Das Vigilante Prinzip (German Edition)

Kühlschrank. Ein Stechen jagte seine Wirbelsäule entlang und entlud sich in seinem Gehirn. Benommen sackte er am Kühlschrank herunter und versuchte sich zu orientieren. Die Pistole hielt er immer noch in der Hand, doch er bezweifelte, in seiner Lage einen sauberen Schuss anbringen zu können. Blinzelnd blickte er nach vorn und sah, dass es die Eingangstür förmlich zerfetzt hatte. Dichte Rauchschwaden breiteten sich davor aus und begannen, sich im Raum zu verteilen. Ein Fenster barst. Dann waren Schüsse zu hören. Das schallgedämpfte Ploppen unterschiedlicher Kaliber.
    Was immer da draußen geschah, die Killer waren nicht allein.
     
    *
     
    Vigilante kämpfte sich auf die Beine und taumelte durch die Küche. Er stieß gegen den Tisch, riss einen Stuhl um und hielt sich an der Kante der Spüle fest. Unablässig drangen knackende und ploppende Geräusche eines Schusswechsels zu ihm herein. Er schüttelte die Benommenheit ab, lief geduckt bis zum Durchgang und hielt sich rechts. Erst eine, dann eine zweite Kugel fegte durch die Fenster und zerriss über ihm das Holz der Türzargen. Er blieb unten und huschte durch den Verbindungsgang, der zur Kellertür führte. Schnell schlüpfte er über die Schwelle.
    Keine Sekunde zu spät, denn der Knall einer explodierenden Blendgranate hätte ihm den Rest gegeben und ihn ausmanövriert, wenn er sich noch oben befunden hätte. Es fiepte in seinen Ohren. Der grelle Blitz zauberte gespenstische Schatten an die Kellerwand.
    Vigilante hörte Schreie. Dann ein Poltern. Das Hämmern schwerer Stiefel auf Stein und dann die gedämpfte Version davon, wenn jemand über Teppichboden rannte.
    Sie waren im Haus.
    Vigilante riss die Verbindungstür zur Garage auf. Wolverine saß am Steuer, Kane auf der Rückbank. Als der Junge Vigilante sah, rutschte er freiwillig auf den Beifahrersitz.
    »Jetzt pass gut auf, Kleiner.« Er drückte Wolverine die P99 in die Hand. »Halte sie ruhig und locker, achte auf den Rückstoß. Ziel auf alles, was sich draußen bewegt und schieß.«
    »Ich soll was? «
    Vigilante startete den Motor, schob den Gang in Stufe D und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch.
    »Warten S... das Tor!«, rief Kane vom Rücksitz.
    Der Wagen schoss aus der Garage, rammte das Holztor und preschte die Einfahrt hoch. Wie erwartet, war Wolverine viel zu perplex, um wirklich sofort loszuschießen. Vigilante versuchte indes innerhalb eines Sekundenbruchteils die Situation zu erfassen. Er sah eine Rauchwolke vor dem Eingang. Zwei reglose Körper in Anzügen auf der Treppe. Zwei weitere SUVs, die zuvor nicht dagewesen waren. Zwei Männer in schwarzen Kampfmonturen und mit automatischen Waffen in den Händen.
    Der Wagen scherte aus, rammte den Chevy am Kotflügel und jagte dann die Straße zur Reservoir Road hinauf, begleitet von einem wütenden Prasseln einschlagender Projektile.
    »Runter!«, schrie Vigilante und duckte sich selbst hinter dem Steuer. Kugeln stanzten Löcher in Blech und Heckscheibe, bis das Glas nachgab und in einem Scherbenregen zersprang. Kane fluchte. Wolverine schrie. Er schoss endlich, doch es gab kein lohnenswertes Ziel mehr, sodass er fast einen Jogger umlegte, der gerade aus der Reservoir Road in die 47th Place Northwest einbog. Der Mann war geistesgegenwärtig genug, sich angesichts der Kugeln, die ihm um die Ohren flogen, in die Büsche zu schlagen.
    Vigilante riss Wolverine die Pistole aus der Hand und bog rechts ab. Keine gute Idee, wie er feststellte, denn das führte ihn genau in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren und aus der vermutlich auch gleich die Streifenwagen der Metro Police auftauchen mussten. Direkt am Straßenrand parkte eine Reihe Wagen. Vigilante streifte gleich den ersten. Es knirschte hässlich, während Blech an Blech schrappte, doch das hielt den Ex-Agenten nicht davon ab, das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten. Der Wagen machte einen Satz, löste sich von dem parkenden Fahrzeug und schoss die Straße hinauf.
    Die Reservoir Road war einspurig und führte durch eine noble Wohngegend. Während auf der rechten Seite vornehmlich Villen und Einfamilienhäuser standen, befand sich links eine umzäunte Parkanlage. Der Verkehr war hier nicht so stark, wie auf dem parallel verlaufenden MacArthur Drive, doch Vigilante zählte die ihm auf Sicht entgegen kommenden Autos auf sieben, während er mindestens die gleiche Anzahl vor sich auf der Spur hatte und sie irgendwie überholen musste. Dazu kamen zwei Fahrradfahrer und