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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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ich mich gleich wieder in die Bücher vergraben«, antwortete der Ägypter und erhob sich.
    »Möge Allâh Sie beide auf Ihrem Weg begleiten! Wir sehen uns sicher bald wieder.«
    Als er uns verlassen hatte, stand auch ich auf. »Was haben wir denn plötzlich für dringende Geschäfte, Onkel?«
    »Wir müssen einiges für den Abend vorbereiten. Ein hoher Gast hat sich zum Essen angemeldet.«
    »Ein hoher Gast?«
    »Bonaparte.«
    »Aber … wieso kommt er zu uns?«
    »Er will unbedingt Ourida kennenlernen.«

9. KAPITEL
    Bonapartes Spion
    er Rest des Nachmittags verging in solcher Ge-D schäftigkeit, daß ich mir keine großen Gedanken darüber machen konnte, weshalb General Bonaparte sich für Ourida interessierte. Offenbar hatte Onkel Jean ihm unser Abenteuer im unterirdischen Tempel derart anschaulich geschildert, daß der General nun darauf brannte, Ourida kennenzulernen. Während mein Onkel auf dem kürzesten Weg heimwärts strebte, um dort alles für den abendlichen Empfang vorzubereiten, er-füllte ich die Aufträge, die er mir erteilt hatte.
    Zunächst galt es, einen europäischen Gastwirt zu finden, der bereit war, am Abend für uns zu kochen, denn wir mochten uns nicht auf die eher einfachen und sehr dem morgenländischen Geschmack verhafteten Kochkünste der alten Zeineb verlassen. Es gab durchaus einige europäische Gasthäuser in der Stadt, denn Bonaparte förderte die Eröffnung solcher Etablisse-ments ebenso wie die von Schauspielbühnen, Kaffee-und Konzerthäusern, um seinen fern der Heimat wei-lenden Soldaten Zerstreuung zu bieten. Doch meine Suche gestaltete sich schwieriger als erwartet, da kaum ein Wirt sein Geschäft am Abend im Stich lassen wollte. Seit die französische Armee in Kairo einmarschiert war, konnte man hier mit europäischer Kochkunst viel Geld verdienen, und die Einnahmen eines einzigen Abends waren durchaus beachtlich.

    Dennoch hätte vermutlich jeder es als Ehre betrachtet, für Bonaparte zu kochen, aber mein Onkel hatte mich beschworen, nicht preiszugeben, wer unser Gast war. So mußte ich vage von einer hochstehenden Persönlichkeit sprechen, die es zu bewirten galt.
    Nach langem Suchen fand ich schließlich einen österreichischen Wirt, der sein Gasthaus gemeinsam mit seinem Bruder betrieb, dem er die Geschäfte für den Abend zu überlassen bereit war. Allerdings mußte ich dazu meinen Geldbeutel beträchtlich erleichtern.
    Blieb mir nur zu hoffen, daß der General etwas für die österreichische Küche übrig hatte. Da zwischen Frankreich und Österreich im Vorjahr der Frieden von Campo Formio geschlossen worden war, hatten die beiden Brüder, im Gegensatz zu vielen anderen Angehörigen Frankreich nicht freundlich gesinnter Staaten, Kairo nicht verlassen. Ihr Gasthaus aufzugeben wäre für sie wohl zu schmerzlich gewesen.
    Anschließend suchte ich ein Tuchwarengeschäft auf, um für Ourida neue Kleider zu kaufen. Zeineb hatte ihr ein paar abgetragene Fetzen überlassen, aber die erschienen uns für einen Anlaß wie diesen zu wenig rep-räsentativ. Ich war nicht eben erfahren darin, Kleider für eine Frau zu kaufen; das gehört zu den Dingen, auf die man in einer Klosterschule nicht vorbereitet wird.
    Die Fülle der verschiedenen Schnitte und Stoffe verwirrte mich mehr, als mir bei meiner Entscheidung zu helfen. Fast wünschte ich, Ourida wäre mitgekommen, um selbst eine Auswahl zu treffen. Aber außerhalb unseres Hauses war sie in zu großer Gefahr, solange wir nicht wußten, ob in Kairo noch weitere Meuchelmörder ihr Unwesen trieben.
    Doch es half mir, an Ourida zu denken. Ich stellte mir vor, welche Kleider sie wohl anziehen würde, und entschied mich schließlich für einige schlichte, aber elegante Modelle. Einen Hang zum Pompösen, zum Herausgeputzten konnte ich mir bei Ourida beim besten Willen nicht vorstellen. Der einzige Schmuck, den sie trug, war die Silberkette mit dem Rosenanhänger.
    Ihre natürliche Schönheit bedurfte keines äußerlichen Aufwandes. Ich erwarb zwei Kleider europäischen und drei orientalischen Zuschnitts, und danach sah es in meinem Geldbeutel noch trauriger aus.
    Zurück in unserem Haus, wo die Diener emsig mit Putzen und Fegen beschäftigt waren, wollte ich mich sogleich vergewissern, ob ich die richtige Wahl getroffen hatte. Sorgsam darauf bedacht, das Kleiderpaket nicht fallen zu lassen, klopfte ich an Ouridas Tür. Sie öffnete und blickte mich erstaunt an.
    »Etwas zum Anziehen für Sie, Mademoiselle«, sagte ich ungelenk. »Wir

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