Das Vortex Fiasko
heftig auf ihn ein. Bane fühlte sich anders, verändert, und er brauchte eine Weile, um zu erkennen, daß er sich vorwärts bewegte, indem er umkehrte, wuchs, indem er zurückging.
Als Janie seine Schultern massierte, fühlte er, wie die alte Kraft, die alten Sinne, zurückkehrten, und wußte auf einmal, daß sie niemals tot gewesen waren, nur geschlafen hatten, ruhen mußten, um sich zu erneuern. Nun rührten sie sich langsam wieder, und Bane fühlte, wie er wieder zum Leben erwachte.
»Hast du feststellen können, welche Regierungsabteilung für die Verspätung beim Flug 22 verantwortlich zeichnet?«
Janie zögerte. »Ich habe gehofft, du würdest diese Frage nicht stellen.«
»Ich habe sie aber gestellt.«
»Was weißt du über COBRA, Josh?«
Bane fühlte, wie Janie seine Schultern freigab. Er wandte sich zu ihr um. »Nicht viel, bis auf die Tatsache, daß ihr Stempel auf der Hälfte der ausgeklügelten Hardware prangt, aus der unser Verteidigungssystem besteht.«
»Die Hälfte ist untertrieben«, berichtete Janie ihn. »Zuerst einmal steht der Name COBRA für Control for Operational Ballistic Research and Activation. Und eins kann ich dir verraten, jeder Fetzen ballistischer Forschung, der auch nur den geringsten Nutzen für dieses Land hat, kommt aus ihrem Hauptquartier in San Diego.«
»Wo auch Flug 22 herkam …«
»Auf jeden Fall ist COBRA im Prinzip eine von der Regierung finanzierte Einrichtung, doch diese Finanzierung besteht lediglich aus einem Blankoscheck. Die Organisation ist mächtiger geworden, als es selbst die NASA auf dem Gipfel des Weltraumprogramms jemals war. Die Verantwortlichen schlucken alles, was Colonel Walter Chilgers anordnet.«
»Chilgers?«
»Ein Held des Korea-Kriegs, der COBRA vom Fundament an aufgebaut hat. Na ja, eigentlich fing er wohl ganz oben an, und zwar mit den größten Wissenschaftlern, die diese Welt je gesehen hat. Ich habe gehört, daß sogar Einstein am Anfang dabei war.«
»Hast du eine Ahnung, woran COBRA jetzt arbeitet?«
»Wahrscheinlich an hundert verschiedenen Projekten, und es würde ihnen nicht schwerfallen, einige davon selbst vor dem Weißen Haus geheimzuhalten.«
»Ein Blankoscheck«, murmelte Bane. »Was kannst du mir sonst noch über sie berichten?«
»Nicht gerade viel. COBRA steht außerhalb der Gerichtsbarkeit des Centers und noch weiter außerhalb der der Justiz.«
Er sah ihr kurz in die Augen. »Ich brauche noch etwas – den neuesten Geheimdienstbericht über einen freiberuflichen Agenten namens Trench.«
»Ich habe keine Befugnis …«
»Verschaffe sie dir.«
Janie überdachte das Problem und nickte dann. »Da muß ich mich in ein paar Datenspeicher der Regierung einschleichen, aber zum Teufel, was soll's. Wofür brauchst du die Informationen?«
»Ich habe sie Harry versprochen. Als Gegenleistung für die Passagierliste des Flugs 22.«
»Trench war der Mann in Berlin«, erinnerte sie sich.
Bane sah sie nur an.
»Was geschieht, wenn du die Passagierliste hast?«
»Ich fange an. Die Passagiere müssen etwas gesehen oder gespürt haben …«
»Wenn es überhaupt etwas zu sehen oder spüren gab, heißt das.«
»Du glaubst Jakes Geschichte nicht.«
»Das wäre auch ein bißchen viel verlangt.«
Sie hatte natürlich recht, und Bane verzichtete darauf, über dieses Thema zu sprechen. Er spürte einen Schnitt, einen Abgrund zwischen ihnen, den er mehr als sie verschuldet hatte. Er wußte, daß sie niemals jenen Teil von ihm verstehen konnte, der der Wintermann war, jenen Teil, der wieder aktiv geworden war. Es war ein anderer Mann gewesen, den sie vor zwei Jahren aus den emotionalen Tiefen gezogen hatte. Ihre Beziehung hatte auf Faktoren beruht, die plötzlich nicht mehr zu existieren schienen. Er liebte sie noch immer auf seine Art, würde ihr ewig dankbar sein für alles, was sie für ihn getan hatte, spürte gleichzeitig jedoch, daß er sie nicht mehr brauchte. Und konnte es Liebe geben, wenn man einen Menschen nicht brauchte? Und was noch schlimmer war, er benutzte Janie, benutzte sie, um sich Informationen zu verschaffen. Er kam sich deshalb schmutzig vor, und doch fiel es ihm leicht, seine Entscheidung vernunftsmäßig zu vertreten.
Sie schliefen an diesem Abend miteinander, und Bane spielte seinen Part mechanisch, teils als Bezahlung für geleistete Dienste, teils, um die in ihm emporsteigenden Gedanken zu verhüllen. Doch Janie war nicht dumm. Bane konnte ihre Loslösung fühlen, den Verlust, den sie empfand, die
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