Das Vigilante Prinzip (German Edition)
spielende Kinder am Straßenrand, auf die er achten musste. Von Streunern abgesehen. Nicht der ideale Ort für eine Verfolgungsjagd. Schon gar nicht, wenn diese mit einer Schießerei verbunden war.
Kaum hatte Vigilante vielleicht hundert Meter zurückgelegt, sah er im Rückspiegel einen der beiden SUVs in die Reservoir Road einscheren und die Verfolgung aufnehmen. Einer der Männer lehnte sich aus dem Beifahrerfenster und richtete eine automatische Waffe auf seine Opfer.
»Verflucht!«
Vigilante überholte ohne zu blinken. Er begegnete einem Hupkonzert von vorn, quetschte sich zwischen zwei passierenden Wagen vorbei und war dann wieder vorn auf der Spur. Das Rattern einer Maschinenpistolensalve nahm er erst wahr, als er im Rückspiegel sah, wie die Heck- und Windschutzscheibe des Wagens, den er gerade überholt hatte, von Projektilen zerfasert und der Kopf des Fahrers förmlich aufgeflockt wurde. Der Wagen brach nach rechts aus, rollte über die Bordsteinkante, das Rasenstück vor dem Gehweg entlang und wurde von einem Baum neben einer Garagenausfahrt gestoppt. Fußgänger blieben stehen. Jemand rief um Hilfe. Andere Leute sprangen in Deckung. Ein Mann lief aus seinem Haus zu seinen Kindern, die im Vorgarten spielten, zog sie mit sich hinter einen Busch.
Der Vorfall wirkte sich auch auf den Verkehr aus. Vor ihm ging ein Fahrer hart in die Eisen, sodass Vigilante gezwungen war, rechts an ihm vorbeizuziehen. Ein Pickup von vorn wich ihm aus, doch das Klatschen von Metall verriet, dass sich zumindest die Kotflügel kurz berührt hatten.
Eine Kurve. Dahinter folgte eine Abzweigung.
»Nach rechts!«, rief Wolverine.
»Nein, links hoch!« Kanes Stimme war ein tonloses Japsen. »Nach Norden, nach Norden!«
Vigilante überlegte, wo sie sich befanden und wie sie am besten aus der Nummer herauskamen. Sie donnerten am Kenmore Drive vorbei, woraufhin Wolverine enttäuscht aufstöhnte. Das wäre ohnehin nur eine Sackgasse gewesen. In dem Geflecht kleinerer Straßen, die letztendlich nur wieder auf die Hauptstraße hinausführten, hätten sie ihre Verfolger nicht abhängen können.
Kanes Überlegung war, so schnell und weit wie möglich vom ursprünglichen Tatort wegzukommen. Nördlich grenzte die Foxhall Road an die Reservoir Road und führte nach Foxhall – eine ruhige Gegend der reichen Einwohner D.C.s. Zu ruhig. Sie würden zwar auffallen, aber die Kameraden mit den automatischen Waffen hätten leichtes Spiel, sie dort einzuholen und auszuschalten. Vigilante brauchte mehr Verkehr und mehr Polizeiaufmerksamkeit. Damit blieb nur die Reservoir Road weiter Richtung Osten.
Er fuhr auf eine Linksabbiegerspur und Kane sah sich schon als Sieger, doch statt in die Foxhall Road einzubiegen jagte Vigilante schnurstracks geradeaus an den anderen Wagen vorbei und blieb auf der Reservoir. Gehupe und Flüche begleiteten seine wilde Fahrt. Er preschte über die Kreuzung hinweg. Osten. Weiter auf das Unigelände und das Uni-Hospital zu. Die Straße war nach der Kreuzung zweispurig, doch das veranlasste nur jedermann dazu, die erste Spur als Parkstreifen zu nutzen. Wie erwartet und befürchtet nahm der Verkehr rapide zu. Ein schnelles Manövrieren und Vorbeidrängeln war kaum mehr möglich.
Hinter ihnen holten die Verfolger auf, doch sie verzichteten mittlerweile darauf, wahllos herumzuschießen.
»Was tun Sie denn?«, kreischte Kane. »In Gottes Namen, wir kommen da vorn nicht mehr weiter.«
Der Doktor hatte recht, doch Vigilante fand einen Schlupfwinkel. Er zog links rüber auf die innere Spur der Gegenfahrbahn, erntete verwirrte und ängstliche Blicke der Fahrer aus den ihm entgegen kommenden Wagen. Die rechte Spur – für ihn die äußerste linke – war frei, und da die einzigen Wohnhäuser auf der anderen Seite angesiedelt waren, machte sich auch niemand die Mühe, die Fahrbahn zum Parken zu missbrauchen. Zumindest nicht die nächsten fünfhundert Meter. Vigilante gab Gas. Er versuchte das Hupen, das Quietschen von Bremsen und Reifen, die Flüche und das Scheppern von Blech auszublenden, doch der schrille Angstschrei Wolverines drang dermaßen unangenehm in seine Ohren, dass er kurz zusammenzuckte.
»Mist.«
»Grundgütiger!«, stieß Kane hervor.
Vor ihnen wechselte ein Dodge Caravan auf die für ihn rechte Spur und kam somit Vigilante ins Gehege. Fünfzig Meter. Ehe der Fahrer seinen Fehler bemerkte, war es zu spät, die Spur erneut zu wechseln. Vigilante riss das Lenkrad herum. Der Wagen holperte über den Bordstein
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