Das Vortex Fiasko
das Spiel interessierte den Direktor der Clandestine Operations nicht im geringsten. Er hatte die Eintrittskarte abgeholt, die Bane für ihn hinterlegt hatte, und schon lange vor Spielbeginn seinen Platz eingenommen. Er hätte mit einem Platz weiter unten am Spielfeld gerechnet, wo sich mehr Zuschauer zusammendrängten. Wie es jedoch aussah, hatten Bane und er praktisch den ganzen Tribünenabschnitt für sich allein, was auch, nun, wo er darüber nachdachte, genau das war, was der Wintermann wollte.
Jorgenson war der Chef einer keiner Partei angehörenden Abteilung, die sich mit Projekten befaßte, die über die Bandbreite traditioneller Geheimdienste hinausgingen. Diese Abteilung setzte sich hauptsächlich aus Soldaten zusammen, Außenagenten, deren Aufträge darauf abzielten, die den USA gegenüberstehenden Machtverhältnisse zu deren Gunsten zu verschieben oder zumindest dafür zu sorgen, daß sie blieben, wie sie waren. Sabotage, Spionage, Anschläge, Terroraktionen – das alles war den Männern vom DCO geläufig, während die Existenz der DCO selbst nur einer Handvoll Eingeweihter bekannt war. Die DCO war die letzte Organisation, die unter einem Schleier der Geheimhaltung operierte, wenngleich ihre Tage unter diesem Schleier auch gezählt zu sein schienen, was Jorgenson schon lange, bevor es zu diesem Zwischenfall gekommen war, zunehmend nervös gemacht hatte.
Er war vor fünf Jahren dazu bereit gewesen, von seinem Posten zurückzutreten, hatte es aber nicht getan, weil sich kein anderer finden ließ, der die DCO auf dem Standard, den er geschaffen hatte, führen konnte. Die Macht, die diese Stellung mit sich brachte, war eine Herausforderung an das Gewissen, und Jorgenson wußte, daß mißbrauchte Macht eine verschwendete Macht war. Er predigte in der DCO Mäßigung, während er wußte, daß andere Männer die gewaltigen Möglichkeiten und Freiheiten der Organisation benutzen würden, um sich in Angelegenheiten einzumischen, in die einzumischen sie kein Recht hatten, und internationale Spannungen schaffen würden, wo es sonst keine gegeben hätte. Also war er bei der DCO geblieben und würde wahrscheinlich auch bis zu seinem Tod dort bleiben, in der Hoffnung, daß zu diesem Zeitpunkt die Organisation ihre Aufgabe erfüllt haben würde und aufgelöst werden könne.
»Gefällt dir das Spiel, Art?«
Jorgenson drehte sich um und sah, wie sich Bane auf den Platz neben ihm setzte. Er hielt ihm eine geöffnete Tüte hin.
»Erdnüsse, Art?«
Unten auf dem Spielfeld ließ die Halbzeitpause nicht mehr lange auf sich warten.
»Du kommst spät.«
Bane knackte eine Erdnußschale und schnippte sich den Inhalt in den Mund. »Wohl kaum. Ich war schon lange vor dir hier. Ich gehe nur auf Nummer Sicher. Außerdem wollte ich dich ein wenig schmoren lassen. Es läßt sich aushalten, wenn man sich erst daran gewöhnt hat.« Banes Stimme wurde gepreßt. »Wie gestern in New York.«
»Dieser Zwischenfall wird dir wohl gezeigt haben, wie wichtig es ist, daß wir zusammenarbeiten.«
»Was weißt du über COBRA, Art?«
Jorgenson fühlte, wie ihn ein leichtes Zittern durchlief. »Was haben die damit zu tun?«
»Alles. Es war Colonel Chilgers, der gestern versucht hat, mich aus dem Spiel zu nehmen.«
»Chilgers? Warum?«
»Weil ich über seine kostbare Organisation gestolpert bin. Weil ein Freund von mir gesehen hat, wie dank seiner technologischen Zauberkunststückchen eine 727 verschwunden ist. Mein Freund war ein paar Tage später tot.«
»Jetzt mal langsam, Josh«, sagte Jorgenson nervös. »Das ergibt doch keinen Sinn.« Er drängte die Furcht zurück, die wieder in ihm emporstieg. Irgendwie hatte Projekt Placebo damit zu tun; er wußte es einfach.
»Natürlich ergibt das keinen Sinn. Eine riesige Behörde mit genug Macht, um ohne Billigung oder sogar Wissen der Regierung Operationen durchzuführen. Nein, das ergibt keinen Sinn.«
»Josh, wovon sprichst du?«
»Vortex.«
»Vortex?«
Die Sirene verkündete das Ende der ersten Halbzeit. Bane und Jorgenson blieben schweigend sitzen, während die wenigen Zuschauer in ihrem Tribünenabschnitt zu den Erfrischungsständen gingen.
»Du hast diesen Ausdruck nie zuvor gehört?« fragte Bane.
»Nicht, daß ich wüßte. Worum geht es dabei?«
»Darum, Gegenstände verschwinden und dann wieder auftauchen zu lassen. Ich kam ins Spiel, als vor acht Tagen der Flug 22 kurz vor der Landung auf dem Kennedy Airport verschwand …« Und Bane berichtete ihm von Jake Del Gennios
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