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Das vielfarbene Land

Das vielfarbene Land

Titel: Das vielfarbene Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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Finiah sei.
    Als der erste Schreck überwunden war, sah sich Claude in dem Menschenpferch um. In Wirklichkeit war es ein großer und angenehm schattiger Hof mit mehr als drei Meter hohen ornamentalen Mauern aus durchbohrten Steinen. Wachtposten patrouillierten. Hinter einem Mauervorsprung ging es einen recht bequemen Schlafsaal und Waschraum. In der Anlage befanden sich acht Frauen und dreiunddreißig Männer Claude erkannte die meisten wieder, hatte er doch ihren frühmorgendlichen Marsch durch den Garten der Auberge zu dem Guderian-Häuschen beobachtet. Sie stellten ungefähr eine Wochenladung an Zeitreisenden dar. Wer fehlte, war vermutlich durch Epones Test aussortiert und für einen anderen Bestimmungsort bereitgestellt worden.
    Bald entdeckte Claude, daß der einzige seiner Kameraden aus Gruppe Grün hier im Pferch Richard war. Er schlief in unheimlicher Reglosigkeit auf einem der Betten im Schlafsaal. Als der alte Mann ihn an der Schulter schüttelte, wollte er nicht aufwachen.
    »Wir haben noch ein paar wie ihn«, erklärte der Bergsteiger. Sein Gesicht war lang und wettergegerbt. Ein feines Netz von Fältchen und ein unbestimmbar mittelalterliches Aussehen sprachen von einer nachlassenden Verjüngung. Er hatte humorvolle grauen Augen, und unter seinem Tirolerhut lugte aschfarbenes Haar hervor. »Manche Leute haut es einfach um, die armen Teufel. Trotzdem sind sie besser dran als die Frau, die sich vorgestern erhängte. Ihr von heute seid die letzten für die wöchentliche Karawane. Heute abend geht's los. Sei nur froh, daß du hier nicht, wie manche von uns, sechs Tage hast herumsitzen müssen.«
    »Hat schon irgend jemand versucht zu entfliehen?« forschte Claude.
    »Ein paar, bevor ich kam. Ein Kosak namens Prischchepa aus meiner Gruppe. Drei Polynesier gestern. Die Bärenhunde haben sogar ihre Federumhänge mitgefressen. Ein Jammer. Magst du Rekorder-Musik? Mir ist nach einem bißchen Purcell. Mein Name ist übrigens Basil Wimborne.«
    Er setzte sich auf ein leeres Bett, holte eine Holzflöte hervor und begann eine klagende Melodie zu spielen. Der alte Mann erinnerte sich, daß Bryan oft Bruchstücke davon gepfiffen hatte. Claude hörte ein paar Minuten lang zu, dann wanderte er wieder nach draußen.
    Andere Zeitreisende reagierten auf ihre Gefangenschaft entsprechend ihrer individuellen Psyche. Ein alternder Maler beugte sich über einen Skizzenblock. Seite an Seite saß unter einem Baum ein junges Paar, das wie Yankee-Pioniere gekleidet war; versunken in ihre Leidenschaft, liebkosten sie sich. Fünf Zigeuner unterhielten sich verschwörerisch und übten Nahkampf tricks mit unsichtbaren Messern. Ein schwitzender Mann mittleren Alters in kaninchenfellbesetzter Toga und Ziegenleder-Domino verlangte fortwährend, die Wachen sollten ihm seine Schüler zurückgeben. Zwei japanische Ronin, ohne Schwerter, aber ansonsten in die schönen Rüstungen des vierzehnten Jahrhunderts gekleidet, spielten Goban mit einem Dekamol-Brett. Eine reizende Frau in regenbogenfarbenen Chiffon-Schleiern baute ihre Spannungen im Tanz ab; die Wachen draußen mußten sie andauernd daran hindern, auf die Mauer zu klettern und mit dem Ruf: »Paris adieu!« wie ein bauschiger Schmetterling herunterzuspringen. An einer schattigen Stelle saß ein Australneger in einem scharf gebügelten weißen Hemd, Reithosen und Stiefeln mit elastischen Einsätzen, umgeben von den vier winzigen Lautsprechern seiner Musik-Bibliothek, die endlos abwechselnd den »Erlkönig« und eine alte Aufnahme von Will Bradleys »Celery Stalks at Midnight« erklingen ließen. Ein wie ein Hofnarr gekleideter Bursche jonglierte ohne jedes Geschick mit drei Silberbällen; sein Publikum waren eine ältliche Frau und ihr Shih-Tzu-Hündchen, das nie müde wurde, den Bällen nachzujagen. Den vielleicht jammervollsten Anblick bot ein großer, robuster Mann mit ingwerfarbenem Bart und hohlen Augen, prachtvoll kostümiert mit einem imitierten Kettenpanzer; der seidene Oberrock eines Ritters aus dem Mittelalter trug das Emblem eines goldenen Löwen. Der Ritter schritt in höchster Erregung im Hof umher, spähte durch die Löcher in der Mauer und rief: »Aslan! Aslan! Wo bist du jetzt, da wir dich brauchen? Rette uns vor la belle dame sans merci!«
    Lauter Verrückte. Claude kam zu dem Schluß, daß er richtig in der Scheiße saß. Aus irgendeinem perversen Grund War er beinahe zufrieden mit sich selbst.
    Er hob einen belaubten Zweig vom Boden auf und steckte ihn durch eine der

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