Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte
haben, aber wir fanden uns natürlich auch ganz schön cool.
Nach jeder Tankaktion stank es im Auto natürlich immer entsetzlich nach Benzin, so dass wir die ersten Kilometer mit geöffneter Laderaumtür und Heckklappe fahren mussten, um den Gestank wenigstens einigermaßen loszuwerden. Es ist erstaunlich, dass uns das nie völlig gelang – und das trotz des durchgerosteten Laderaumbodens.
Nachdem jeder von uns einen Führerschein hatte, konnten wir uns beim Fahren ablösen und mussten keine Pausen einlegen.
Daher landeten wir bereits am späten Nachmittag des nächsten Tages mit der Fähre im Hafen von Olbia auf Sardinien.
Es war herrlich warm, und es dauerte nicht lange, da fanden wir auch einen geeigneten Platz zum Übernachten; eine herrlich einsame Bucht mit schroff zerklüfteten Felsen, phantastischen Tauchgründen und wildem Gestrüpp. Hier waren wir ganz sicher ungestört.
Während Hansi auf dem versenkbaren Tisch in dem heißen stinkenden Bus schlief, legten sich Wago und ich in das Schlauchboot oben auf dem Gepäckträger. Tom-Tom zog es in dieser Nacht vor, am Boden im warmen Sand zu schlafen.
Am nächsten Morgen war er von den Mücken so zerstochen und aufgeschwollen, dass wir ihn kaum wiedererkannten. Seine Zahnlücke passte jetzt sehr gut zu dem unförmigen Gesicht, und er sah aus wie ein gutmütiges Monster. Für ihn war es sicher nicht besonders angenehm, doch wir drei Freunde fanden sein Aussehen sehr, sehr lustig, und ich bereue es bis heute, dass ich das Foto nicht mehr wiederfinde. Vielleicht hat es der Tom-Tom nach dem ersten Dia-Abend heimlich vernichtet.
Auf jeden Fall bauten wir nun vor dem Bus das Vorzelt auf und richteten uns häuslich ein.
Während der drei Wochen auf Sardinien aßen wir jeden Tag selbstgefangenen Fisch. Dazu hatten wir einen Sack mit Kartoffeln, die wir roh in die Pfanne hobelten, um uns Bratkartoffeln zu machen. Dafür und für den Salat war ich zuständig.
Solange wir an diesem Platz waren, aßen wir fast ausschließlich Tomatensalat, denn Tomaten ernteten wir immer nachts auf einem nahe gelegenen Feld. Als Nachspeise gab es Melone, die wir unweit genauso günstig bekommen konnten – ganz so, wie wir das in unserer Kindheit mit den Kartoffeln, den Holzkohlen und anderen Dingen geübt hatten.
Der Wago kannte nicht nur alle Tiere des Meeres und wusste, wie man sie am schmackhaftesten zubereiten konnte. Nein, er war auch der beste Fischer von uns. Allerdings nicht ein solcher Fischer, der seine Angel sehr lange ins Wasser hält. Wagos Art zu fischen war deutlich aktiver. Jeden Morgen ging er mit Taucherbrille, Schnorchel, Flossen und Harpune bewaffnet auf die Fischjagd. Alles oder zumindest fast alles, was wir fingen, bereitete Wago für uns wirklich schmackhaft zu.
Ein paar Dinge waren dabei aber zu beachten: Oktopusse musste er zum Beispiel erst eine halbe Stunde gegen einen Felsen schmettern, damit das Fleisch so weich wurde, dass man es braten und essen konnte.
Die Fische wurden geschuppt und fachmännisch ausgenommen, was der Wago sonderbarerweise am liebsten auf dem Tisch im Bus machte. Das hatte zur Folge, dass sich nach kurzer Zeit sämtliche sardischen Fliegen in unserem Bus aufhielten und sich dort sichtlich wohl fühlten. Auf Sardinien gibt es sehr viele Fliegen.
Hätten wir nachgedacht, wären wir vielleicht auf die Idee gekommen, abends ganz schnell die Türen des Busses zu schließen. So hätten wir alle Mücken und Fliegen des Umkreises dort zu deren eigener Überraschung eingesperrt und im Vorzelt in Ruhe schlafen können.
Einmal fuhren wir sogar um Mitternacht auf die Jagd. Nicht weil das besondere Vorteile gehabt hätte, sondern weil wir das noch nie gemacht hatten. Das war für uns mehr als Grund genug!
Dank einer Taschenlampe in einer aufgeblasenen Plastiktüte sahen wir sogar ein bisschen was, und der Wago erwischte mit seiner Harpune doch glatt einen kapitalen Meer-aal! Begeistert ruderten wir zurück zu unserem Platz, um uns ein Mitternachtsmahl zu bereiten.
Schnell loderte die Glut wieder auf, und schon hatte unser Meeresfrüchte-Experte den Aal in Stücke geschnitten, gut gewürzt und in die Pfanne geworfen. Ich machte mich wieder an die Arbeit mit den Bratkartoffeln, die ich auf unserem Benzinkocher zubereitete. Dabei kam uns in den Sinn, dass wir ja wahrlich genug Benzin zur Verfügung hatten, und weil es gerade so schön dunkel war, erlaubten wir uns ein kleines Experiment: Wir füllten den kleinen Benzintank des Kochers bis zum Rand auf
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