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Das vierte Protokoll

Das vierte Protokoll

Titel: Das vierte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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Fährte zu finden.
    Da Preston als Leiter von C.1. (A) neu ist, kann er ohne weiteres die Runde durch die Ministerien machen und, scheinbar um sich zu informieren, die Sicherheitsmaßnahmen überprüfen. Eine bessere Tarnung können wir nicht finden. Mit ein bißchen Glück denkt Chummy sich nichts dabei.«
    Sir Nigel Irvine am Tischende nickte zustimmend.
    »Klingt vernünftig«, meinte er.
    »Könnte eine Ihrer Quellen uns vielleicht auf eine Fährte bringen, Nigel?« fragte Sir Anthony Plumb.
    »Werde einige Fühler ausstrecken«, erwiderte Irvine unverbindlich. Andrejew, dachte er; er mußte einen Treff mit Andrejew vereinbaren. »Und unsere tapferen Verbündeten?«
    »Die Aufgabe, sie oder zumindest einige von ihnen zu informieren, dürfte Ihnen zufallen, Nigel«, erinnerte ihn Plumb. »Also, was meinen Sie?«
    Sir Nigel war seit sieben Jahren auf seinem Posten und stand nun im letzten Jahr. Der kluge, erfahrene und nüchterne Mann war bei den alliierten Nachrichtendiensten von Europa und den USA hoch angesehen. Trotzdem - das Überbringen solcher Botschaft würde kein reines Vergnügen sein. Keine erfreuliche Abschiedsvorstellung.
    Er dachte an Alan Fox, den sarkastischen und manchmal bissigen obersten Verbindungsoffizier der CIA in London. Für Alan würde diese Geschichte ein gefundenes Fressen sein. Er zuckte die Achseln und lächelte.
    »Bernard hat recht. Chummy dürfte sich große Sorgen machen. Wir können wohl davon ausgehen, daß er so bald nicht wieder einen Stoß streng geheimer Unterlagen mitgehen läßt. Es wäre schön, wenn man unseren Verbündeten wenigstens einen gewissen Fortschritt melden könnte, Erfolg bei der Schadensfeststellung zum Beispiel. Ich möchte abwarten, was dieser Preston zuwege bringt. Zumindest ein Paar Tage.«
    »Schadensfeststellung ist das A und O«, nickte Sir Anthony. »Und sie scheint fast unmöglich, ehe wir Chummy finden und überreden können, ein paar Fragen zu beantworten. Also dürften wir im Augenblick von Prestons Ergebnissen abhängen.«
    Die Sitzung wurde aufgehoben. Die beamteten Unterstaatssekretäre eilten, um schleunigst ihre Minister im strengsten Vertrauen ins Bild zu setzen, und Sir Martin begab sich, wohl wissend, was ihm bevorstand, zum Tête-à-tête mit der weithin gefürchteten Mrs. Margaret Thatcher.
    Am folgenden Tag trat in Moskau ein anderer Ausschuß zu seiner ersten Sitzung zusammen.
    Major Pawlow hatte Philby kurz nach dem Mittagessen angerufen und ihm mitgeteilt, er werde den Genossen Oberst um achtzehn Uhr abholen; der Genosse Generalsekretär der KPdSU wünsche ihn zu sprechen. Philby vermutete (zu Recht), daß ihm die fünfstündige Warnfrist eingeräumt wurde, damit er nüchtern und korrekt gekleidet erscheinen könne.
    Die Straßen waren um diese Tageszeit und bei dem heftigen Schneetreiben von dahinkriechenden Autos verstopft, aber der Tschaika mit dem MOC-Nummernschild war auf der Innenspur dahingerast, der für die Wlasti reserviert war, die Elite, die Stützen jener Gesellschaft, die Marx sich als klassenlos erträumt hatte: einer starr strukturierten Gesellschaft, in Schichten und Kasten eingeteilt, wie es nur eine riesige durch und durch bürokratische Hierarchie sein kann.
    Als sie am Hotel Ukraina vorbeigekommen waren, hatte Philby geglaubt, sie würden zur Datscha nach Usowo hinausfahren, aber nach ein paar hundert Metern bog der Wagen zum Eisentor des gewaltigen achtstöckigen Baus am Kutuzowskij-Prospekt Nummer 26 ab. Philby staunte; es war eine seltene Ehre, die Privatwohnung eines Mitglieds des Politbüros betreten zu dürfen.
    Den ganzen Gehsteig entlang waren Leute vom Neunten Direktorat in Zivil postiert, aber am Einfahrtstor standen sie in Uniform, dicken grauen Mänteln, Pelz-Tschapkas mit Ohrenklappen und den blauen Abzeichen der Kremlgarde.
    Major Pawlow wies sich aus, und die Eisentore schwangen auf. Der Tschaika glitt in den Innenhof und hielt dort.
    Wortlos führte der Major Philby in das Gebäude, durch zwei weitere Ausweiskontrollen, vorbei an einem verborgenen Metall-Detektor und einem Röntgen-Scanner, und in den Lift. In der dritten Etage stiegen sie aus; dieses Stockwerk gehörte allein dem Generalsekretär. Major Pawlow klopfte an eine Tür; sie öffnete sich, und dahinter stand ein weißgekleideter Butler, der Philby einließ. Der schweigende Major blieb zurück, die Tür wurde hinter Philby geschlossen. Diener nahmen ihm Mantel und Hut ab, und er wurde in ein großes Wohnzimmer komplimentiert, das sehr

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