Das volle Risiko
ihre Kreditwürdigkeit überprüfen wollten, natürlich auch im Zusammenhang mit ihren persönlichen Lebensgewohnheiten.“
„Und was ist dabei herausgekommen?“
„Vor etwa einer Woche erlitt sie einen Nervenzusammenbruch, von dem sie sich jetzt irgendwo erholt. Man hat ihr einen Monat unbezahlten Urlaub zugebilligt. Sie soll im Hospital einige Röntgenaufnahmen falsch abgelegt haben, so daß sie nicht mehr aufzufinden sind. Darüber ist sie dann seelisch zusammengebrochen.“
„Das scheint genau zu passen“, antwortete ich. „Aber wir sollten doch noch einmal die Beschreibung ihrer Person vergleichen.“
„Sie ist 28 Jahre alt, blond, etwa 1 Meter 60 groß und dürfte etwa einen Zentner wiegen.“
„Ja“, erwiderte ich. „Das ist die richtige. Und wer ist ihr Freund?“
„Ein Mann namens Marty Lassen. Er betreibt eine Reparaturwerkstatt für Fernsehgeräte und ist ein großer athletischer Typ, der nicht nur eifersüchtig, sondern auch recht jähzornig sein soll.“
„Komisch, daß ich immer wieder gerade auf solche Burschen treffen muß“, antwortete ich.
„Donald! Sie wollen ihn doch hoffentlich nicht aufsuchen?“
„Aber natürlich. Morgen in aller Frühe.“
„O Donald! Ich wünschte, Sie täten es nicht!“
„Ich muß es aber tun. Wo wohnt das Mädchen, und wohnt sie allein, oder teilt sie ihr Apartment mit einer anderen?“
„Sie wohnt in den Bulwin Apartments Nr. 283 mit einer anderen jungen Dame zusammen, die Josephine Edgar heißt.“
„Wissen Sie etwas über diese Josephine?“
„Nur, daß sie auch Krankenschwester und offenbar mit Melita Doon eng befreundet ist. Die beiden wohnen schon seit mehreren Jahren zusammen. Melita hat eine kranke Mutter, deren Aufenthalt in einem Altersheim sie finanziert.“
„Auch das paßt genau zu dem, was ich vermute.“
„Und was machen Sie mit Mr. Beckinridge?“ fragte Elsie.
„Den werde ich jetzt anrufen.“
„Haben Sie eine Telefonnummer, unter der sie ihn auch abends erreichen können?“
„Ja. Er hat mich ermächtigt, ihn zu jeder Tages- und Nachtzeit anzurufen.“
Ich rief ihn an und vernahm seine gutmodulierte, ölige Stimme:
„Hallo, hier spricht Beckinridge.“
„Donald Lam am Apparat.“
„Ah so. Wo stecken Sie?“
„Ich bin eben auf dem Flughafen angekommen.“
„Gut, daß Sie mich anrufen, Lam. Ich habe in diesem Fall so etwas wie eine Eingebung. Und wenn ich Eingebungen habe, dann beruhen sie meistens auf einer jahrelangen beruflichen Erfahrung und einer im Unterbewußtsein zustande gekommenen Bewertung der wirklichen Lage. Ich muß unbedingt mit Ihnen sprechen.“
„Geben Sie mir Ihre Adresse, und wir kommen zu Ihnen hinaus.“
„Wer ist wir?“
„Elsie Brand, meine Sekretärin, und ich.“
„Ich habe schon versucht, Sie im Büro zu erwischen. Aber Ihre Partnerin konnte mir nicht sagen, wo ich Sie erreichen kann.“
„Das stimmt. Sie weiß nicht, daß ich hier bin.“
„Ich finde aber, daß ich stets in der Lage sein sollte, mit Ihnen über Ihre Partnerin Verbindung aufzunehmen“, sagte er leicht vorwurfsvoll.
„Normalerweise könnten Sie das auch“, beruhigte ich ihn. „In diesem besonderen Falle aber ist es besser, wenn niemand darüber Bescheid weiß. Ich werde zu Ihnen kommen, wenn Sie es wünschen.“
„Ja, bitte kommen Sie. Ich bin zu Hause!“
Ich legte auf und fragte Elsie: „Haben Sie den alten Karren der Agentur dabei?“
„Nein. Bertha hätte dann genau die Kilometerzahl und sonst alles mögliche wissen wollen. Da habe ich lieber meinen eigenen Wagen genommen.“
„Also gut, nehmen wir den. Wir werden aber einige Meilen fahren müssen.“
„Zu Beckinridge?“ fragte sie.
Ich nickte.
„Mir scheint, er ist ziemlich verärgert.“
„Schon möglich“, gab ich zu.
„Und was machen wir bei ihm?“
„Wenn es geht, befreien wir ihn von seinem Ärger. Ich halte bei dieser Angelegenheit ohnehin meinen Kopf hin und kann nur hoffen, daß er entsprechend mitmacht. Also fahren wir.“
„Können wir hinterher etwas essen? Ich bin nahe am Verhungern.“
„Hinterher gibt es etwas Gutes zu essen“, versprach ich ihr.
Als wir in ihrem Wagen fuhren, sagte ich zu ihr: „Wir kommen jetzt in eine piekfeine Gegend, Elsie.“
„Ich möchte auch nicht mit hineinkommen“, wehrte sie ab. „Ich warte im Wagen.“
„Nichts da!“ befahl ich. „Sie haben mich am Flughafen abgeholt und kommen auch mit in Beckinridges Wohnung.“
Vor einem imposanten Haus spanischer Bauart
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