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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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wie große Bären und nicht nur Aasfresser, sondern auch selbst jagende Raubtiere.
    Für die Navigation hatten sie eine kostbare Karte. In dem Baumversteck hatte Richard die ihn interessierenden Teile einer verblassenden ehrwürdigen »Straßenkarte von Europa« (Kümmerley & Frey, Ausgabe 2000) kopiert, die ein nostalgischer Geringer als seine liebste Erinnerung an die Zukunft hochschätzte. Die alte Karte war undeutlich und schlecht zu entziffern, und Claude hatte Richard darauf aufmerksam gesacht, daß die Wasserscheide der Donau seit dem Pliozän durch die kommende Eiszeit mit ihren vordringenden alpinen Gletschern verändert werde. Die Nebenflüsse der oberen Donau, die die Karte zeigte, verliefen im Pliozän wahrscheinlich anders, und das Bett des großen Flusses selbst werde weiter südlich liegen und bis zur Unkenntlichkeit verzerrt sein. Die Reisenden konnten nicht darauf hoffen, Landmarken des Galaktischen Zeitalters bis zum Ries-Krater zu folgen. Aber die alte Karte lieferte doch eine wertvolle Information, die ihre Gültigkeit über sechs Millionen Jahre behaltenhaben mußte: den genauen Unterschied in der geographischen Länge zwischen Hoch-Vrazel (alias Grand Ballon) und dem Ries (auf der Karte durch die zukünftige Stadt Nördlingen symbolisiert, die in der Ringwall-Ebene lag). Ganz gleich, wie der Ystroll wanderte, er mußte immer noch den Meridian des Ries passieren. So genau, wie Richard es nach dem hinfälligen Material der Straßenkarte zu bestimmen vermochte, betrug die Entfernung 260 Kilometer in Luftlinie - drei und ein halbes Grad östlich des »Null-Meridians« von Hoch-Vrazel.
    Richard hatte sein präzises Armband-Chronometer auf 12 Uhr mittags in Hoch-Vrazel gestellt und mit viel Mühe einen Quadranten zur Messung des Sonnenwinkels improvisiert.
    An jedem wolkenlosen Tag konnte er mit dem Quadranten die genaue lokale Mittagszeit feststellen und die Differenz zwischen dieser und der Zeit nach zwölf Uhr, die seine Uhr zeigte, diente ihm zur Berechnung der Länge. Wenn sie den Ries-Meridian auf der Donau erreichten, brauchten sie nur noch genau nach Norden zu marschieren, um den Krater zu erreichen ...
    Eine der Gestalten in dem vorderen Boot hob den Arm. Das Fahrzeug hielt aufs Ufer zu.
    »Da ist ein kleiner Einbruch im nördlichen Hochland«, sagte Felice. »Vielleicht meint Richard, daß das unsere beste Möglichkeit ist.« Als sie ihr Boot neben dem anderen auf den Strand gezogen hatten, fragte sie: »Was meint ihr, Jungs? Ist es hier?«
    »Jedenfalls ganz in der Nähe«, antwortete Richard. »und wenn es auch bergauf geht, scheint es doch keine schlechte
    Wanderstrecke zu sein. Ich schätze, dreißig Kilometer weiter nördlich müßten wir auf den südlichen Rand stoßen. Selbst wenn ich mich da ein bißchen irre, sollten wir das Ding vom Gipfel eines dieser nördlichen Berge sehen können. Schließlich soll der verdammte Krater mehr als zwanzig Kilometer Durchmesser haben. Wie wäre es mit einem Lunch, während ich noch einmal Besteck mache?«
    »Ich habe Fisch«, verkündete Martha und hob eine Kette silbrig-brauner Schuppenleiber. »Richard ist wegen seiner Navigationsaufgaben entschuldigt, und da bleiben nur noch Sie beide, um Knollen auszugraben, während Madame und ich die Fische grillen.«
    »Richtig«, seufzte Claude und Felice.
    Sie machten Feuer an einer schön schattigen Stelle am Rand eines Waldes. Klares Wasser tröpfelte einen Kalkstein-Sims herunter und verschwand in einer schlammigen Senke, in der es von kleinen gelben Schmetterlingen wimmelte. Nach etwa fünfzehn Minuten wehte der appetitliche Duft von bratendem jungem Lachs zu den Wurzelgräbern hinüber.
    »Nun komm, Claude!« sagte Felice und tauchte ein Netz voller Knollen mehrmals ins Wasser, um sie zu säubern. »Wir haben genug gesammelt.«
    Der Paläontologe stand still zwischen den hohen Stengeln, bis zu den Knien im Wasser. »Ich glaube, ich habe etwas gehört. Wahrscheinlich Biber.«
    Sie wateten zu der Bank zurück, wo sie ihre Boote gelassen hatten. Beide waren noch da, aber etwas oder jemand hatte sich daran zu schaffen gemacht.
    »Sieh mal, hier!« Claude betrachtete den schlammigen Boden ringsum.
    »Kinder-Fußspuren!« rief Felice. »Ich werd verrückt! Kann es in diesem Land Heuler oder Firvulag geben?«
    Sie eilten mit ihren Wurzeln zum Feuer. Madame überprüfte mit ihrem Femwahrnehmungstalent die Umgebung und gestand, sie könne keine Aliens entdecken.
    »Zweifellos ist es irgendein Tier«, meinte

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