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Das Vigilante Prinzip (German Edition)

Das Vigilante Prinzip (German Edition)

Titel: Das Vigilante Prinzip (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kay
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Schlummer.

Teil 4
     
     
    True Colors

Miss Magenta hatte eine Abneigung gegen die Farbe Rot. Vor allen Dingen als künstliche Haarfarbe. Nichts gegen ein natürliches Rotblond, aber ihre Haare wirkten beinahe so, wie das grelle Rot einer Clownsperücke. Fehlten nur noch übertrieben angemalte Lippen und eine Red Delicious Apfelnase, um zum Hofnarr avancieren zu können. Glücklicherweise musste sie keine gelockte Perücke aufsetzen, sondern konnte ihr eigenes Haar tragen. Sie hatte es vor dem Färben zu einer Pagenfrisur schneiden lassen.
    Genauso wenig wie die Haarfarbe hatte sie sich ihren Namen aussuchen können. Magenta stand genauso fest, wie die Codewörter ihrer anderen Teammitglieder. Neben ihr nahmen noch der fast zwei Meter große Mr. Yello, der ebenholzfarbene und wie ein Kleiderschrank wirkende Mr. Black sowie der mit einem Narbengesicht verunstaltete Mr. Cyan und die schöne, madonnenhafte Mrs. White an der Operation teil.
    Magenta hatte vor diesem Auftrag nicht einen von ihnen zu Gesicht bekommen. Sie kannte auch ihre wahren Namen nicht. Bezeichnend für die Farbcodes war, dass jeder sich nicht nur in seiner Farbe kleidete, sondern sich auch die Haare entsprechend färben musste. Dabei hatte Mr. Black noch das leichteste Spiel von allen. Sein pechschwarzes, krauses Haar benötigte keinerlei Korrekturen. Dagegen hatte es Mr. Cyan wohl am schlimmsten getroffen, denn mit türkisblauen Haaren lief normalerweise niemand durch die Gegend. Er trug es offenbar mit Humor und zog sich ein ebenfalls türkisfarbenes Baseball Cap mit dem Logo von Bruno Banani über den Kopf.
    Magenta nahm an, dass Mr. Yello ursprünglich hellblonde Haare hatte, doch das jetzige knallige Gelb umrahmte seinen länglichen Schädel wie ein Heiligenschein. Mrs. White erinnerte Magenta ein wenig an die Comicsuperheldin Storm aus dem Marveluniversum. Ihr Haar war beinahe hüftlang und schlohweiß wie das des Weihnachtsmannes. Um Storm imitieren zu können, fehlte ihr jedoch der dunkelbraune Teint. Mrs. Whites Haut war von einer vornehmen oder vielleicht sogar ungesunden Blässe – fast genauso weiß, wie ihr Haar.
    Das Team war vollzählig. Anscheinend waren die anderen einander auch unbekannt. Wenn Miss Magenta raten sollte, würde sie darauf tippen, dass jeder der Fünf freischaffender Künstler war und den gleichen ominösen Anruf erhalten hatte, wie sie.
    »Siebzigtausend Dollar. Wenn Sie Interesse haben, morgen früh, zwischen zehn und zehn Uhr dreißig. Central Station. Schließfach 5378. Den Schlüssel finden Sie zwischen neun und neun Uhr dreißig an Ihrem Briefkasten.«
    Der Auftrag war zu einer halben Schnitzeljagd ausgeartet. Tatsächlich hatte Miss Magenta zu besagter Zeit unter ihrem Briefkasten einen Schlüssel mit der eingravierten Zahl 5378 vorgefunden. Sie beeilte sich, zur Central Station zu kommen und öffnete das entsprechende Schließfach. Was wohl gewesen wäre, wenn sie sich verspätet hätte? Sie wollte es nicht darauf ankommen lassen. Siebzigtausend Riesen verdiente man nicht einfach so nebenbei. Im Schließfach hatte sich ein Umschlag befunden, der nur einen Zettel mit einem URL und Zugangsdaten enthielt. Darunter war eine Uhrzeit vermerkt. Offenbar galt der Link nur für die Zeit von elf Uhr bis elf Uhr dreißig. Der Auftraggeber hatte es zweifelsohne mit Anweisungen im halbstündigen Takt.
    Natürlich loggte sich Miss Magenta innerhalb des eingeräumten Zeitfensters bei der entsprechenden Internetadresse ein, allerdings nicht von zu Hause aus, sondern aus einem nahe gelegenen Internetcafé. Sie wollte vermeiden, dass der Auftraggeber versuchte, ein trojanisches Pferd in ihren Rechner einzuschleusen. Vorsicht war immer noch besser als Nachsicht.
    Nach dem Aufruf des Links wurde Miss Magenta jedoch erneut enttäuscht. Statt einer Auftragsbeschreibung enthielt der Text auf dem Bildschirm nur weitere Anweisungen. Sie sollte sich am nächsten Tag zwischen dreizehn Uhr und dreizehn Uhr dreißig am Dulles International Airport in Washington einfinden. Falls sie den Auftrag annahm, sollte sie sich die Haare färben. Eine Farbtonnummer wurde explizit angegeben. Miss Magenta fühlte sich auf den Arm genommen, doch letztendlich lockte das Geld. Und wer immer Kontakt zu ihr aufnahm, der wusste, dass sie sich nicht gern verarschen ließ und ihre Methoden hatte, mit solchen Typen fertig zu werden.
    Hier war sie nun. Dulles International. Gemeinsam mit den anderen vier Mitstreitern befand sie sich in einem Wartungsraum,

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