Das vierte Protokoll
Uhr. Die Marschierer schwirrten um die beiden Wagen herum, die auf dem Parkstreifen vor der Kirche standen, einem kleinen, aber schönen Bau, ebenso alt wie das Dorf, mit einem Rieddach und ohne elektrisches Licht, so daß die Abendandacht immer noch bei Kerzenschein abgehalten wird.
Petrofski stand mit verschränkten Armen an seinem Wagen und blickte mit ausdrucklosem Gesicht auf die vorbeiziehende Menge. Seine Gedanken waren nicht sehr freundlich. Über den Feldern hinter ihm knatterte ein Verkehrshubschrauber nach Norden, aber der Gesang der Demonstranten war so laut, daß er den Hubschrauber nicht hören konnte. Der Fahrer des anderen Wagens - ein Keksvertreter, der von einem Seminar über den Verkaufsappeal von Buttergebäck kam - schlenderte zu ihm herüber. Er wies mit dem Kinn auf die Marschierer hin.
»Arschlöcher«, brummte er, als der Singsang »Nein zu Cruise - Yankees raus« aufs neue einsetzte. Der Russe lächelte und nickte. Als keine weitere Reaktion kam, ging der Vertreter wieder zu seinem Wagen zurück, stieg ein und vertiefte sich in einen Stapel Unterlagen über Verkaufsförderung.
Wäre Valeri Petrofski s Sinn für Humor etwas stärker entwickelt gewesen, hätte er über seine Lage gelächelt. Er stand vor der Kirche eines Gottes, an den er nicht glaubte, in einem Land, das er zu vernichten suchte, und ließ Leute an sich vorbeiziehen, die er verachtete. Und doch, sollte sein Auftrag gelingen, so würden alle Wünsche der Marschierer in Erfüllung gehen.
Er seufzte bei dem Gedanken, wie kurzen Prozeß die Leute vom MWD mit dieser Kundgebung gemacht und wie schnell sie die Rädelsführer den Burschen vom Fünften Hauptdirektorat zu einer ausgiebigen Frage-und-Antwort-Sitzung in Lefortowo übergeben hätten.
Preston starrte auf die Landkarte, wo er um die fünf amerikanischen Flugbasen einen Kreis gezogen hatte. Wenn ich ein Illegaler wäre und in einem fremden Land tief getarnt einen Auftrag auszuführen hätte, dachte er, dann würde ich in einer großen Stadt untertauchen.
In Norfolk kamen da King's Lynn, Norwich und Yarmouth in Frage. In Suffolk, Lowestoft, Bury St. Edmunds, Colchester und Ipswich. Um nach King's Lynn in der Nähe der USAF-Basis Sculthorpe zurückzukehren, hätte der Mann, den er jagte, auf dem Gallows Hill an ihm vorbeifahren müssen. Niemand war vorbeigefahren. Es blieben also noch vier Basen, drei im Westen und eine im Süden.
Er prüfte die Strecke, auf der sein Wild von Chesterfield nach Thetford gekommen war. Sie verlief immer in südöstlicher Richtung. Es wäre logisch, die Umsteige von Motorrad auf Wagen irgendwo entlang der Fahrtrichtung unterzubringen. Von Lakenheath und Mildenhall aus zum Senderhaus nach Chesterfield wäre es logischer gewesen, eine verschließbare Garage in Ely oder Peterborough zu mieten, die auf dem Weg in die Midlands liegen.
Er zog eine Linie von den Midlands nach Thetford und geradeaus weiter nach Südosten. Sie ging direkt durch Ipswich. Zwölf Meilen von Ipswich lag in einem dichten Wald und nahe am Strand Bentwaters. Er erinnerte sich dunkel, daß dort F-5 stationiert waren, moderne Kampfbomber mit taktischen Atomwaffen, die dafür vorgesehen waren, einen massiven Angriff von 29000 Panzern zum Stehen zu bringen.
Hinter ihm quäkte das Funkgerät des Polizisten. Der Mann ging hin und nahm das Gespräch entgegen.
»Ein Hubschrauber kommt von Süden her«, sagte er.
»Er ist für mich«, sagte Preston.
»Wo soll er denn landen?«
»Gibt es hier in der Nähe eine flache, freie Stelle?« fragte Preston.
»The Meadows«, sagte der Streifenpolizist. »Die Castle Street hinunter bis zum Kreisel. Dürfte trocken genug sein.«
»Sagen Sie ihm, er soll dort niedergehen«, sagte Preston, »ich fahre hin.«
Er rief seine Leute zusammen, von denen einige in den Wagen dösten.
»Alles rein. Wir fahren zu den Meadows runter.«
Während sie in die beiden Wagen stiegen, ging er mit der Landkarte zu dem Streifenpolizisten.
»Sagen Sie, wenn Sie von Thetford nach Ipswich wollten, wie würden Sie fahren?«
Ohne zu zögern deutete der Polizist auf einen Fleck auf der Karte.
»Ich würde die A1088 nehmen, direkt nach Ixworth, über die Kreuzung und weiter bei Elmswell Village zur A45, die nach Ipswich geht.«
Preston nickte.
»Das würde ich auch tun. Hoffentlich denkt Chummy genauso. Ich möchte Sie bitten, hierzubleiben und zu versuchen, andere Garagenbenützer ausfindig zu machen, die vielleicht den Wagen unseres Mannes gesehen haben.
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