Das Wagenrennen
gibt er mir zum Abschied mit auf den Weg.
Ich würdige ihn keiner Antwort. Ich habe inzwischen zu viele Todesdrohungen erhalten, um für jede eine schlagfertige Antwort parat haben zu können.
Es regnet heftiger als je zuvor. Die Heiße Regenzeit ist fast zu Ende. Der Quintessenzweg steht so hoch unter Wasser, dass man Hunde und kleine Kinder darin ertränken könnte. Es gibt ohnehin zu viele Hunde und kleine Kinder hier im Viertel. Für den Rückweg zur Rächenden Axt brauche ich ziemlich lange. Unter meinem Umhang läuft mir der Schweiß über den Körper. Ich hasse diese Heiße Regenzeit. Zum Glück ist heute der letzte Tag. Laut unserem Kalender soll morgen der Regen aufhören. Dann steht uns ein Monat angenehmes Herbstwetter bevor, bis der Winter anfängt.
Die Aussicht auf das Ende des Regens hebt die Stimmung der Einwohner von Turai ein wenig. Gedämpft wird die gute Laune nur von dem Wissen, dass dies auch der Tag ist, an dem der Orgk-Rennwagen ankommen soll. Da die Landroute nach Osten um diese Jahreszeit unpassierbar ist, werden die Orgks per Schiff kommen, wie die Elfen. Allerdings müssen sie wohl auf ein Empfangskomitee verzichten. ZwölfSeen wimmelt von Zivilgardisten, die für Ruhe sorgen sollen. Obwohl es die Idee des Königs war, hat er offensichtlich nicht vor, sich in den Augen der Öffentlichkeit zu erniedrigen, indem er die Orgks persönlich begrüßt. Selbst Konsul Kahlius scheint sich von ihnen distanzieren zu wollen. Als einzige offizielle Vertreter der Regierung werden Zitzerius und Melis, die Reine, unsere Stadionzauberin, die Orgks willkommen heißen.
Am Fuß der Treppe zu meinem Büro stolpere ich beinahe über Hauptmann Rallig. »Erwarte nicht, dass die Garde dich in diesem Fall beschützen wird«, verkündet er zur Begrüßung.
»Offensichtlich habt Ihr die Neuigkeiten bereits gehört.«
»Und ob. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal den Tag erleben müsste, an dem du Orgks bewachst, Thraxas.«
»Ich auch nicht.«
»Warum tust du es dann?«
Das erkläre ich dem Hauptmann lieber oben in meinem Büro. Er versteht zwar, dass ich unter Zwang gehandelt habe, glaubt jedoch nicht, dass unser Durchschnitts-Turanianer allzu viel Verständnis dafür aufbringen wird. »Die Skandalpapyri werden es so darstellen, als hättest du dich freiwillig dafür gemeldet.«
Der Hauptmann tritt ans Fenster und blickt hinaus in den Regen. »Das ist der letzte Tag. Gott sei Dank.« Ich frage ihn, ob er heute Abend in der Rächenden Axt vorbeikommt. Es gibt immer eine ausgedehnte Feier in der letzten Nacht der Heißen Regenzeit, und der Hauptmann ist einem kleinen Fest gegenüber selten abgeneigt. Aber diesmal schüttelt er den Kopf.
»Ich habe Dienst. Sie haben allen die Freizeit gestrichen. Die Stadt ist unruhig. Der Regen verhütet zwar einen offenen Aufruhr, aber niemand ist besonders froh darüber, dass die Orgks kommen. Es gefällt mir gar nicht, wie sich die Dinge entwickeln, Thraxas. Es passieren einfach zu viele merkwürdige Sachen. Weißt du, dass Gerüchte kursieren, dass der Freundeskreis einen Wettbetrug plant?«
»Ja, das habe ich gehört.«
»Ich habe sogar flüstern hören, dass die Meuchelmörder eine Wette platzieren wollen, wusstest du das auch? Es scheint fast so, als hätte eine Art Wettfieber die Stadt ergriffen, seit sich herumgesprochen hat, dass Elfen und Orgks bei dem Rennen antreten.«
Der Hauptmann kippt den Rest von seinem Kleeh hinunter, bindet seinen Umhang zu und verschwindet unvermittelt. Melis, die Reine, wird alle Hände voll zu tun haben, wenn sie dafür sorgen will, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Wo wir gerade von ihr sprechen. Eigentlich wird sie erst heute in der Stadt zurückerwartet. Sie war auf einer Goodwill-Reise im Westen unterwegs, in Samserika, wo sie sich in Magie weitergebildet hat. Aber sie soll schließlich die Orgk-Mannschaft in unserer Stadt willkommen heißen.
Es klopft an der Tür. Ich öffne sie mit dem Schwert in der Hand, weil ich mit allem rechne. Vor mir steht ein heruntergekommener Bote, der mir eine Papyrusrolle reicht und anschließend sofort verschwindet. Ich rolle sie auf und lese.
Habe noch mehr Kunstwerke gefunden, steht darauf. Kerks Unterschrift steht darunter. Gut. Wenigstens eine Sache, die sich einigermaßen zufrieden stellend entwickelt.
Makri kommt herein. »Gehen wir zu Mox?«
»Willst du nicht lieber mit deiner Meuchelmörder-Freundin hingehen?«, stichele ich.
Aber Makri lässt sich nicht provozieren. Also
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