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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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geschehen zu sein.
    Alles deutete darauf hin, daß Ourida in die Hände von Entführern gefallen war. In die Hände der Ritter vom Verlorenen Kreuz?
    Wir stiegen durch das Fenster nach draußen, wo sich hinter dem malerischen Garten offenes Land erstreckte.
    Auch hier war gekämpft worden. Französische Soldaten und Aufständische lagen am Boden. Ein Grenadier hockte rücklings an eine Akazie gelehnt und verband seinen blutenden Oberschenkel. Wir fragten ihn, ob er Ourida gesehen hatte.
    »Das Beduinenmädchen? Nein, aber ich bin auch erst vor zwei Minuten aufgewacht. So ein dreckiger Rebell hat mir mit dem Knüppel eins übergezogen.« Er faßte vorsichtig an seinen Kopf und stöhnte auf. »Das tut fast mehr weh als das Bein.«
    Verzweifelt suchte ich das Gelände nach weiteren Verwundeten und Toten ab. Sollte ich hoffen oder fürchten, hier auf Ourida zu stoßen? Aber sie befand sich nicht unter ihnen. Schließlich entdeckte ich am Ende des Gartens, versteckt zwischen ein paar Son-nenblumen, einen toten Ägypter, dessen seltsam ge-formtes Schwert meine Aufmerksamkeit erregte.
    Es war keine orientalische Waffe, sondern eine europäische, geschmiedet wie im Mittelalter. Als ich sie aufnahm, sah ich die eingravierten Kreuze, eins auf jeder Seite des Griffes, ein helles und ein rötliches.
    Mein Onkel kam zu mir. »Hast du etwas gefunden?«

    Ich zeigte ihm das Schwert. Dann kniete ich mich hin und öffnete den Mund des Toten.
    »Und?« fragte Onkel Jean.
    »Keine Zunge.«

32. KAPITEL
    Nacht über Kairo
    urida blieb verschwunden, auch nachdem Fran-O vals Dragoner Bonapartes Palast und das gesamte umliegende Gelände akribisch durchsucht hatten.
    Der Tote ohne Zunge war der einzige Hinweis auf das, was ihr widerfahren war.
    Ob sie noch in Kairo war oder schon außerhalb der Stadt, konnte niemand sagen. Wir wußten nicht einmal, ob sie noch lebte.
    Die Sorge um Ourida fraß mich fast auf, aber wo sollte ich Hilfe suchen? General Bonaparte und seine Truppen waren mit der Niederschlagung des Aufstands vollauf beschäftigt. Noch während des ganzen Tages, der Nacht und des darauffolgenden Tages dauerte der Kampf an. Erbittert wurde um jeden Straßenzug gerun-gen, und die Schreiber der Kriegstagebücher verzeichne-ten manche glorreiche Tat. Bonapartes Generaladjutant Sulkowski, ein Pole von großen Fähigkeiten und Mitglied des Instituts von Ägypten, hielt mit zweihundert Reitern eine vielfache Übermacht rebellischer Beduinen davon ab, in die Stadt einzudringen und den hiesigen Aufständischen zu Hilfe zu kommen. Sulkowski selbst starb dabei, von zehn Lanzenstichen getroffen.
    Am Morgen des zweiten Tages nahm General Dommartin mit einer Batterie die Al-Azhar-Moschee unter Feuer, wo sich viele Anführer des Aufstands verschanzt hatten, und wies einen Ausfall von sieben- oder achttausend Rebellen durch den Einsatz von Kavallerie und einen Infanterieangriff zurück. Darauf hatte Bonaparte nur gewartet. Jetzt führte er vier Infanteriekolon-nen zum Gegenangriff und eroberte die Moschee. Das war der entscheidende Schlag. In den Abendstunden verebbten die letzten Kämpfe, und auch die vereinzelten Schüsse, die noch eine Zeitlang zu hören waren, erstar-ben.
    Nur von zwei Dragonern begleitet, ritten Onkel Jean und ich durch verwüstete Straßen zu unserem Haus, im Flammenschein der Feuer, die in mehreren Stadtvierteln ausgebrochen waren. Ein Bote von General Lannes hatte uns mitgeteilt, daß wir unser Heim jetzt gefahrlos aufsuchen könnten. Es lag ebenso dunkel da wie auf der anderen Seite der Straße das Anwesen von Maruf ibn Saad.
    Niemand, der uns empfangen hätte, kein Wachtposten und auch kein Diener. Hatten Malik, Zeineb und Nafi sich den Aufständischen angeschlossen? Das traute ich ihnen nicht zu. Eher hatten sie sich verkrochen aus Angst, als Diener von Franzosen dieselbe Behandlung zu erfahren wie ihre Herren.
    Als wir näher kamen, mußte ich zugestehen, daß die Diener klug gehandelt hatten. Zerstörte Fenster und eine eingeschlagene Eingangstür waren Vorboten einer Verwüstung, deren ganzes Ausmaß sich erst im Innern zeigte. Möbel waren umgestürzt und mit Äxten zerlegt, die Wände mit Unrat beschmiert. Am schlimmsten hatten die Plünderer in der Bibliothek gewütet.
    Schränke waren umgeworfen, etliche Bücher zerfled-dert, einige gar verbrannt. Es sah aus, als hätten sie versucht, die ganze Bibliothek in Brand zu setzen. Daß das Feuer sich nicht weiter ausgebreitet hatte, war reines Glück. Einige der

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