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Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Titel: Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shani Boianjiu
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an der Nase hatte, und wusste, dass er seit seiner Rückkehr Angst davor hatte, sich das Gesicht zu waschen und dabei in den Spiegel sehen zu müssen. Sie konnte es nicht fassen, dass er von »Folter« gesprochen hatte. Das war so ein Klischee.
    »Wir schreiben gar nichts«, sagte Yael leise. »Nah, nah, nah. Come on.« Der alte Rihanna-Song ging ihr über die Lippen. Ihr fiel ein, wie Rihanna im Vorjahr eine Überdosis genommen hatte. Wie sie deshalb geweint hatte, während sie an dem winzigen rumänischen Flughafen die rote Leuchtschrift gesehen hatte, die die Verspätung ihres Flugs meldete. »I like it, like it«, sang sie weiter.
    »Hört mal, Mädels«, sagte Avishag. Sie nahm die Hand von den Augen. Sie hatte schon eine Weile geweint; die getrocknete Feuchtigkeit mischte sich mit der frischen.
    »Lass dieses Babygetue«, sagte Yael. Sie hatte Avishag seit der Schule nicht mehr angebrüllt. Vielleicht war das das Problem, dachte Yael, und wartete darauf, dass Lea etwas sagte.
    »Ich bin Schriftstellerin, und ich werde das nicht mal mit Steinen schreiben. Steine sind so dauerhaft. Und ich persönlich mag SM sogar auf Facebook. I like it, like it«, sagte Lea, sang den Liedtext aber nicht.
    Da wussten die Jungen nicht mehr, was sie machen sollten. Sie zuckten mit den Schultern, legten die Waffen an und die Mädchen konnten zu ihrem Container, dem schon abgesperrten Lagercontainer für Negev-MGs. Die Mädchen mussten auf allen vieren kriechen.

    »Und jetzt?«, fragte Avishag. Die Nacht brach an, und die Lichter auf dem Stützpunkt gingen aus, wieder an, wieder aus.
    »Jetzt haben wir keine Angst. Es gibt keine Angst auf der Welt«, sagte Yael. Mit jedem Wort wuchs sie mehr über sich hinaus. »Wir haben zwei Flaschen Sauvignon Blanc, tonnenweise Pizzaränder und Pasta übrig, und eine Flasche Cola Light von dem einen Mal, wo du die aus Versehen gekauft hast. Ich hab’ sie mitgebracht.«
    »Du hast sie von den Jungencontainern hierher mitgenommen?«, fragte Lea.
    »Ich hab’ sie hier. Ich dachte, das wär ’ne gute Idee.«
    »Dann warten wir jetzt also«, sagte Lea. »Du hast gedacht, das wär ’ne gute Idee …«, sagte sie, schüttelte den Kopf und grinste. Es hatte fast den Anschein, als wäre sie überrascht; darüber, wer Yael war und wer sie selbst war. Yael merkte ihrer Stimme an, dass Lea es schnallte, aber nicht recht wusste, ob sie sie verstehen wollte.
    Die Mädchen saßen auf ihren Matratzen und starrten auf die Tür. Sie rührten sich nicht. Sie wollten sich an alles erinnern, was in den letzten Sekunden passiert war.

    Und so fing es an.
    Am nächsten Morgen kam Yoav allein herein und erkundigte sich nach einer Freiwilligen, und Yael meldete sich freiwillig, stand auf und folgte ihm hinaus.
    Avishag weinte.
    »OMG«, sagte Lea.
    Während des Marschs zur Fahne hoch redete Yael ununterbrochen und sagte, sie würde alles tun, wenn er versprach, die beiden anderen nicht anzurühren, aber als sie schon nackt war und sagte, sie würde alles tun, wenn er Avishag verschonte, gab sie die Hoffnung auf. Sie erwähnte den toten Bruder, aber das half auch nichts.
    Die zwölf Jungen und drei Mädchen waren alle beteiligt. Sich freiwillig zu melden, half nichts.
    Nichts, was sie taten, war sonderlich produktiv. Aber sie versuchten es. Yael versuchte es mit Reden. Sie konnte einfach nicht den Mund halten. Sie sagte, sie wäre durch ganz Afrika getrampt; sie hätte wahrscheinlich exotische Krankheiten, weswegen das jetzt keine so gute Idee wäre. Lea sprach nur auf dem Rückweg und fand das alles sehr interessant, vielleicht würde sie darüber schreiben oder ihrem Mann davon erzählen – sie hätten ihre Schlafzimmerroutine schon länger aufpeppen wollen. Sie hielt den Jungen Vorträge, während sie mit den Händen unter dem Uniformhemd den BH schloss. Auch Avishag war nicht zu schockieren. Sie hielt die Augen geschlossen und entschuldigte sich flüsternd für den Krieg und nickte teilnahmsvoll mit dem Kinn, weil es für einen jungen Mann so schwierig war, mit den heutigen Dating-Verhältnissen klarzukommen.
    Die zwölf Jungen saßen ganz schön in der Klemme.

    Am ersten Abend ging es den Mädchen gut. Sogar Avishag dachte an die Zukunft.
    »Wir müssen einfach ganz viele Drogen nehmen. Wir reisen irgendwohin, nehmen ganz viele Drogen und machen weiter«, sagte Avishag. Sie legte Yael die Hand auf die Schulter, und Yael stieß sie nicht weg wie sonst immer. »Yael, hast du in Indien viele Drogen genommen?

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