieve in das Hospiz mußte, und Claude begleitete sie. Empfangen wurden sie von Schwester Roccaro, einer hochgewachsenen Frau mit offenem Gesicht, die die medizinische und spirituelle Betreuung der sterbenden Wissenschaftlerin und ihres Gatten selbst übernahm.
    Genevieve, ausgezehrt von Knochenschwund, teilweise gelähmt und von einer Reihe kleiner Schlaganfälle angegriffen, brauchte lange Zeit zum Sterben. Vielleicht war sie sich der Bemühungen ihres Mannes, sie zu trösten, bewußt, aber sie zeigte es sehr wenig. Ohne Schmerzen verbrachte sie ihre betäubten Tage träumend und schlafend. Schwester Roccaro stellte fest, daß sie ihre beruflichen Fähigkeiten mehr und mehr Claude zur Verfügung stellte, der vom langsamen Hintreiben seiner Frau auf das Lebensende zu entmutigt und tief deprimiert war.

    Der alte Mann war im Alter von einhundertunddreiunddreißig körperlich immer noch kräftig, so daß die Nonne ihn oft zu Ausflügen in die Berge mitnahm. Sie durchwanderten die nebligen immergrünen Wälder der Cascade Range und angelten Forellen in Bächen, die von den Gletschern des Mount Hood abflössen. Der Hochsommer kam, und sie beobachteten Vögel und Wildblumen, erkletterten die Flanken des Hood und verbrachten heiße Nachmittage damit, im Schatten auf einem Hang zu sitzen, ohne zu sprechen, denn Majewski war nicht imstande oder nicht willens, seinem Kummer Worte zu verleihen.
    Eines Morgens Anfang Juli 2110 ging es mit Genevieve Logan schnell zu Ende. Sie und Claude konnten sich nur noch berühren, da sie nicht mehr fähig war zu sehen, zu hören oder zu sprechen. Als der Krankenzimmer-Monitor zeigte, daß das Gehirn der alten Frau seine Funktion eingestellt hatte, zelebrierte die Schwester die Totenmesse und gab ihr die letzte Ölung. Claude stellte die Maschinen selbst ab. Er setzte sich an Genevieves Bett und hielt ihre zum Skelett abgemagerte Hand, bis die Wärme daraus entflohen war.
    Sanft drückte Schwester Roccaro die verrunzelten kaffeebraunen Lider über die Augen der toten Wissenschaftlerin. »Möchten Sie noch eine Weile bei ihr bleiben, Claude?«
    Der alte Mann lächelte geistesabwesend. »Sie ist nicht hier,Amerie. Würden Sie mit mir Spazierengehen, falls Sie fürs erste niemand braucht? Es ist noch früh. Ich glaube, ich möchte gern reden.«

    So zogen sie Stiefel an und besuchten wieder die Wälder. Die Fahrt mit dem Ei dauerte nur wenige Minuten. Sie parkten am Cloud Cap, stiegen auf einem leichten Weg die Cooper-Spur hoch und machten auf einem Grat in etwa 2800 Meter Höhe unterhalb des Tie-In-Rock halt. Sie fanden einen bequemen Sitzplatz

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