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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Whitehall, ist vollklimatisiert und schalldicht und wird täglich nach Abhörvorrichtungen abgesucht.
    Theoretisch war der Kabinettsminister, Sir Martin Flannery, der Gastgeber, er überließ den Vorsitz jedoch Sir Anthony. Sir Perry Jones vertrat das Verteidigungsministerium, Sir Patrick Strickland das Außenministerium und Sir Hubert Villiers das Innenministerium, das die politische Verantwortung für MI5 trägt.
    GCHQ (Government Communications Headquarters), der »Horchposten« des Landes in Gloucestershire, der in einem hochtechnisierten Zeitalter so wichtig ist, daß er fast einem eigenen Nachrichtendienst gleichkommt, hatte seinen stellvertretenden Generaldirektor geschickt, da der Generaldirektor in Urlaub war.
    Sir Bernard Hemmings kam aus der Charles Street und wurde von Brian Harcourt-Smith begleitet.
    »Ich hielt es für besser, daß Brian vollständig im Bild ist«, hatte Hemmings Sir Anthony erklärt. Alle verstanden, daß er sagen wollte: »Falls ich an einer weiteren Sitzung nicht mehr teilnehmen kann.«
    Schließlich saß noch am Ende des langen Tisches, Sir Anthony Plumb gegenüber, mit unbeteiligter Miene Sir Nigel Irvine, Chef des Geheimen Nachrichtendienstes oder MI6.
    MI5 hat einen Generaldirektor, MI6 hat seltsamerweise keinen. MI6 hat einen Chef, der in der Geheimdienstwelt und in Whitehall einfach als »C« bekannt ist, wie immer sein Name lauten mag. Dieses »C« steht auch nicht, was noch seltsamer anmutet, als Abkürzung für »Chef«. Sondern der erste Leiter von MI6 hieß Mansfield-Cummings, und das »C« entspricht dem Anfangsbuchstaben des zweiten Namensteils. Ian Fleming, der Meister der Raffinesse, benutzte den Anfangsbuchstaben »M« des ersten Namens teils zur Benennung des Chefs in seinen James-Bond-Romanen.
    Insgesamt saßen neun Männer um den Tisch - sieben davon geadelt -, die zusammen mehr Macht und Einfluß repräsentierten als irgend jemand sonst im Königreich. Alle kannten einander gut und redeten sich mit Vornamen an. Jeder konnte die beiden stellvertretenden Generaldirektoren mit Vornamen anreden, sie hingegen nannten die hohen Herren »Sir«. Das verstand sich von selbst.
    Sir Anthony Plumb eröffnete die Sitzung mit einer kurzen Darstellung der Entdeckung vom Vortag, die betroffenes Gemurmel hervorrief. Dann erhielt Bernard Hemmings das Wort. Der Chef von »Fünf« lieferte weitere Details, einschließlich der Fehlanzeige von Scotland Yard. Der letzte Redner, Sir Perry Jones, wies eindrücklich darauf hin, daß die Fotokopien unmöglich von ungefähr oder durch bloße Nachlässigkeit den Weg aus dem Ministerium gefunden haben konnten. Es mußte sich um eine absichtliche und heimliche Entwendung handeln.
    Als er geendet hatte, herrschte Schweigen am Konferenztisch Ein einzelnes Wort hing drohend über der Runde: Schadensfeststellung. Wie lang war das schon so gegangen? Wie viele Dokumente waren beiseite geschafft worden? Und wohin? (Obwohl das ziemlich klar zu sein schien.) Und welche Art von Dokumenten? Wieviel Schaden war England und den NATO-Verbündeten zugefügt worden? Und wie, zum Teufel, sollte man es den Verbündeten beibringen?
    »Wen haben Sie an die Sache angesetzt?« wollte Sir Martin Flannery von Hemmings wissen.
    »Er heißt John Preston«, sagte Hemmings. »Leitet C. 1. (A). Brigadegeneral Capstick vom Verteidigungsministerium rief ihn an, als die Sendung mit der Post eintraf.«
    »Wir könnten... äh... einen erfahreneren Mann damit betrauen«, schlug Brian Harcourt-Smith vor.
    Sir Bernard Hemmings runzelte die Stirn.
    »John Preston ist ein Späteinsteiger«, erklärte er. »Seit sechs Jahren bei uns. Ich habe volles Vertrauen zu ihm.
    Es gibt noch einen anderen Grund. Wir müssen davon ausgehen, daß es sich um absichtlichen Verrat handelt.«
    Sir Perry Jones nickte düster.
    »Wir können ferner davon ausgehen«, fuhr Hemmings fort, »daß der Verantwortliche - ich will ihn oder sie einmal Chummy nennen - weiß, daß ihm diese Dokumente abhanden gekommen sind. Wir können hoffen, daß Chummy nicht weiß, daß sie anonym an das Ministerium zurückgeschickt wurden. Aber Chummy dürfte auf jeden Fall beunruhigt und auf der Hut sein. Wenn ich ein ganzes Team von Ermittlern ausschicke, wird Chummy wissen, daß er verspielt hat. Es fehlte gerade noch, daß er sich klammheimlich davonmacht und bei einer internationalen Pressekonferenz in Moskau die Starrolle spielt. Ich schlage vor, daß wir möglichst unauffällig vorgehen und versuchen, eine erste

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