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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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ungefähr ebenso groß sein. Einen geeigneteren Ausgangs-punkt für ihre Unternehmungen hätten die Kreuzritter kaum finden können. Dies muß ihr Versteck sein!«
    Mein Onkel beugte sich noch einmal über die Karten und sah dann den Ägypter an. »Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr neige ich dazu, Ihnen recht zu geben.«
    »Heißt das, ich habe meine Schuld beglichen?«
    »Das haben Sie, Maruf ibn Saad.«
    Maruf schien erleichtert, aber nur für einen Augenblick. Als er die Karten zusammenrollte und zurück in den Kasten legte, trug er wieder eine unbewegte Miene zur Schau. Er reichte uns den Kasten mit den Worten:
    »Mein Abschiedsgeschenk!«
    Ich nahm den Kasten entgegen. »Wieso Abschied?
    Wir sind Nachbarn und sehen uns bestimmt noch häufig.«
    »Nehmen Sie es nicht persönlich und schon gar nicht als Beleidigung, aber nach allem, was geschehen ist, möchte ich von nun an keine Europäer mehr in meinem Haus haben!«
    Er begleitete uns noch zur Tür, und ich sagte: »Viel Glück bei allem, was Sie vorhaben, Maruf ibn Saad!«
    Leise erwiderte er: »Das Glück hat mein Haus verlassen.«

35. KAPITEL
    Durch die Wüste
    nzwischen war es Nachmittag geworden, und seit I dem Frühstück hatten Onkel Jean und ich noch nichts gegessen. Zeineb kochte eine Gemüsesuppe, von der ich mit großem Appetit aß, obwohl mir soviel im Kopf herumging.
    Während des Essens fragte ich meinen Onkel: »Werden Sie zu Bonaparte gehen und ihm von der Festung erzählen?«
    »Heute hat das keinen Sinn mehr. Er wollte nach unserer Unterredung Kairo verlassen, um die außerhalb der Stadt stationierten Truppen zu inspizieren, und wird, wie er sagte, erst spät am Abend zurückkehren. Aber gleich morgen nach dem Frühstück gehe ich mit Marufs Landkarten zum Hauptquartier. Bis dahin mußt du dich gedulden, auch wenn die Sorge um Ourida dich quält.«
    »Ich werde mich gedulden«, sagte ich und verschwieg, daß mir diese Verzögerung nur recht war; denn ich hatte meinen eigenen Plan geschmiedet. »Mir ist nicht ganz klar, was Bonaparte mit dem Wahren Kreuz anfangen will.«
    »Detailliert hat er sich darüber nicht ausgelassen. Er hat gesagt, es sei ein wertvolles Symbol der Unbesiegbarkeit, das ihm von großem Nutzen sein könne.«
    »Also will er es auf seinem weiteren Feldzug benutzen, so wie das Kreuzritterheer bei Hattin durch das Wahre Kreuz ermutigt wurde. Aber wie soll das gehen?
    Die Revolution hat alles getan, um die Lehre der Kirche und den Glauben an Gott in Zweifel zu ziehen. Wie soll da ein christliches Symbol unsere Armee stärken?«
    »Es kann unsere Armee nicht stärken, aber es kann die feindliche schwächen. Für die Türken, die uns den Krieg erklärt haben, ist das Wahre Kreuz ein Zeichen abendländischer Überlegenheit. Wenn sie das Kreuz bei uns erblicken, wird das ihre Moral erschüttern. Ich denke, das ist so ungefähr das, was Bonaparte im Sinn hat.«
    »Wenn es so kommt, war alles, was Ourida und ihre Vorfahrinnen über die Jahrhunderte auf sich genommen haben, vergebens«, sagte ich bitter. »Dann ist das Kreuz wieder ein Symbol des Krieges und des Tötens!«
    Onkel Jean seufzte und sah mich mitfühlend an.
    »Wir können daran nichts ändern, Bastien. Denk lieber daran, daß du deine Ourida bald wiedersehen wirst!«
    Das tat ich, und deshalb verließ ich eine Stunde nach Mitternacht heimlich das Haus. In der Küche hatte ich Vorräte zusammengepackt. Die Wasserschläuche hatte ich bereits am Nachmittag gefüllt und im Pferdestall versteckt. Dort standen noch die beiden Tiere, auf denen mein Onkel und ich zurück nach Kairo geritten waren. Ich sattelte das kräftigere Pferd, einen Braunen, schnallte die beiden Wasserschläuche, den Verpflegungs- und einen Hafersack hinter dem Sattel fest und umwickelte die Hufe mit dicken Lappen, um den Hufschlag zu dämpfen. Dann führte ich das Tier, so leise es eben möglich war, hinaus auf die Straße.
    Jetzt mußte ich noch unbemerkt aus Kairo hinaus-kommen. Angesichts der zahlreichen Posten, die nach dem Aufstand aufgestellt worden waren, kein leichtes Unterfangen. Während ich in den vergangenen Tagen auf der Suche nach Handwerkern und neuen Einrich-tungsgegenständen umhergewandert war, hatte ich zumindest in unserem Stadtteil einen guten Überblick über die Wachtposten gewonnen. Und bevor ich aufbrach, hatte ich meinen Weg aus der Stadt im Geiste genau festgelegt, Straße für Straße, Platz für Platz.
    Mehrmals verließ ich die öffentlichen Straßen und führte

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