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Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte

Titel: Das Vorzelt zur Hölle: Wie ich die Familienurlaube meiner Kindheit überlebte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Krappweis
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Verkehr murmeln, der überraschenderweise ausgerechnet heute zur Rushhour etwas sehr an Umfang zugenommen hat.
    Bei Torstens Abschied fühlte ich mich wie damals, als ich alleine im Bus bleiben durfte, während meine Eltern Ski fahren gingen: sehr gut. Denn ich bin nun mal gerne alleine, und das war ich nun – vom Gruaba und seinem Rasenmäher mal abgesehen, hatte sich bisher niemand auf unsere kreuz und quer Amok-gestutzte Terrasse verirrt.

    In einem Anfall akuten Selbstvergessens griff ich auch tatsächlich zu den Physik-Unterlagen, warf einen Blick darauf und spürte sofort wieder diesen seltsamen Schmerz in der linken Gehirnhälfte. Allein der Anblick genügte, um bei mir einen Hirnkrampf auszulösen. Schnell legte ich das Teufelszeug wieder weg, denn ich wollte mich wirklich nicht alleine schäumend und gurgelnd auf dem Boden herumrollen. Es bestand schließlich die Gefahr, dass ich dann meine Zunge verschluckte, soll vorgekommen sein.
    Und meine Eltern würden eine schlechte Physiknote sicher meinem qualvollen Ableben vorziehen – Fahrrad hin oder her.
    Nachdem ich so also meiner ersten Beschäftigungsoption erfolgreich ausgewichen war, standen nur noch vier Dinge zur Auswahl: runter an den Strand mit einem Buch, hierbleiben mit einem Buch oder beides jeweils ohne Buch. Ich entschied mich für Nummer zwei und blieb hier mit einem Buch. Da die Sonne an diesem Tag schon zu dieser Uhrzeit wahrlich gnadenlos auf uns Menschen herunterbrannte, zog ich es vor, im Schatten des kleinen Vordaches zu schmökern. Braun werden würde ich schon noch früh genug.
    Ich schlug das Buch auf und suchte die Stelle, wo ich die Seite umgeknickt hatte. Ich bin kein Buchschoner, sondern ein Buchnutzer. Der Schinken vor mir hieß und heißt bis heute The Chronicles Of Thomas Covenant, The Unbeliever von Stephen R. Donaldson. Nach wie vor eins meiner absoluten Lieblingsbücher. Ich las schon damals gerne das englische Original, weil mir Übersetzungen irgendwie nicht geheuer waren, seit ich entdeckt hatte, wie viel witziger die Marx Brothers eigentlich waren.
    Heute ist mir ehrlich gesagt unverständlich, wieso ich auch in Englisch so katastrophale Noten hatte. Ich sprach damals schon fließend und recht akzentfrei aufgrund meiner manischen Beschäftigung mit den Beatles und den Marx Brothers. Von Ersteren wollte ich wissen, was sie sangen, und später, was sie über das gesagt hatten, was sie sangen, und von Letzteren wollte ich die Gags im Original verstehen, weil mir die deutsche Synchronisation schon damals seltsam vorkam. So konnte ich bald recht gut Britisch-Liverpudlian und breiten New-York-Slang. Nur Grammatik konnte ich nicht. Das heißt, ich konnte sie schon – ich wusste nur nicht, was ich da konnte. Wenn mir ein Lehrer sagte, ich solle doch Prädikat, Objekt irgendwas blabla, dann wusste ich nicht, was er meinte, und riet. Ich muss wohl meistens falschgelegen haben, denn ich kassierte in den Prüfungen eine Fünf nach der nächsten. So ähnlich ging es mir in Deutsch, obwohl ich hundertseitenweise Theaterstücke schrieb – nur eben keine Erörterungen. Oder in Schreibmaschine, obwohl ich schneller als die meisten und fehlerfrei tippte – nur eben nicht mit dem richtigen Fingersatz. Oder in Sport, obwohl ich im Wahlunterricht Akrobatik mit Vorliebe Salti schlug, an Barren und Reck turnte – nur in Fußball leider eine Niete war. Oder in Chemie, obwohl ich bewiesen hatte, dass hochmolekulares Polyethylen längere Polymerketten hat als … okay, Scherz.
    Irgendwie war es unbequem auf dem blöden Klappstuhl. Ich schob ihn zur Seite, drehte dafür das Schlauchboot um und legte mich drauf. Fast gleichzeitig fuhr ich wieder hoch. War so nicht mein Vater immer am liebsten gelegen auf seiner irrsinnigen Reise durch Sardinien mit seinen wahnsinnigen Freunden Wago, Tom-Tom und Hansi? Verdammt! Sofort schnappte ich mir Torstens Luftmatratze und warf mich besonders schwungvoll darauf. Es machte PUTT, und eine Sekunde später raschelte etwas irgendwo im Gras. Gleichzeitig entwich die Luft aus der großen Kammer der Luftmatratze. Torsten hatte beim nächtlichen Betanken wohl den Stöpsel nicht ganz in die Öffnung gewürgt, die war aufgrund des Drucks davongeschossen und lag nun irgendwo in den vom Gruaba übrig gelassenen Grasnaben auf der Terrasse unter der unseren. Na wunderbar.

    Genervt legte ich das Buch wieder weg, kletterte die kleine Böschung hinunter und machte mich unterhalb unseres Standplatzes auf die Suche

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