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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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eine der tiefen Fensternischen, die auf den Innenhof der Burg hinausgingen, riß seinen Chamäleon-Poncho aus der Tasche, duckte sich in den Schatten und versuchte, unauffällig mit dem Steinboden zu verschmelzen.
    Vier kräftige Wächter, angeführt von einem Mann in Blau, eilten den Korridor in der Richtung entlang, aus der Aiken gekommen war. Sie sahen nicht einmal zu ihm hin, und gleich darauf wurde der Grund dafür offenbar.
    In der Ferne waren ein Wutgebrüll und ein gedämpftes Krachen zu hören. Schwere Schläge donnerten von innen gegen die Tür eines der Empfangsräume. Aiken lugte noch rechtzeitig aus seinem Alkoven heraus, um zu sehen, wie eine Gruppe der Burg-Lakaien von der ersten Tür am Ende der Treppe zurückwich. Sogar von seinem zehn Meter ent fernten Standort erkannte Aiken, daß die dicken Eichenbohlen unter der Wucht rhythmischer Hiebe erbebten.
    Der Wächter in Blau blieb vor der Tür stehen und befingerte in schrecklicher Vorahnung seinen Halsring. Die vier anderen Männer glotzten, als ihr Anführer kreischte: »Ihr habt ihm die eiserne Axt gelassen? Ihr blöden Arschlöcher!«
    »Aber, Meister Tully, wir haben genug Schlafmittel in sein Bier getan, um ein Mastodon zu betäuben!«
    »Nicht genug, um diesen wahnsinnigen Wikinger auch nur langsamer werden zu lassen, das ist offensichtlich!« zischte Tully. Die Tür erzitterte unter einem besonders mächtigen Schlag, und die Spitze von Steins Axtklinge war kurz durch das gesplitterte Holz zu sehen, bevor sie zurückgerissen wurde. »Er wird in Minuten draußen sein! Salin, lauf und hole Lord Creyn! Wir werden einen sehr großen grauen Ring brauchen. Alarmiere auch Kastellan Pitkin und die Sicherheitstruppe. Kelolo, hol weitere Wächter mit einem Netz! und sag Fritz, er soll die Fallgatter schließen, für den Fall, daß er nach unten gelangt! Beeilt euch! Wenn wir den Bastard im Netz fangen können, sobald er durchbricht, bekommen wir diese Scheißsituation vielleicht doch noch unter Kontrolle!«
    Die beiden Wächter rannten in entgegengesetzten Richtungen davon. Aiken zog sich wieder in den Schatten zurück. Guter alter Steinie. Irgendwie hatte er die Fassade vorgetäuschter Freundlichkeit durchschaut und sich zu direktem Handeln entschlossen. Schlafmittel im Bier! Guter Gott wenn der Kaffee nun auch mit Drogen versetzt gewesen war? Aber er hatte nicht mehr als eine halbe Tasse getrunken. und er hatte versucht, Tully bei der Befragung nach dem Mund zu reden. Aiken war überzeugt, er habe sich als ein potentiell nützlicher, aber harmloser kleiner Clown präsentiert. Vielleicht betäubten sie nur die großen, gefährlich wirkenden Typen.
    »Schnell, schnell, schnell, ihr Dummköpfe!« jammerte Tully. »Er bricht aus!«
    Diesmal wagte Aiken es nicht, hinzusehen. Aber er hörte ein triumphierendes Brüllen und das Krachen splitternden Holzes.
    »Ich will euch lehren, mich einzuschließen!« donnerte Steins Stimme. »Wartet, bis ich die kleine weißbäuchige Ratte in die Finger bekomme, die mein Bier gewürzt hat! Yah! Yah! Yah!«
    Ein sehr großer Mann in Rot und Weiß schritt an Aikens Zufluchtsort vorüber. Ihm folgte rasselnd ein Trupp von
    Kriegern, alle menschlich, die Kesselhelme und schwere Schuppenpanzer aus gelblichem Metall trugen.
    »Lord Creyn!« war Tullys Stimme zu hören. »Ich habe Boten um das Netz und mehr Männer geschickt... Oh, Tana sei Dank! Sie sind da!«
    Aiken, der flach auf dem Boden unter dem Poncho lag, kroch über die Steine, bis er einen guten Blick den Korridor hinunter hatte. Stein, der bei jedem Zuschlagen mit der Axt brüllte, hatte das Loch in der Tür so erweitert, daß es ihm schon fast die Flucht erlaubte. Die Leute aus der Burg hatten bei der Ankunft Creyns zur Disziplin zurückgefunden und standen wartend da.
    Sechs gepanzerte Männer hatten ein starkes Netz auf dem Fußboden ausgelegt. Zwei weitere Soldaten standen zu beiden Seiten der sich auflösenden Tür mit Keulen, so dick wie ein Männerarm und mit runden Metallknöpfen besetzt. Die unbewaffneten Wächter traten zurück und bildeten einen Schutzwall vor der aufragenden Gestalt Creyns.
    »Hei-yah!« röhrte Stein und trat die letzten ihn hindernden Stücke Eichenholz aus der Öffnung. Sein gehörnter Wikingerhelm war einen Augenblick lang sichtbar und wurde dann für den Angriff zurückgezogen.
    Er kam mit einem Sprung heraus, der ihn beinahe bis auf die andere Seite des breiten Korridors trug, aus der Reichweite des Netzes hinaus und in die Mitte der

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