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Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Titel: Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis
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riesigen Spaß mit den dümmsten Kleinigkeiten. Zum Beispiel versuchten wir, kleine Kaugummikügelchen durch den schmalen Spalt des seitlichen Schiebefensters zu spucken. Unzählige Fehlversuche zierten bereits Scheibe, Rahmen und sogar die Decke, als plötzlich der Tom-Tom aufschrie: »Stopp, sofort anhalten!«
Wir trafen zwar nur sehr selten, aber gerade in diesem Augenblick hatte er tatsächlich ein Kaugummikügelchen durch den Spalt gespuckt – zusammen mit der Krone seines rechten Schneidezahns.
Nachdem wir sofort rechts rangefahren waren, suchten wir natürlich vergeblich nach seinem ausgespuckten Zahn. Für ihn begann der Urlaub also mit einer gut sichtbaren Lücke im vorderen Mundbereich. Für uns begann er mit dem ersten von vielen lustigen Fotos.
Aber das Besondere an unserer Urlaubsfahrt war nicht der altersschwache VW-Bus, der grenzenlose Verhau im Auto, das lose Kabel oder das große Schlauchboot auf dem Dachgepäckträger, sondern unsere bestenfalls kuriose Art zu tanken. Dazu muss ich im Vorfeld entschuldigend erklären, dass wir wirklich kaum Geld hatten und so oftmals auf unsere Kreativität angewiesen waren, wenn wir trotzdem bis nach Sardinien und wieder zurück gelangen wollten. Außerdem waren wir durch die Nachkriegszeit auch etwas mehr gewöhnt daran, uns eben irgendwie zu behelfen und uns nicht so sehr von geltenden Gesetzen bremsen zu lassen. Das geschah natürlich alles innerhalb gewisser Grenzen, aber so wie wir früher zum Kartoffelklauben geschickt wurden – die uns ja auch nicht wirklich gehörten –, verhielten wir uns nun beim »Tanken«.
Ein kleines Rechenbeispiel: Der Bus hatte einen Tank mit vierzig Litern Fassungsvermögen, dazu besaßen wir noch zwei 20-Liter-Reservekanister. Nachdem wir mit dem Bus auf hundert Kilometern ungefähr vierzehn Liter Benzin verbrauchten, kamen wir also mit achtzig Litern Kraftstoff etwa fünfhundert Kilometer weit. Das hätte unsere magere Urlaubskasse innerhalb weniger Tage komplett aufgebraucht, also hatte sich der Hansi schon im Vorfeld ein paar Gedanken gemacht.
Schließlich hatte er aus einem Eisenrohr und ein paar Teilen vom Schrottplatz eine Art Saug-Druck-Pumpe zusammengeschweißt, die einen großen Teil unseres verfügbaren Platzes einnahm. Trotzdem war sie für uns Gold wert. Allerdings geriet das Tanken jedes Mal zu einem kleinen bis mittelgroßen Abenteuer:
Erst suchten wir eine möglichst kleine Tankstelle. Dann hieß es warten, bis sie endlich geschlossen wurde und der Tankwart Feierabend gemacht hatte, was oft stundenlang dauerte. Aber wir hatten ja Zeit. War es dann endlich so weit, mussten zwei Personen in je eine Fahrtrichtung Schmiere stehen und Zeichen geben, sobald die Luft rein war. Erst dann wurde die schwere eiserne Bodenklappe der Tankstelle geöffnet, die eigentlich den Tanklastzügen zur Befüllung selbiger vorbehalten war. Der Hansi musste nie Schmiere stehen, denn seine Aufgabe war es, an den Einfüllrohren zu erschnüffeln, welcher Tank für uns der richtige war. Schließlich wollten wir ja weder Dieselkraftstoff noch Normalbenzin tanken, sondern wenn, dann sollte es schon Super sein. Dann erst schoben wir den sechs Meter langen Schlauch der Pumpe durch das Rohr in den Tank hinunter.
Nun trat der Mann an der Pumpe in Aktion. Diese befand sich zur Sicherheit im Auto, denn es konnte ja jederzeit passieren, dass wir entdeckt wurden, und dann zählte jede Sekunde. Schließlich war unser Bus nicht gerade für Verfolgungsjagden geeignet.
Leider war der Kolben der Pumpe nicht besonders dicht, und so sammelte sich beim Herunterdrücken jedes Mal eine nicht unerhebliche Menge Kraftstoff über dem Kolben, die dann bei der nächsten Zugbewegung oben an der Pumpstange mit ziemlichem Druck herausspritzte. Das hatte zur Folge, dass der, natürlich schon vorsorglich nur mit einer Badehose bekleidete, Pumper in einer Art Benzinspringbrunnen stand und von der Brust bis zu den Zehen vor Benzin nur so triefte.
Kaum waren alle unsere Tanks gefüllt, wurde die Bodenklappe wieder geschlossen, der Schlauch so schnell wie möglich in das Auto geworfen und bis zum nächsten Parkplatz gefahren.
Dort erst verstauten wir Pumpe und Kanister auf dem Dachgepäckträger, und erst jetzt konnte sich auch derjenige, der gepumpt hatte, mit einem 20-Liter-Wasserkanister notdürftig reinigen. Der Hansi hatte die ganze Zeit grinsend auf dem Beifahrersitz gesessen und genüsslich an seiner Zigarette gezogen. Es ist ein Wunder, dass wir alle überlebt

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