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Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Titel: Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis
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wirklich übertrieben. Sofort hatte ich mehr als genug Gegenargumente parat, warum das ja so gar nicht vergleichbar war. Der Campingplatz am Riegsee ist nun echt nicht die jugoslawische Steilküste, und wir waren umringt von jägerzaunumfriedeten Dauercampern und nicht von wilden korsischen Kühen. Also bitte.
    Über meine eigene Pubertäts-Paranoia den Kopf schüttelnd, tappte ich ebenfalls zurück ins Zelt und reißverschlusste mich wieder in meine Koje ein.
    Minuten später wurde ich geweckt. Torsten hatte eine Idee. Meine Freude kannte keine Grenzen, ich öffnete abermals den Reißverschluss und warf einen Schuh nach ihm. Ich verfehlte, und er sprach weiter. Sein Plan war, unseren Freund – und Bassisten in der Schulband – Ralf anzurufen. Er wollte am Wochenende mit seiner neuen Freundin den Dauercampingstellplatz seiner Eltern okkupieren. Dieser befand sich auf einer Insel im Staffelsee. Jener war nur eine knappe halbe Stunde mit dem Fahrrad entfernt, und Torsten schlug vor, dass wir doch gemeinsam …
    Der zweite Schuh traf. Und zwar die Gaskartuschenlampe. Ich war noch nie ein guter Werfer. Ich war weder gut im Werfen, Fangen oder Kicken von Bällen. Selbst in Völkerball war ich nur deswegen so gut, weil ich mich besser als alle anderen vor dem Ball wegducken konnte. Das mochte für dieses Spiel gut sein – als Torwart beim Fußball war das durchaus … na ja, spielentscheidend. Hm.
    Die Lampe war kaputt, und mein einziger Trost bestand darin, dass nun ein Klappdings weniger an die Campingurlaube mit Familie erinnern würde. Dafür würden wir ab sofort nachts im Dunkeln sitzen, es sei denn, wir kauften von unserem eher überschaubaren Budget eine neue Lampe im Wucherladen vom Gruaba. Mist.
    Torsten deutete meine Antwort durchaus richtig und entgegnete daraufhin nur, dass er dann eben alleine fahren würde. Ich grunzte und drehte mich weg. Sollte er doch. Ich würde ganz, ganz sicher nicht auf einem Fahrrad weiter als bis runter zum Kiosk und wieder zurück fahren. Moment, nicht einmal das. Bergauf würde ich es schieben, jawohl! Denn ich weigerte mich, die Gangschaltung zu verwenden. Zu Hause hatte ich ein Fahrrad mit einer Direktübersetzung ohne Leerlauf, eine sogenannte starre Nabe … und die Tatsache, dass ich diesen Fachausdruck kenne, nervt mich schon wieder, pfui Teufel.
    Ich wusste auf jeden Fall ganz genau, was mir blühte, wenn meine Mutter erfahren würde, dass ich weiter als eine Schulweglänge mit dem Fahrrad zurückgelegt hatte. Freiwillig! Bald würde es mein Bruder wissen, somit auch mein Vater, und was würde passieren? Anstatt einer E-Gitarre würde ich ein weiteres verdammtes Rennrad zu Weihnachten bekommen! Plus Trikot, Rennflasche und diese idiotischen Schuhe, in denen man so geil die Treppen runterfallen kann. Aber nicht mit mir!
    Wenn Torsten sich unbedingt durch die Hitze strampeln wollte, bitte sehr. Ich würde hierbleiben und … und Physik lernen. Jawohl.
    Das Geräusch, das in dem Moment aus dem Zelt drang und wimmernd lauter wurde, sagte mir, dass mein Freund nun entdeckt hatte, dass er aussah wie eine Masernzucht. Ich beschloss, ihm ein juckreizstillendes Mittel zu geben, das meine Mutter mir ja garantiert eingepackt hatte. Natürlich hatte sie. Einmal mit und einmal ohne Cortison.

Augen zu und durch
    W ir waren überrascht. Da standen wir also am Morgen vor unserem Zelt, und wer blickte uns aus ebenso verwunderten großen Augen über ihre kaum zu ignorierenden Brüste hinweg an? Claudia.

    Claudia aus Torstens Klasse. Ich kannte sie ebenfalls, und das nicht nur wegen der hervorstehenden Merkmale. Sie war auch abgesehen davon eine ausnehmend hübsche Erscheinung, zudem mit einem Mundwerk gesegnet, das es an Tempo mit jedem Kampfjet aufnehmen konnte. Claudia beim Reden zuzuhören und alles verstehen zu wollen glich einer Konzentrationsübung im Kloster der Shaolin-Mönche. Man musste selbst völlige Ruhe bewahren, gleichmäßig atmen und den Redefluss einfach in sich aufnehmen. Dort konnte man den pausenlosen Strang dann in einzelne Sinnabschnitte unterteilen und die Bedeutung herauslesen. Simultan zum Zuhören war das völlig unmöglich. Wenn ich heute an Claudia denke und sie reden höre, klingt es wie der Hummelflug von Rimski-Korsakow. Auf Speed.
    Abgesehen davon, dass weder Torsten noch ich ihrem Mundwerk gewachsen waren, spielte sie auch als Objekt der Begierde leider in einer ganz anderen Liga als wir. Darüber selbstredend. Auch wenn wir eigentlich ja in

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