Das vierte Protokoll
war anwesend. Viljoen wies der Sekretärin eine Karte im Plastikumschlag vor, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Die Frau sagte etwas auf afrikaans in die Wechselsprechanlage, und die beiden Männer wurden unverzüglich in das Büro von Mr. Benson geführt. Mr. Benson, ein freundlicher rosiger Herr im rehbraunen Anzug, begrüßte seine Besucher in Afrikaans. Viljoen antwortete in seinem akzentbehafteten Englisch.
»Darf ich Ihnen Mr. Preston vorstellen; er kommt aus England, aus London. Er möchte Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
Mr. Benson bat die Männer, Platz zu nehmen, und setzte sich wieder hinter seinen Schreibtisch.
»Bitte«, erwiderte er, »ich bin gern behilflich.«
»Darf ich fragen, wie alt Sie sind?« begann Preston. Benson blickte ihn erstaunt an.
»Sind Sie aus London bis hierher gereist, um zu fragen, wie alt ich bin? Also, ich bin dreiundfünfzig.«
»Demnach sind Sie 1946 zwölf Jahre alt gewesen?«
»Stimmt.«
»Können Sie mir bitte sagen, wer zu jener Zeit Anwalt in Duiwelskloof war?«
»Gewiß. Mein Vater, Cedric Benson.«
»Lebt er noch?«
»Ja. Er ist über achtzig und hat mir die Firma vor fünfzehn Jahren übergeben. Aber er ist noch sehr rührig.«
»Wäre es möglich, mit ihm zu sprechen?«
Statt einer Antwort griff Mr. Benson zum Telefon und wählte eine Nummer. Offenbar sprach er mit seinem Vater, denn der Sohn erklärte, es seien zwei Herren gekommen, einer davon aus London, die ihn sprechen wollten. Dann legte er auf.
»Er wohnt ungefähr zehn Kilometer entfernt, aber er fährt noch immer seinen Wagen, zum Schrecken aller Verkehrsteilnehmer. Er sagte, er werde sofort kommen.«
»Könnten Sie inzwischen in Ihren Akten aus dem Jahr 1946 nachsehen, ob Sie oder vielmehr Ihr Vater Testamentsvollstrecker eines hier ansässigen Farmers namens Laurens Marais gewesen sind, der im Januar 1946 starb?« bat Preston.
»Ich will's versuchen«, sagte Benson junior. »Es kann natürlich sein, daß Mr. Marais einen Anwalt aus Pietersburg hatte. Aber damals hielten die Leute sich lieber an einen ortsansässigen Anwalt. Der Karton 1946 muß noch irgendwo stecken. Einen Augenblick bitte.«
Er verließ das Büro. Die Sekretärin brachte Kaffee. Nach zehn Minuten hörte man Stimmen im Vorzimmer. Die beiden Bensons betraten gemeinsam den Raum, der Sohn trug einen staubigen Karton. Der Senior hatte einen schneeweißen Haarschopf und wirkte so munter wie ein Fisch im Wasser. Nach der Begrüßung brachte Preston sein Anliegen vor.
Wortlos setzte Old Benson sich hinter den Schreibtisch und überließ es seinem Sohn, sich eine andere Sitzgelegenheit zu suchen. Über den Brillenrand hinweg blickte er die Besucher an.
»Ich erinnere mich an Laurens Marais«, sagte er. »Und wir haben nach seinem Tod auch das Testament vollstreckt. Ich selbst.«
Der Sohn reichte ihm ein verstaubtes und verblichenes Dokument, das mit einem rosa Band zusammengebunden war. Der alte Mann blies den Staub weg, knotete das Band auf und öffnete den Schriftsatz. Schweigend begann er zu lesen. »Ah ja, jetzt weiß ich es wieder. Er war Witwer. Lebte allein. Hatte einen Sohn, Jan. Ein tragischer Fall. Der Junge war gerade aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekommen. Laurens Marais wollte hinunter nach Kapstadt, um ihn zu besuchen, da starb er. Tragisch.«
»Wie lautete sein Letzter Wille?« fragte Preston.
»Der Sohn bekam alles«, sagte Benson. »Farm, Haus, Geräte, Einrichtung. Nur die üblichen kleinen Legate an Bargeld für die eingeborenen Landarbeiter, den Vormann und so weiter.«
»Irgendwelche persönlichen Vermächtnisse, irgend etwas Privateres?« bohrte Preston weiter.
»Hm. Nur eine Sache. >Und meinem alten, guten Freund Joop Van Rensberg meine Schachfiguren aus Elfenbein, zur Erinnerung an die vielen friedlichen Abende, die wir bei diesem Spiel auf der Farm zubrachten.< Sonst nichts.«
»War der Sohn wieder in Südafrika, als der Vater starb?« fragte Preston.
»Muß er gewesen sein. Der alte Laurens wollte ihn doch in Kapstadt besuchen. War damals eine lange Reise. Keine Flugverbindung. Man fuhr mit dem Zug.«
»Haben Sie sich auch mit dem Verkauf der Farm und der übrigen Besitztümer befaßt, Mr. Benson?« »Die Farm wurde von einem Auktionshaus versteigert, direkt an Ort und Stelle. Sie ging an die Van Zyls. Sie kauften das Ganze, Das Anwesen gehört jetzt Bertie Van Zyl. Aber ich war als Testamentsvollstrecker dabei.«
»Waren keine persönlichen Andenken da, die nicht verkauft wurden?«
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