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Das vierte Opfer - Roman

Das vierte Opfer - Roman

Titel: Das vierte Opfer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Sicherheit ist da nur ein Mann im Spiel.

III
24. – 27. September

32
    Bausen sah unrasiert energischer aus. Er hatte seine schmutzbraune Jacke über die Stuhllehne gehängt und das Hemd bis weit über die Ellbogen aufgekrempelt.
    »Eugen Podworsky«, begann er und zeigte mit dem gelben Bleistift auf Kropke. »Was wissen wir?«
    »Eine ganze Menge«, antwortete Kropke enthusiastisch. »Sollen wir von vorn anfangen, oder...?«
    »Ja«, sagte Bausen. »Es hat wohl niemandem entgehen können, daß er in zwei der Fälle verwickelt ist, aber es kann trotzdem nichts schaden, noch einmal alles ordentlich durchzugehen, bevor wir loslegen.«
    »Einen Augenblick«, sagte Van Veeteren. »Ich denke, wir sollten uns vorher erst mal um Inspektorin Moerk kümmern.«
    Bausen sah sich in der Runde um, als würde ihm erst jetzt bewußt, daß sein Team nicht vollständig war.
    »Was ist mit Beate Moerk? Warum ist sie nicht hier?«
    »Hrrm«, räusperte Van Veeteren sich. »Ich denke, der Kommissar sollte berichten.«
    Münster holte tief Luft.
    »Ja«, sagte er, »ich bekam gestern im Hotel eine Nachricht ... von Inspektorin Moerk. Sie bat mich, sie anzurufen. Ihr war etwas im Zusammenhang mit dem Melnikbericht aufgefallen, und sie ist anscheinend seit gestern abend nicht mehr zu Hause gewesen. Ich habe sie nicht erreichen können.«

    »Was, zum Teufel, soll das heißen?« fragte Bausen. »Es ist ihr was aufgefallen ... Podworsky wohl, oder?«
    Münster breitete die Arme aus.
    »Weiß ich nicht. Wahrscheinlich, aber es ist nicht sicher ... sie wollte etwas überprüfen, stand da.«
    »Überprüfen?«
    »Ja.«
    »Und was?« fragte Kropke.
    »Keine Ahnung«, sagte Kropke.
    »Hast du ihre Nachricht noch?« fragte Bausen.
    Münster nickte und zog den Umschlag aus der Innentasche hervor. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Van Veeteren ihn beobachtete, und er wußte, daß er rot wurde. Dagegen konnte er natürlich nichts machen, und unter den gegebenen Umständen bedeutete es auch nichts. Er hatte letzte Nacht sicher nicht mehr als zwei Stunden geschlafen, und als er aufstand, hatte er das Bild dieses Konferenzzimmers vor Augen gehabt. Wahrscheinlich würde sie hier auf ihrem gewohnten Platz vor den Regalen sitzen ... oder sie würde es nicht tun. Wahrscheinlich war es nur um einen Mann gegangen, oder aber es war ... eine andere Art von Mann gewesen. Nicht einmal sich selbst gegenüber wagte er zuzugeben, daß er einen leichten Stich von Zufriedenheit verspürte, als sich herausstellte, daß die erste Alternative sich als nicht richtig erwies. Nur ein Mann! Natürlich war diese Wahrnehmung sofort von dem Gedanken verdrängt worden, was die andere Alternative alles beinhalten konnte, aber seine Reaktion gab ihm unweigerlich zu denken.
    Der Polizeichef las die Nachricht durch. Er reichte den Zettel weiter.
    »Ich habe ihn schon gesehen«, sagte Van Veeteren, als er an der Reihe war. Münster nahm den Umschlag wieder an sich.
    »Zu Hause gegen acht Uhr«, sagte Bausen. »Verflucht noch mal! Ihr glaubt doch wohl nicht...«
    »Von was war da die Rede?« fragte Kropke. »Von etwas ganz Bizarrem?«

    »Ziemlich bizarr, stand da, aber laßt mich noch mal nachsehen«, korrigierte Münster.
    Bausen holte seine Pfeife hervor und blieb mit ihr in der Hand sitzen. Plötzlich war das Schweigen im Zimmer fast zu greifen. Bang kaute Kaugummi. Van Veeteren widmete seine ganze Aufmerksamkeit zwei Zahnstochern, begutachtete sie sorgfältig, bevor er den einen in seine Brusttasche steckte und den anderen zwischen seine Vorderzähne. Kropke trommelte leise mit den Fingern gegeneinander, und Mooser schaute aus dem Fenster.
    Mein Gott! dachte Münster. Die sehen sie alle vor sich! Er schluckte und spürte, wie ihm etwas Kaltes, Feuchtes die Kehle hochkroch. Sein Zwerchfell verkrampfte sich.
    »Entschuldigt mich eben«, brachte er noch heraus. Stand auf und ging zur Toilette.
    »Kropke«, sagte Bausen. »Geh in dein Büro und versuch anzurufen!«
    Kropke verschwand in seinem Zimmer. Van Veeteren nahm den Zahnstocher aus dem Mund.
    »Keine besonders gute Idee«, sagte er. »Wir haben es schon zweimal vom Hotel aus versucht.«
    Bausen trat ans Fenster. Er fuhr sich mit der Hand über die Bartstoppeln, während er auf den Hinterhof schaute. Er atmete schwer. Münster und Kropke kamen wieder herein.
    Kropke schüttelte den Kopf.
    »Keine Antwort«, sagte er. »Was denkt ihr?«
    »Podworsky?« fragte Bausen und drehte sich um. »Glaubt ihr wirklich, daß ... daß

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