Das vierte Protokoll
wo er sofort in totale Quarantäne kommt. Nur einer - abgesehen vom Ausführenden - wird nicht mehr zurückkehren. Aber das darf keiner der beiden Männer wissen.
Die Kuriere unterstehen dem Versandleiter, der auch dafür verantwortlich ist, daß die Sendungen den Ausführenden in England erreichen. Mit dem Versandleiter wird ein Beschaffungs- und Versorgungsoffizier zusammenarbeiten, der den Inhalt der Päckchen beizubringen hat. Dieser Mann wird vier Untergebene haben, von denen jeder ein Spezialist auf seinem Gebiet ist.
Der eine wird die Ausweispapiere und die Beförderung der Kuriere besorgen; der zweite kümmert sich um die Hochtechnologie; der dritte besorgt die ausgearbeiteten Werkstücke, und der vierte ist für die Nachrichtenübermittlung zuständig. Es wird von größter Wichtigkeit sein, daß der Ausführende uns über Fortschritte, Probleme und vor allem über den Zeitpunkt informieren kann, zu dem er einsatzbereit ist; und wir müssen ihn über jede Änderung des Plans informieren können und ihm natürlich den Startbefehl geben.
Zur Nachrichtenübermittlung wäre noch etwas zu sagen. Der Zeitfaktor schließt die üblichen Übermittlungen per Post und bei persönlichen Zusammentreffen aus. Wir können uns mit dem Ausführenden durch chiffrierte Morsesignale in Verbindung setzen, die wir unter Benutzung von Einmalcodes über die
Frequenzen des Moskauer Rundfunks ausstrahlen. Aber für den Fall, daß er eine dringende Mitteilung an uns hat, muß ihm irgendwo in England ein Sender zur Verfügung stehen. Es ist altmodisch und riskant, eigentlich nur für Kriegszeiten gedacht. Aber es muß sein. Wie Sie sehen werden, habe ich es erwähnt.«
Der Generalsekretär vertiefte sich wieder in die Papiere und zählte nach, wie viele Personen für die Durchführung des Plans erforderlich sein würden. Schließlich blickte er auf.
»Sie bekommen Ihre Leute«, sagte er. »Ich lasse sie Stück für Stück aussuchen, die besten, die wir haben, und auf ihre besonderen Pflichten vorbereiten.
Und noch etwas. Ich wünsche nicht, daß irgend jemand, der mit Aurora zu tun hat, in irgendeiner Form mit den KGB-Leuten in unserer Rezidentura an der Londoner Botschaft Kontakt aufnimmt. Man weiß nie, wer unter Beobachtung steht, oder -«
Was immer seine zweite Befürchtung sein mochte, er sprach sie nicht aus.
»Das ist alles.«
2. Kapitel
Am Morgen darauf trafen sich Preston und Viljoen auf Anregung des Engländers wieder in ihrem Büro im Union Building. Da es ein Sonntag war, hatten sie das Gebäude fast für sich allein.
»Was machen wir jetzt?« fragte Captain Viljoen.
»Irgend etwas paßt nicht ins Bild«, sagte Preston. »Ich habe die ganze Nacht wach gelegen und nachgedacht.«
»Sie haben auf dem ganzen Rückweg nach Pretoria geschlafen«, sagte Viljoen bissig. »Ich mußte fahren.«
»Aber Sie sind so viel besser in Form«, antwortete Preston. Das gefiel Viljoen, der stolz auf seine Kondition war und regelmäßig Sport trieb. Er taute ein wenig auf.
»Ich möchte mehr über diesen anderen Soldaten wissen«, sagte Preston.
»Welchen anderen Soldaten?«
»Den, der zusammen mit Marais flüchtete. Marais erwähnt nie seinen Namen. Er schreibt nur >der andere Soldat< oder >mein Kamerad<. Warum nennt er ihn nicht beim Namen?«
Viljoen zuckte die Achseln.
»Er hielt ihn wohl nicht für wichtig. Er muß im Wynberg- Lazarett den Namen gemeldet haben, damit die Angehörigen benachrichtigt werden konnten.«
»Aber nur mündlich«, überlegte Preston. »Die Leute, die die Meldung entgegennahmen, dürften bald ins zivile Leben zurückgekehrt sein und sich in alle Winde zerstreut haben. Schriftlich haben wir nur den Lebenslauf, und darin erwähnt er keinen Namen. Ich möchte den anderen Soldaten aufspüren.«
»Aber er ist doch tot«, wandte Viljoen ein. »Er liegt seit zweiundvierzig Jahren in einem Wald in Polen begraben.«
»Dann möchte ich herausbekommen, wer er war.«
»Wo zum Kuckuck sollen wir mit der Suche beginnen?«
»Marais schreibt, die Lagerinsassen konnten sich nur durch Sendungen des Roten Kreuzes am Leben erhalten«, sagte Preston, als denke er laut nach. »Und er schreibt, er und sein Kamerad seien kurz vor Weihnachten geflohen. Muß die Deutschen ziemlich in Rage gebracht haben. In solchen Fällen wurde meist der ganze Lagerblock bestraft: keine Vergünstigungen mehr, keine Lebensmittelpakete. Jeder, der in diesem Block war, dürfte sich bis an sein Lebensende an dieses Weihnachten
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