Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
Vom Netzwerk:
beiden griechischen Brüder führten ein Leben von untadeliger Ereignislosigkeit. Sie standen um neun auf, beschäftigten sich im Haus - sie schienen alles selbst zu erledigen, vom Aufräumen bis zum Abstauben - und fuhren dann in ihrer fünf Jahre alten Limousine kurz vor Mittag zu ihrem Restaurant. Dort blieben sie bis zur Schließung um Mitternacht und fuhren dann wieder nach Hause zum Schlafen. Es gab keine Besucher und nur wenig Telefongespräche. Wenn sie telefonierten, dann handelte es sich um Bestellungen von Fleisch und Gemüse oder anderen harmlosen Dingen.
    Über die Taverne in Holywell Cross berichteten Len Stewart und seine Leute so ziemlich das gleiche. Das Telefon wurde häufiger benutzt, doch es ging nur um Bestellungen von Nahrungsmitteln, Tischreservierungen und Weinlieferungen. Es war nicht möglich, jeden Abend einen Observanten zum Essen hinzuschicken; die Griechen waren Profis, die seit Jahren ein Doppelleben führten und die einen Gast, der zu häufig kam und zu lange blieb, sofort ausmachen würden. Doch Stewart und sein Team taten ihr Bestes.
    Für das Team im Hause der Roystons war das Hauptproblem die Langeweile. Selbst Mr. und Mrs. Royston wurde, nachdem der Reiz der Neuheit verpufft war, ihre Gegenwart allmählich lästig. Mr. Royston hatte sich der konservativen Partei als freiwilliger Wahlhelfer zur Verfügung gestellt, und die Vorderfenster des Hauses waren nun mit dem Konterfei des örtlichen Tory-Kandidaten geschmückt.
    Das ermöglichte einen regen Parteienverkehr, denn die Nachbarn achteten nicht auf das Kommen und Gehen der Leute, welche die Rosette der Konservativen im Knopfloch trugen. Burkinshaw und sein Team konnten so, mit der Rosette im Knopfloch, gelegentlich zu einem Spaziergang aus dem Haus gehen, solange die Griechen in ihrem Restaurant waren. Das verschaffte ein bißchen Abwechslung. Der einzige, der gegen Langeweile gefeit zu sein schien, war Burkinshaw.
    Im übrigen hingen sie, um sich zu zerstreuen, am Fernseher, der, besonders wenn die Roystons außer Haus waren, auf leise gestellt war. Hauptthema waren die Wahlen. Eine Woche nach Beginn der Kampagne wurden drei Dinge immer klarer.
    Die liberal-sozialdemokratische Allianz hatte laut Meinungsumfragen den Durchbruch nicht geschafft, und es lief anscheinend wieder auf das traditionelle Rennen zwischen den Konservativen und der Labour Party hinaus. Zum zweiten ließen alle Umfragen erkennen, daß die beiden Hauptparteien näher aneinander lagen, als dies vor vier Jahren, nach dem Erdrutschsieg der Konservativen, vorhersehbar gewesen war; ferner erwiesen die Wahlkreisumfragen, daß die Entscheidung über die Farbe der nächsten Regierung höchstwahrscheinlich in den achtzig unsicheren Wahlkreisen fallen würde. Bei jeder Umfrage gaben die Wechselwähler mit ihrem zwischen zehn und zwanzig Prozent variierenden Stimmanteil den Ausschlag.
    Zum dritten zeigte es sich, daß trotz aller ideologischen und wirtschaftlichen Schwerpunkte und der Bemühungen aller Parteien, diese Themen auszuschlachten, sich die Wahlkampagne immer mehr auf die ungleich gefühlsbeladenere Streitfrage der einseitigen nuklearen Abrüstung zuspitzte. In einer zunehmenden Anzahl von Meinungsumfragen stellte sich das nukleare Wettrüsten als Problem Nummer eins oder Nummer zwei heraus.
    Die weitgehend linkslastigen und ausnahmsweise weitgehend unter sich einigen Friedensbewegungen führten eine eigenständige Parallelkampagne. Fast täglich fanden Massendemonstrationen statt, über die Presse und Fernsehen ausgiebig berichteten. Obgleich die Bewegungen über keine Finanzierungsquellen zu verfügen schienen, brachten sie doch gemeinsam soviel Geld auf, daß sie Hunderte von Bussen mieten konnten, um damit ihre Demonstranten im fliegenden Einsatz hierhin und dorthin zu fahren, quer durchs ganze Land.
    Die Koryphäen der Harten Linken, durch die Bank Agnostiker und Atheisten, traten gemeinsam mit dem schickeren Flügel der Anglikanischen Kirche in jeder Fernsehsendung, bei jeder Massenkundgebung auf, wobei die Mitglieder der einen Gruppe jeweils gedankenschwer zustimmend zu den Ausführungen der anderen Gruppe nickten.
    Obgleich auch die Allianz keineswegs für einseitige Abrüstung war, blieb doch die konservative Partei das Hauptangriffsziel der Abrüstungsbefürworter, deren Hauptverbündeter wiederum ganz natürlicherweise die Labour Party wurde. Als der Parteivorsitzende sah, aus welcher Ecke der Wind blies, ging er mit Unterstützung des Nationalen

Weitere Kostenlose Bücher