Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)
achtzehn war, unmittelbar nach Dans Tod, konnte ich nur warten, bis es auch mit den Zähnen wieder losging.
Der Stützpunkt am Strand war klein. An denselben Strand floh Jahre später der Präsident von Ägypten am Ende seiner dreißigjährigen Herrschaft, als das Straßengeschehen ihn zu der Einsicht zwang, dass sein Volk ihn nicht länger lieben konnte. Heute kostet ein Hotelzimmer an diesem Strand auf dem Sinai über fünfhundert Dollar, und er ist so überfüllt, dass Touristen im Ägyptenurlaub sehr viel Zeit mit der Suche nach einem Fleckchen vergeuden, auf dem sie ihr Handtuch ausbreiten können, aber damals hatten zwanzig Soldaten oder so den ganzen Landstrich für sich, weil er zum militärischen Sperrgebiet erklärt worden war.
Als meine Mutter auf dem Stützpunkt ankam, gab es außer ihr dort nur zwei Mädchen. Sie sagte, beide wären blond und kurzhaarig gewesen. Beide Blondinen bekamen später jede Menge Kinder, aber nur Söhne, und meine Mutter sagte, anders hätte sie sich das vom allerersten Tag an, an dem sie sie sah, auch gar nicht vorstellen können. Sie konnte sich nie vorstellen, dass diese beiden je Töchter bekommen würden. Mamas schwarze feine Haare reichten ihr bis zum knochigen Hintern, und ihre Nase war immer noch gebrochen. Die beiden Mädchen waren ebenfalls Flugsicherungsleiterinnen. Sie waren Töchter von Piloten. Sie verstanden noch weniger als meine Mutter. Unter Flugsicherungsleitern war der Stützpunkt eine unbeliebte Dienststelle, weil sie so weit weg war und Soldaten nur einmal im Monat nach Hause kamen, weil die Armee für die Inlandsflüge von Soldaten nicht so viel Geld ausgeben konnte. Meiner Mutter machte das nichts aus. Vom ersten Augenblick an wollte sie den Rest ihres Lebens an diesem Strand verbringen.
Die Arbeit im Tower der Flugsicherungsleitung war einfach. Damals landete dort nur alle Jubeljahre mal ein Flugzeug im Rahmen der Pilotenausbildung. Meine Mutter musste nur einen Blick auf die Landebahn werfen, sichergehen, dass dort kein Flugzeug stand, und sichergehen, dass sie nicht zwei Flugzeugen auf einmal die Landeerlaubnis erteilte. Wenn das rote Telefon klingelte, musste sie rangehen, aber es klingelte nie. Ansonsten musste sie nur warten. Zu ihrer ersten Schicht kam sie eine Stunde zu früh, und von da an kam sie zu jeder Achtstundenschicht eine Stunde zu früh. Sie fing an zu rauchen, gab ihr ganzes Taschengeld für Zigaretten aus und achtete darauf, dass sie den beiden anderen Flugsicherungsleiterinnen mehr Zigaretten gab, als sie an einem Tag selbst rauchte.
Über die beiden Blondinen hinaus gab es rund zwanzig Soldaten auf dem Stützpunkt. Die meisten arbeiteten als Tankwarte oder waren beim Bodenpersonal der Luftwaffe. Es gab einen Koch, den ältesten Soldaten überhaupt, einen Siebenundzwanzigjährigen aus einem Wüsten-Kibbuz, der immerzu Ha-ha-wütend-Witze über meine Mutter machte und sagte, ihre Haut wäre so dunkel wie alter Schokoladenkuchen oder Scheiße, und man sollte sie gar nicht in die Kantine lassen, weil sie in beiden Fällen ein Gesundheitsrisiko wäre, und dann küsste er sie auf den Hals und gab ihr übrig gebliebene hart gekochte Eier.
Zum ersten Mal erzählte meine Mutter mir von dem Strand, nachdem ich ihr mein Problem mit dem Hals erklärt hatte, und dass das alles damit angefangen hätte, dass ich mir Sorgen machte, ich könnte einen fetten Hals haben. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte, denn sie war es ja gewesen, die mir gesagt hatte, wenn man einmal fett würde, bliebe man im Gesicht für immer fett.
»Du weißt, dass du keinen fetten Hals hast und auch nie einen kriegen wirst, aber selbst wenn, bringt dich das nicht um. Weißt du, wenn du nett bist, dann sehen die Jungen nicht mal, dass du hässlich bist. Ein guter Kumpel zu sein, mit dem man lachen kann, ist viel wichtiger als gutes Aussehen. Jungen und Mädchen mögen keine mürrischen Mädchen. Als ich in der Armee war, hatten wir zwei wunderschöne mürrische Mädchen auf meinem Stützpunkt, und obwohl ich hässlich war, mochten mich die Jungen alle, weil man mit mir Spaß haben konnte.«
»Du warst nicht hässlich! Und soll das heißen, dass du mich hässlich findest?« Da wusste ich noch nichts von Mamas gebrochener Nase.
»Nein! Du bist das schönste Mädchen der ganzen Welt. Aber es ist wichtig, dass man viel lacht. Wir müssen dich mehr zum Lachen bringen. Warum kommen Avishag und Lea eigentlich nicht mehr vorbei? Wir müssen uns etwas einfallen
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