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Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition)

Titel: Das Volk der Ewigkeit kennt keine Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shani Boianjiu
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hatten, riss der Hausmeister ihn wieder runter und fragte nach unseren Namen. Wir waren so glücklich, dass wir das Raumschiff ganz vergaßen. Namen zu erfinden, war das Allerbeste überhaupt.
    »Wie heißt ihr wirklich?«, fragte der Hausmeister, der sich über uns aufbaute.
    Wir sagten, wir hießen Arnilan und Di.

    Als ich an dem Tag, als wir die Mörder-Poster aufgehängt hatten, abends zu Lea in den Garten kam, war alles wie immer, außer dass sie Sneakers und nicht nur Socken anhatte und zwei Behälter mit Flüssigkeit dastanden, die vorher noch nie dagestanden hatten. Das eine war ein großer gelber Benzinkanister. Das zweite war eine Flasche Pfirsichschnaps aus der Hausbar ihrer Eltern. Mit zwölf hatten wir das letzte Mal von dem Zeug getrunken. Und seit zweieinhalb Jahren hatte ich gar keinen Alkohol mehr getrunken.
    »Das machen wir neuerdings? Wir trinken?«, fragte ich.
    »Was heißt hier wir ? Ich bin alleine hier. Du fährst morgen früh.«
    Das war das einzige Mal, dass sie so etwas wie Wut zeigte, weil ich gehen würde, und ich war mir ziemlich sicher, dass der Alkohol nicht ganz unschuldig daran war. Ich wollte auch wütend sein.
    Ich setzte mich auf den Stuhl neben sie, nahm ihr die Flasche aus der Hand und trank einen Schluck. Überall spürte ich Zedernpollen, in den Augen, im Hals, sogar wenn ich den Mund zu hatte; der Schnaps wusch sie weg.
    Ich tippte vorsichtig gegen den Benzinkanister und schaute Lea an.
    »Was wollen wir mit Miller machen?«, fragte ich.
    »Der hat einfach mal gar nicht auf die Aushänge reagiert. Kein Anruf bei meiner Mutter, und durch die Olivenbäume rübergeschrien hat er auch nicht.«
    Ich schaute geradeaus und sah, dass bei den Millers alles dunkel war. Obwohl das jetzt ihre Zeit war, konnte ich keinen der beiden rumschreien oder rumpoltern hören, weder seine Frau noch ihn. Auch das Geplapper der Kinder, die sich sonst über die Comics und das Spielzeug von ihren Verwandten aus England unterhielten, war nicht zu hören.
    »Aber was genau wollen wir mit Miller machen?«, fragte ich. »Und wo hast du das Benzin her?«
    »Gefunden. Ist leicht zu finden. Und mit Miller mache ich genau das Gleiche, was er mit dem Olivenbaum gemacht hat.«
    »Wir«, sagte ich. Und meinte dann, » genau das Gleiche?«
    »Genau. Das. Gleiche.«
    Ich kannte Leas Logik. Wie sie die Dinge sah. Wirklich existierende und nicht existierende Dinge. Ich wusste genau, was sie mit »genau« meinte.
    In der Nähe hatten Granaten ein Bananenfeld in Brand gesetzt, die grünen Früchte verbrannten langsam und der Geruch füllte die Nacht.

    Du glaubst vielleicht, dass ich nicht die Wahrheit sage, oder dass ich nur glaube, die Wahrheit zu sagen, aber ich, ich weiß, dass es die Wahrheit ist. Als ich einundzwanzig war, da wollte ich manchmal vor allem eins: sterben. Ich weiß nicht warum, aber es stimmt. Meistens wollte ich aber den Job am Flughafen antreten, weil man dort gut verdiente. Das stimmt noch mehr.
    Ich war erst ein einziges Mal am Flughafen gewesen. Damals hatte ich meinen Onkel besucht, der dort beim Sicherheitsdienst arbeitete. Das war kurz bevor ich zur Armee ging, in den wenigen freien Wochen, nachdem ich die Schule beendet hatte und kurz davor war, die Grundausbildung zu beginnen. Ich erinnere mich noch, wie eine Mutter zur Begrüßung auf ihren Sohn zurannte. Als sie vor ihm stand, wuschelte sie ihm immer wieder durch die fettigen Haare. Er sah aus, als würde ihn das Neonlicht blenden. Er hatte dreckige Sachen an, ein gestreiftes Hemd und eine rote thailändische Fischerhose. Ich erinnere mich an ein junges Pärchen in der Schlange zu den Gates. Sie sprachen Englisch und schauten immer wieder auf ihre Flugtickets. Der Typ zog einen pinkfarbenen Koffer hinter sich her und massierte mit der freien Hand die Schulter des Mädchens. Eine junge Frau vom Sicherheitspersonal in blauer Uniform und mit einem Halstuch im Leopardenlook lief die Reihen ab und stellte immer wieder dieselben Fragen: »Haben Sie Ihr Gepäck selbst gepackt? Sind Sie sicher, dass Sie keine Gegenstände mitführen, die Sie von einer anderen Person erhalten haben? Ich stelle Ihnen diese Sicherheitsfragen, weil es schon vorgekommen ist, dass Passagiere unschuldig aussehende Päckchen erhalten haben, die sich dann als Bomben herausstellten.« Sie befragte jeden mit der gleichen Ernsthaftigkeit, aber keiner legte ein Geständnis ab.
    Ich muss nicht mal Fragen stellen. Mein Onkel hat gesagt, dass mein Job nur daraus besteht,

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