Das vierte Opfer - Roman
worüber?«
»Über den Mord«, sagte Herr Wollner.
Frau deWitt überlegte eine Weile.
»Welchen Mord?« fragte sie dann.
»Die Axtmorde.«
»Ach so«, sagte Frau deWitt. Sie wurde von einem momentanen Schwindel ergriffen, von dem sie annahm, er hätte nichts mit den klimakteriellen Störungen zu tun, denen sie von Zeit zu Zeit ausgesetzt war. Sie hielt sich an der Tischkante fest und schloß die Augen.
Dann dachte sie nach. Keiner der Polizeibeamten würde vor halb acht hier sein, dessen war sie sich sicher. Sie betrachtete die eingefallene Person auf dem Sofa und stellte fest, daß er jedenfalls keine Axt in seinen Kleidern versteckt zu haben schien. Dann ging sie zu ihm, legte ihm eine Hand auf die Schulter und bat ihn, ihr zu folgen.
Er gehorchte, ohne zu protestieren. Ließ sich den schmalen Korridor entlangführen und in die hinterste der beiden Arrestzellen sperren, in die, die abzuschließen war.
»Warten Sie hier«, sagte Frau deWitt. »Sie werden bald verhört werden. Alles, was Sie sagen, kann gegen Sie verwendet werden.«
Sie wunderte sich selbst, warum sie den letzten Satz gesagt hatte. Herr Wollner setzte sich auf die Pritsche und wrang seine Hände, und sie beschloß, ihn seinem Schicksal zu überlassen. Kurz überlegte sie, ob sie Polizeianwärter Mooser anrufen sollte, er hatte Notdienst, aber dann verwarf sie den Gedanken wieder. Statt dessen kochte sie Kaffee und wartete auf Inspektor Kropke, der sich wie erwartet um Punkt halb acht einfand.
»Der Henker hat gestanden«, sagte sie.
»Was zum Teu...?« fragte Kropke.
»Ich habe ihn in die Zelle gesperrt«, sagte Frau deWitt.
»Was zum Teufel ... ?« vervollständigte der Inspektor.»Wer ... wer ist es denn?«
»Das weiß ich nicht«, sagte Frau deWitt. »Aber ich glaube, er heißt Wollner.«
Nach einiger Überlegung fand Kropke es am sinnvollsten, auf einen der Kommissare zu warten, und so dauerte es noch bis zwanzig vor neun, ehe das erste Verhör mit dem mutmaßlichen Mörder beginnen konnte. Dabei anwesend waren außer Kropke und dem Polizeichef noch Inspektor Moerk und Polizeianwärter Mooser.
Sicherheitshalber ließ man während der gesamten Befragung zwei Tonbänder mitlaufen, teils mit Blick auf einen möglicherweise stattfindenden Gerichtsprozeß, teils damit die zugezogenen Experten, Hauptkommissar Van Veeteren und Kommissar Münster, sich später ein konkretes Bild von der Lage machen konnten.
Bausen: Bitte Ihren vollständigen Namen.
Wollner: Peter Mathias Wollner
Bausen: Geboren?
Wollner: Am 15. Februar 1941.
Bausen: Ihre Adresse?
Wollner: Morgenstraat 16.
Bausen: In Kaalbringen?
Wollner: Ja ...
Bausen: Sind Sie verheiratet?
Wollner: Nein.
Bausen: Alles, was Sie hier sagen, kann gegen Sie verwendet werden. Sie haben das Recht, die Aussage zu verweigern. Möchten Sie einen Anwalt haben?
Wollner: Nein.
Bausen: Warum sind Sie hergekommen?
Wollner: Um die Morde zu gestehen.
Bausen: Die Morde an Heinz Eggers, Ernst Simmel und Maurice Rühme?
Wollner: Ja.
Bausen: Erzählen Sie, wie Sie es getan haben!
Wollner: Ich habe sie mit meiner Axt getötet.
Bausen: Was für eine Axt?
Wollner: Ich habe sie schon seit ein paar Jahren. Ich glaube, es ist ein Schlachterwerkzeug.
Bausen: Können Sie sie beschreiben?
Wollner: Scharf. Ziemlich leicht. Die Klinge drang ganz einfach ein.
Bausen: Woher haben Sie sie?
Wollner: Ich habe sie vor vier, fünf Jahren auf einer Reise gekauft.
Bausen: Und wo?
Wollner: In Italien... ich weiß nicht mehr, wie die Stadt hieß. Bau
sen: Warum haben Sie Eggers, Simmel und Rühme ermordet? (Keine Antwort.)
Kropke: Warum antworten Sie nicht auf die Frage? (Keine Antwort.)
Bausen: Können Sie etwas genauer schildern, wie Sie es getan haben?
Wollner: Bei welchem?
Bausen: Bei Maurice Rühme zum Beispiel.
Wollner: Ich habe geklingelt, und er hat aufgemacht... ich habe ihn erschlagen.
Moerk: Warum?
Wollner: Darum bin ich ja hingegangen.
Bausen: Beschreiben Sie genau, wie es sich abgespielt hat!
Wollner: Ich habe gesagt, ich hätte einen kaputten Rücken. Dann habe ich meine Uhr auf dem Boden verloren. Da ich mich ja nicht bücken konnte, um sie aufzuheben, hat der Doktor das gemacht... ich habe ihn im Nacken getroffen.
Kropke: Kannten Sie Doktor Rühme von früher?
Wollner: Ich war sein Patient.
Moerk: Wußte er, daß Sie kommen würden?
Wollner: Ja.
Moerk: Sie wollen also damit sagen, daß er zu dieser Tageszeit Patienten in seiner Wohnung empfing?
Wollner: Ich
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