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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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wieder aus dem Fenster. Überlegte, ob es noch etwas gab, was er den jungen Arzt sinnvollerweise fragen konnte, als sein Blick auf ein Trio fiel, das sich langsam vom Treibhaus her näherte... ein Mann und eine Frau, die zwischen sich eine zusammengekrümmte Gestalt hatten, sie stützten – denn es war eine Sie, das konnte er jetzt sehen  – die Arme um ihren krummen Rücken gelegt. Sie schien die Füße durch den Kies zu ziehen, und manchmal sah es fast so aus, als würden ihre Helfer sie ein Stück über den Boden heben und vorantragen. Plötzlich wurde ihm klar, daß er den
Mann kannte. Diese lange, spindeldürre Gestalt, das dunkle, dichte Haar... Doktor Mandrijn, da gab es keinen Zweifel. Er studierte die Troika noch eine Weile, bevor er sich wieder Doktor Meisse zuwandte.
    »Was macht Doktor Mandrijn hier?«
    »Doktor Mandrijn?«
    Van Veeteren zeigte nach draußen.
    »Ach so, ja, Mandrijn. Das ist eine Verwandte von ihm, seine Nichte, wenn ich mich recht erinnere. Brigitte Kerr. Eine unserer Neuankömmlinge. Ist erst vor einem Monat hergekommen, das arme Mädchen...«
    »Was fehlt ihr denn?«
    Der Arzt breitete die Arme in einer bedauernden Geste aus.
    »Tut mir leid. Ich fürchte, über bestimmte Dinge darf ich nicht reden. Wir haben Schweigepflicht, nicht nur gegenüber...«
    »Gewäsch«, unterbrach Van Veeteren ihn. »Ich habe zwar keine Papiere bei mir, aber es ist nur eine Frage der Zeit, wann ich Sie von der Schweigepflicht entbinden kann. Darf ich Sie daran erinnern, daß es hier um eine Mordermittlung geht.«
    Meisse zögerte.
    »Dann geben Sie mir nur eine Andeutung«, sagte Van Veeteren. »Das genügt. Sind zum Beispiel hier auch Drogen mit im Spiel?«
    Der Arzt schaute zur Decke.
    »Ja«, sagte er. »Eine ganze Menge. Aber sie ist nicht in meiner Gruppe, deshalb weiß ich nicht besonders viel...«
    Der Hauptkommissar saß eine Weile still da. Dann schaute er auf die Uhr und stand auf.
    »Dann möchte ich mich vielmals bei Ihnen bedanken«, sagte er. »Ich würde auch noch gern ein paar Worte mit Frau Linckx wechseln. Darf ich Ihnen vorher noch eine letzte Frage stellen?«
    »Natürlich«, sagte Meisse. Lehnte sich in seinem Sessel zurück und lachte wieder.

    Van Veeteren machte eine Kunstpause.
    »Was glauben Sie, wer Maurice Rühme ermordet hat?«
    Das Lachen verschwand.
    »Was...?« begann der Arzt. »Wer ihn...? Aber das weiß ich doch nicht. Wenn ich auch nur die kleinste Idee hätte, wer der Henker ist, dann hätte ich doch selbstverständlich schon lange die Polizei informiert!«
    »Selbstverständlich«, sagte Van Veeteren. »Entschuldigen Sie, daß ich Ihre Zeit so lange in Anspruch genommen habe.«
     
    Dieser Ort scheint ja eine sonderbare Anziehungskraft auf gewisse Leute auszuüben, dachte er, als er Doktor Meisse allein zurückließ, um Beatrice Linckx’ Zimmer aufzusuchen. Wie viele waren es insgesamt, die er hier getroffen hatte und die in irgendeiner Form in Verbindung zu dieser düsteren Weltfremde standen?
    Er begann zu zählen, aber bevor er fertig war, stieß er auf dem Flur auf Frau Linckx und beschloß, diese Frage auf später zu verschieben.
     
    Und als er eine Stunde später vom Parkplatz fuhr, dachte er in erster Linie darüber nach, was für einen Eindruck sie eigentlich auf ihn gemacht hatte. Die schöne Beatrice Linckx. Und ob es wirklich so gewesen war, wie sie behauptete, daß ihre Beziehung zu Maurice Rühme auf der stärksten und solidesten Dreieinigkeit basiert hatte – auf Respekt, Ehrlichkeit und Liebe?
    Jedenfalls klang es gar nicht so dumm, dachte er und erinnerte sich gleichzeitig an seine eigene Ehe, die Schiffbruch erlitten hatte.
    Aber kaum war er bei Renates Namen angekommen, da brach ein Sturzregen über ihn herein, und er konzentrierte sich lieber darauf, durch die Windschutzscheibe zu spähen und zuzusehen, daß er auf der Straße blieb.

28
    Das Geständnis kam früh am Morgen. Späteren Angaben zufolge hatte Herr Wollner seit sechs Uhr draußen im Nieselregen vor der Polizeiwache gestanden, aber erst Frau deWitt, die Sekretärin, die um kurz vor sieben kam, schloß auf und ließ ihn herein.
    »Worum geht es?« fragte sie, nachdem sie ihn auf dem Besuchersofa mit dem braunen Segeltuchbezug plaziert hatte, selbst Hut und Mantel abgelegt und das Kaffeewasser in der Kantine aufgesetzt hatte.
    »Ich will ein Geständnis ablegen«, sagte Herr Wollner und blickte zu Boden.
    Frau deWitt musterte ihn über den Rand ihrer Halbbrille.
    »Ein Geständnis

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