Das Vigilante Prinzip (German Edition)
schwarzen Haaren. Nahezu jeder konnte ein Täter sein.
Als ihm niemand besonders ins Auge stach, ging Vigilante weiter. Er passierte das Aquarium und legte noch ein paar Meter zurück, bis er sich in der Ankunftshalle des Hauptterminals befand.
In dem Gewusel der Passagiere und Besucher war kaum denkbar, dass Vigilante seine Gegner ausfindig machen konnte. Er versuchte es dennoch, denn er war sicher, dass sie entweder in der Halle oder spätestens draußen auf ihn warteten. Wie würde er es anstellen? Er seufzte innerlich bei der Frage. Er war kein Auftragsmörder und hatte gelernt, im Team zu arbeiten. Aber auch seine Gegner mussten zusammenarbeiten, also brauchten sie jemanden, der ihre Bewegungen koordinierte.
Vigilante stellte sich neben einen Zeitungsstand und blätterte in der Auslage. Er griff nach einem TIMES-Magazin und tat so, als würde er einen Artikel lesen. Sein Blick schweifte dabei aufmerksam durch die Halle und hielt nach auffälligen Farben Ausschau. Es war verrückt. Ein Killerteam kam normalerweise nicht auf die Idee, sich auffällig zu benehmen, geschweige denn zu kleiden, aber auf der anderen Seite würden gerade Auffälligkeiten sie in Beziehung auf ihren Auftrag unscheinbar wirken lassen. Niemand rechnete damit, dass jemand mit knalligen Haaren der Auftragsmörder war. Ohne Vigilantes Wissen um True Colors würde er jetzt ebenso im Dunkeln tappen und eher unscheinbare Personen verdächtigen.
Er sah niemanden. Niemanden mit auffallend gelbem oder blauem Haar. Vigilante blickte zurück in den Tunnel. Noch mehr Menschen. Menschen.
Da! Fast hätte er sie übersehen. Zwischen einem beleibten Mann und seinem Gepäckwagen schimmerte etwas Weißes hindurch. Vigilante blätterte weiter in dem Magazin. Er ließ das Weiß nicht mehr aus den Augen. Plötzlich blieb es an Ort und Stelle, während sich der Dicke weiter bewegte. Vigilante erhaschte einen kurzen Blick auf einen weißen Hosenanzug in dem eine Frau mit schulterlangem, blondem Haar steckte. Ihre Wimpern und Brauen waren weiß gefärbt. Das Make-up war anders, als er es in Erinnerung hatte, doch der Anblick konnte ihn ohne die weißen Haare nicht mehr täuschen.
Sie war es!
Mrs. White war Lydia Robertson. Auch bekannt als Candice Ormond oder Desdemona Madonna DaSilva.
Ganz fantastisch!
*
Hunderte von Menschen. Vielleicht sogar über Tausend. Mrs. White blieb im Übergang zwischen dem Verbindungstunnel und der Halle stehen und sondierte die Umgebung. Er musste hier irgendwo sein. Sie hatte ihn im Tunnel nicht überholt, und sie glaubte nicht, dass er einen anderen Weg genommen hatte. Die AeroTrain Station war in der Zwischenzeit sicherlich schon vom Sicherheitsdienst abgesperrt. Das bedeutete, dass der Zug dann nicht mehr fuhr und die einzige Verbindung zum Hauptterminal war der Fußweg.
»Mr. Cyan, hier White. Haben Sie irgendetwas entdeckt?«
»Negativ. Hier draußen ist alles ruhig. Er ist nicht durch den Ausgang gekommen.«
Also befand er sich irgendwo in der Halle oder noch in der AeroTrain-Station. Möglicherweise hatten ihn die Sicherheitskräfte auch nicht so aufgescheucht wie Mrs. White; vielleicht arbeitete er mit ihnen zusammen. Er war nicht irgendein Killer, der Angst haben musste, von der Polizei entdeckt zu werden. Soweit Mrs. White informiert war, arbeitete er für die Regierung.
Also schön, denk nach. Er hat keinen Grund herauszukommen. Er wartet einfach in aller Seelenruhe ab, bis die Polizei oder das FBI eintrifft.
Schöne Bescherung. Es war Zeit, auf Plan B auszuweichen. Der sah vor, Vigilante in seiner Wohnung abzufangen. Allerdings hatte die Sache eine Schwachstelle. Es war wahrscheinlicher, dass sich die Zielperson direkt zum Weißen Haus begab, um den Mikrochip zu übergeben. Wenn das geschah, war der Auftrag gescheitert.
»Haben wir ihn verloren?« Das war die Stimme von Mr. Black aus dem Funkempfänger in Mrs. Whites Ohr.
Die Frau suchte weiterhin fieberhaft die Halle ab. Sollte sie ihr Versagen eingestehen? Verdammt, das wäre alles nicht geschehen, wenn sie sich nicht mit der ollen Pute gestritten hätte.
»Haben wir ihn verloren?«, fragte Mr. Black erneut, diesmal langsamer, lauernd.
»Ich fürchte ja.«
»Dann sollten wir uns zurückziehen und in seinem Apartment warten.«
»Negativ«, warf Mrs. White sofort ein. »Wir müssen davon ausgehen, dass er direkt zum Weißen Haus fährt. Wenn er den Chip erst einmal abgeliefert hat, ist es unerheblich, ob er noch lebt oder stirbt. Es geht um
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