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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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sagte:
    »Genossen, Sie haben den Bericht unseres Freundes, des Genossen Oberst Philby, gelesen.«
    Es war keine Frage, aber die drei Männer nickten bejahend.
    »Dann werden Sie nicht überrascht sein, zu erfahren, daß ich den Sieg der britischen Labour Party, und zwar des ultralinken Flügels dieser Partei, als vorrangiges Interesse der Sowjetunion betrachte. Folglich werden Sie einen streng geheimen Viererausschuß bilden und Methoden erarbeiten, mit deren Hilfe wir, ganz unter der Hand natürlich, zu diesem Sieg beitragen könnten.
    Sie werden mit niemandem darüber sprechen. Schriftstücke werden, wenn überhaupt, persönlich abgefaßt. Notizen sind zu verbrennen. Besprechungen in Privatwohnungen abzuhalten. Keine Zusammenkünfte in der Öffentlichkeit. Von keinem Außenstehenden irgendeinen Rat einholen. Berichterstattung an mich persönlich, nach telefonischer Voranmeldung über Major Pawlow. Ich werde dann eine Sitzung einberufen, bei der Sie Ihre Vorschläge unterbreiten können.«
    Philby war klar, daß der Sowjetführer die Geheimhaltung außerordentlich ernst nahm. Er hätte dieses Treffen in seinen Amtsräumen im Präsidium des Zentralkomitees abhalten können, dem mächtigen grauen Komplex am Nowaya Plosched, wo seit Stalin alle Sowjetführer ihren Amtssitz haben. Aber dann hätten andere Mitglieder des Politbüros sie ankommen oder abfahren sehen oder etwas darüber hören können. Der Generalsekretär wollte ganz offensichtlich einen Ausschuß, der so völlig seine Privatangelegenheit war, daß niemand sonst davon erfahren durfte.
    Und noch etwas war seltsam. Niemand vom KGB war anwesend, obgleich das Erste Hauptdirektorat massenhaft Unterlagen über England sowie die entsprechenden Experten zur Verfügung hatte. Aus Gründen, die nur er selber kannte, wollte der gerissene Führer die ganze Sache von den Geheimdiensten fernhalten, deren Vorsitzender er einst gewesen war.
    »Irgendwelche Fragen?«
    Philby hob zögernd die Hand. Der Generalsekretär nickte.
    »Genosse Generalsekretär, früher fuhr ich meinen Privatwagen selber. Das haben mir die Ärzte seit meinem Schlaganfall im vergangenen Jahr verboten. Jetzt fährt mich meine Frau. Aber in diesem besonderen Fall, im Hinblick auf die Geheimhaltung -«
    »Ich werde Ihnen für die Dauer Ihres Auftrags einen Fahrer des KGB zuweisen«, sagte der Generalsekretär ruhig. Alle wußten, daß die drei anderen Männer, ihrem Rang entsprechend, bereits über Dienstwagen mit Fahrer verfügten.
    Weitere Punkte waren nicht zu erörtern. Auf ein Nicken hin schob der Diener den Rollstuhl mit dessen Insassen wieder durch die Doppeltür hinaus. Die vier Berater standen auf und verließen die Wohnung. Zwei Tage später nahm der Albion- Ausschuß im Landhaus eines der beiden Akademiemitglieder seine intensive Tätigkeit auf.
    Preston erzielte tatsächlich einige Fortschritte. Noch während die erste Sitzung von Paragon andauerte, steckte er in den Räumen der Registratur tief unter dem Verteidigungsministerium.
    »Bertie«, hatte er zu Brigadegeneral Capstick gesagt, »für die Leute hier im Haus bin ich einfach ein neuer Besen, der sich überall wichtig macht. Streuen Sie aus, daß ich mich nur bei meinen eigenen Vorgesetzten lieb Kind machen möchte. Routineüberprüfung von Sicherheitsmaßnahmen, kein Grund zu Besorgnis, bloß eine Nervensäge.«
    Capstick hatte also überall austrompetet, der neue Chef von C.1. (A) klappere sämtliche Ministerien ab, um zu zeigen, wie bienenfleißig er sei. Die Archivare warfen wehe Blicke gen Himmel und erfüllten Prestons Wünsche mit kaum verhüllter Erbitterung. Aber auf diese Weise erhielt er Zugang zu den Akten, zu den Listen über Aus- und Wiedereingänge, erfuhr die Namen der Empfänger und, was das Wichtigste war, die Ausleihdaten.
    Einen ersten Durchbruch konnte er schon bald verzeichnen. Alle Dokumente bis auf eines hatten im Außenministerium und im Cabinet Office zur Verfügung gestanden, da sie alle mit Englands NATO-Verbündeten und den Fragen einer gemeinsamen NATO-Reaktion auf eine ganze Palette möglicher sowjetischer Initiativen zu tun hatten.
    Aber ein Dokument war nicht aus dem Verteidigungsministerium gelangt. Der beamtete Unterstaatssekretär, Sir Peregrine Jones, war kürzlich aus Washington zurückgekehrt, wo er Gespräche mit dem Pentagon geführt hatte; es ging um gemeinsame Patrouillenfahrten englischer und amerikanischer Atom-U-Boote im Mittelmeer, im Zentral- und Südatlantik und im Indischen Ozean.

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