Das vielfarbene Land
omamentalen Öffnungen in den anstoßenden Tier-Korral.
»Hier, Junge! Hier, Junge!«
Eins der Geschöpfe auf der anderen Seite der Mauer spitzte seine mit Büscheln besetzten, pferdeähnlichen Ohren und trottete näher heran, um den Zweig zu probieren. Claude beobachtete voller Entzücken, wie es zuerst die Blätter mit winzigen Schneidezähnchen abknabberte und dann die holzigen Teile mit starken Backenzähnen kaute. Als der Leckerbissen hinuntergeschluckt war, bedachte ihn das Tier mit einem Blick, der ihm ganz deutlich Mangel an Großzügigkeit vorwarf. Also sammelte Claude weitere Blätter.
Es war ein Chalicotherium, Mitglied einer der seltsamsten und faszinierendsten Familien känozoischer Säugetiere. Sein Körper war massig, mit tiefer Brust und beinahe drei Meter lang, der Hals pferdeähnlich, der Kopf zeugte von seiner Verwandtschaft mit den Unpaarzehern. Die Vorderbeine waren etwas länger als die hinteren und mindestens doppelt so kräftig wie die eines Zugpferdes. Statt in Hufen zu enden, wiesen die Füße drei Zehen mit großen, halb einziehbaren Klauen auf. Die inneren Klauen an den Vorderfüßen hatten fast die Größe einer menschlichen Hand, die anderen waren halb so groß. Der Körper des Chalicotheriums war mit einem kurzen Pelz in bläulichem Grau bedeckt, um Widerrist, Flanken und Hinterteil mit weißen Tupfen gesprenkelt. Der Schwanz war rudimentär, aber das Geschöpf prunkte mit einer herrlichen Mähne aus langem schwarzem Haar, einem schwarzen Streifen das Rückgrat entlang und auffallenden schwarzen Haarbüscheln an den Fesseln. Die intelligenten Augen saßen ein bißchen weiter vom im Schädel als bei einem Pferd und waren von schweren schwarzen Wimpern umsäumt, mit denen das Tier rührend klimperte. Es trug einen ledernen Zaum und war völlig domestiziert. Der Korral enthielt mindestens sechzig dieser Tiere, die meisten davon apfelgrau mit einem gelegentlichen weißen oder fuchsfarbenen Exemplar.
Die Pliozän-Sonne stieg über die Burg. Schließlich schien sie direkt in den Hof und trieb alle bis auf die widerstandsfähigsten Gefangenen in die relative Kühle des steinernen Schlafsaals. Ein überraschend anständiges Mittagessen aus einem mit Lorbeerblättern gewürzten Stew, Obst und Weinpunsch wurde serviert. Von neuem versuchte Claude vergebens, Richard zu wecken, und dann schob er die Portion des Piraten unter dessen Bett. Nach dem Essen zogen sich die meisten Gefangenen zu einer Siesta zurück, aber Claude ging wieder nach draußen, um sein Verdauungssystem mit Auf- und Abwandern gefügig zu machen und um Spekulationen über sein Schicksal anzustellen.
Etwa zwei Stunden später schleppten in Grau gekleidete Stallknechte große Körbe mit knotigen Knollen und fetten, Runkelrüben ähnlichen Wurzeln herbei und kippten sie für die Tiere in Tröge. Während die Chalicotherien fraßen, misteten die Männer das Gehege mit großen Reisigbesen und hölzernen Schaufeln aus, warfen den Dung in Räderkarren und fuhren ihn in Richtung des Gangs davon, der zum Hintertor der Burg führte. Zwei der Leute blieben mit einem tragbaren Pumpapparat zurück. Sie tauchten ihn in den zentralen Brunnen. Der eine Mann trat die Pumpe, und der andere entrollte einen steifen Segeltuch-Schlauch, mit dem er den Boden des Korrals abspülte. Das überschüssige Wasser lief in Gossen ab. Als das Pflaster sauber war, bespritzte er die fressenden Tiere. Sie wieherten und quietschten vor Vergnügen.
Der alte Paläontologe nickte zufrieden. Die Tiere liebten das Wasser. Sie fraßen Wurzeln. Also waren Chalicotherien tatsächlich Bewohner des feuchten, subtropischen Waldes und der schlammigen Flußniederungen. und sie benutzten tatsächlich ihre Klauen dazu, nach Wurzeln zu graben. Ein kleineres Rätsel der Paläobiologie war gelöst zumindest für ihn. Aber sollten die Gefangenen wirklich diese archaischen Reittiere besteigen? Sie würden nicht so schnell sein wie Pferde, aber sie machten den Eindruck großer Ausdauer. und ihr Gang! Claude wand sich. Wenn eine dieser Kreaturen mit ihm an Bord lostrabte, mußten seine alten Knie und Hüftgelenke brechen wie alter Christbaumschmuck.
Ein Geräusch in dem schattigen Kreuzgang erweckte seine Aufmerksamkeit. Soldaten führten zwei neue Gefang ene zu der Hintertür des Hofs, die sich in den Schlafsaal öffnete. Claude erhaschte einen Blick auf eine wallende grüne Feder und ein Habit in Schwarz und Weiß. Felice und Amerie!
Er eilte hinein und stand da, als die
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