Das Wagenrennen
schleichen wir den Quintessenzweg entlang, und uns bleibt auch nichts anderes übrig. Der wolkenbruchartige Regen schränkt die Sicht beinah vollkommen ein. Zudem ist Marzipixa, die Bäckerin, wütend auf Makri, weil sie die versprochenen sechzig Gurans immer noch nicht abgegeben hat.
»Ich habe die Vereinigung der Frauenzimmer wirklich beleidigt. Es ist die Hölle. Letzte Nacht hat Kelima, die Teppichweberin, gesagt, sie hätte gehört, dass gewisse Mitglieder Geld der Vereinigung verspielt hätten. Sie wollte wissen, was Marzipixa unternehmen würde, um diese Mitglieder aus Turai zu vertreiben.«
»Vielleicht hat sie dich ja gar nicht gemeint«, erwidere ich. »Du bist bestimmt nicht das einzige Mitglied der Vereinigung der Frauenzimmer, das sein Geld zu den Buchmachern getragen hat.«
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass jemand mich angeschwärzt hat.«
»Mich brauchst du gar nicht so anzusehen. Der einzige Kontakt, den ich zur Vereinigung der Frauenzimmer habe, besteht in meiner täglichen Bestellung von zwei großen Fleischpasteten und drei Laib Brot in Marzipixas Bäckerei. Sieh es ein, Makri, du warst einfach nicht diskret genug. Jeder hat sehen können, wie du beim Ehrlichen Mox ein und aus gegangen bist.«
Makri verzieht fast schon ängstlich ihr Gesicht. »Wie konnte ich da nur hineingeraten?«, fragt sie und starrt mich anklagend an.
Wir wollen noch schnell eine Wette platzieren, bevor wir zu dem Empfangskomitee für die Orgks stoßen. Makris fünfzig Gurans sind auf dreißig zusammengeschmolzen. Schuld daran war die armselige Vorstellung des Favoriten im letzten Rennen in Simnia. Makri hat den halben Abend damit zugebracht, alle Pferde, Rennwagen und Stadien zu verfluchen, und wollte wissen, ob der Zauberer in Simnia wirklich ehrlich ist.
»Sollte ich herausfinden, dass er sich bestechen lässt, dann reite ich selbst nach Simnia und nehme ihn aus wie ein Schwein!«, wütet sie. Willkommen im Club der übrigen Wetter in Turai. Schätzchen! Irgendwie dringt einem dieses Vokabular früher oder später ins Blut. Auf den Straßen wimmelt es von Zivilgardisten, und der Palast hat Karrenladungen von Wachtrupps geschickt, die ihnen helfen sollen, falls es ernsthafte Schwierigkeiten gibt.
Als wir Mox’ Bude betreten, kühlt sich die Atmosphäre hier merklich ab. Anscheinend verbreiten sich die Neuigkeiten über meinen vermaledeiten Auftrag wie ein Lauffeuer.
»Er kann einfach die Finger nicht von den Orgks lassen«, flüstert jemand.
»Er hat sogar eine mitgebracht«, flüstert jemand anders.
Makris Augen glühen, und ihre Hand zuckt zu ihrem Schwert. Sie ist kurz davor, ein Blutbad anzurichten, weil man sie eine Orgk genannt hat. Doch dann fällt ihr wieder ein, was sie hier will, und sie reißt sich zusammen. Sie muss dringend dreißig Gurans gewinnen, und das kann sie kaum, wenn sie Mox’ Bude und alle, die sich unglücklicherweise darin aufhalten, in ihre Bestandteile zerlegt. Ihre Nerven sind schon angespannt genug wegen der Wette, die sie platzieren will. Sieg oder Tod steht bei eins zu eins, aber er ist nur ein Mitfavorit, und ich bin von seinen Siegchancen nicht hundertprozentig überzeugt. Aber Makri hat keine Wahl. Ihr zerrinnt die Zeit zwischen den Fingern, und sie muss jetzt ihre ganzen restlichen dreißig Gurans setzen. Dann kann sie nur noch hoffen, dass der Wagen gewinnt.
»Wie schade, dass du den Gebetsteppich nicht gefunden hast, Thraxas. Der Orgk-Wagen wäre eine Wette wert gewesen.«
Wir warten in der Schlange. Vor mir steht ein großes, hässliches Individuum, das ich noch nie zuvor gesehen habe. Es dreht sich plötzlich um und schleudert mir die Worte »Orgk-Schätzchen« ins Gesicht.
Ich halte mich eisern zurück, Makri ebenfalls. Ich will keinen Streit vom Zaun brechen, jedenfalls nicht, bevor wir die Wette platziert haben.
»Ich greife nur dem König ein bisschen unter die Arme«, erwidere ich liebenswürdig. Aber auch das kann den Klotz nicht friedlich stimmen. Schließlich plustere ich mich auf und versuche, mir das Ansehen eines Zauberers zu geben, der gleich jeden in die Hölle fahren lässt, der sich nicht vorsieht. Das wirkt manchmal, weil die meisten Menschen in ZwölfSeen nicht wissen, wie schwach meine Zauberkräfte wirklich sind. Viele feindselige Blicke folgen mir, während ich in der Schlange langsam weiterrücke. Mox erwartet mich mürrisch hinter seinem Tresen. Obwohl ich seit Jahren einer seiner besten Kunden bin, weigert er sich, mich zu grüßen, und nimmt
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