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Das Wahre Kreuz

Das Wahre Kreuz

Titel: Das Wahre Kreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joerg Kastner
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Name, Ourida, die Rose.«
    »Der Name paßt gut zu dir. Du besitzt wahrlich die Schönheit einer Rose.«
    Meine Worte schienen ihr keine Freude zu bereiten.
    Sie sah mich ernst an. »Schönheit ist wie ein Wanderer: Sie geht vorüber.«

    »Die äußere vielleicht, aber nicht die innere«, erwiderte ich.
    »Du sprichst von Dingen, die du kaum kennst.«
    Ich sah ihr tief in die Augen und flüsterte: »Manche Dinge kennt man erst kurze Zeit, und doch sind sie einem so vertraut, als sei man sein Leben lang an sie gewöhnt.«

25. KAPITEL
    Blut!
    it jedem Tag, der verging, erholte Ludwig von M Kirchheim sich mehr von dem Schlangenbiß.
    Ourida kümmerte sich um ihn, als sei er ihr Bruder.
    Wir Ordensritter hatten beschlossen, so lange zu warten, bis der kranke Johanniter wieder im Sattel sitzen konnte. Dann wollten wir unsere Reise so fortsetzen, wie Gilbert es vorgeschlagen hatte. Den Beduinen sagten wir zwar, daß wir uns in Richtung Jerusalem durchschlagen wollten, aber von unserer Mission und dem Wahren Kreuz erzählten wir ihnen nichts.
    Wenn ich mit meinen Brüdern zusammensaß, spürte ich eine düstere Stimmung, die trotz von Kirchheims fortschreitender Genesung von ihnen Besitz ergriffen hatte. Rassams Bericht über den schrecklichen Tod unserer Ordensbrüder ging ihnen nicht aus dem Sinn.
    Ich entnahm es ihren haßerfüllten Reden über die Muslime, hörte es in ihrem Tonfall und sah es in ihren Augen, wenn sie die Beduinen ansahen, die uns doch zweifellos freundlich gesinnt waren und an dem Massaker, das Saladin befohlen hatte, keinerlei Schuld trugen.
    Die Veränderung, die mit meinen Brüdern vorging, erschreckte mich und stieß mich ab. Ich betete für sie und hoffte inständig, daß ihr Haß durch die Zeit und Gottes Gnade geheilt werden möge.
    Um so mehr genoß ich die Stunden, die ich mit Ourida verbrachte. Und sie erschienen mir kostbar, denn unsere Weiterreise an einem der nächsten Tage war beschlossene Sache. Einer von Okbas Söhnen hatte südlich unseres Lagers einen kleinen See entdeckt, um den herum es genügend Weidegrund für die Tiere der Beduinen gab. Okbas Söhnen und Rassams Töchtern ob-lag es, die Herde zu hüten. Wann immer Ourida diese Aufgabe übernahm, gesellte ich mich zu ihr.
    Manchmal sprachen wir über Dinge, von denen ich nicht geglaubt hätte, daß ein einfaches Beduinenmädchen sich mit ihnen beschäftigte: über den Sinn des menschlichen Daseins oder über den Plan, den Gott –
    oder Allâh – mit der Erschaffung der Welt verfolgt haben mochte. Dann wieder saßen wir einfach nur beieinander, blickten auf den schimmernden See oder hinaus in die Wüste und freuten uns an unserem Beisammen-sein.
    Ich war Tempelritter, und ein Weib an meiner Seite war mir versagt. Vielleicht genoß ich gerade deshalb die Zeit mit Ourida so sehr. Ich wußte, daß ich bald zu meinem anderen Leben zurückkehren würde. Dieser friedliche kleine See mitten in der Wüste, in einem blutig umkämpften Land, würde für mich dann nichts mehr sein als eine Erinnerung. So wie Ourida, die Rose.
    Auch an dem Abend, bevor wir aufbrechen wollten, hatte Ourida die Wache über die Herde übernommen, und ich hatte sie begleitet. Als wir am See saßen, wollte ich ihr sagen, wie viel mir ihre Gesellschaft bedeutete, aber während ich noch nach den richtigen Worten suchte, ging eine seltsame Veränderung mit ihr vor sich: Ourida erstarrte und sah nur scheinbar hinaus aufs Wasser; in Wahrheit schien sie in weite Ferne zu blik-ken, und in ihren Augen lag blankes Entsetzen.
    »Blut!« stieß sie hervor. »Ich sehe alles voller Blut!«
    »Wovon sprichst du, Ourida? Hier ist kein Blut.«

    »Nicht hier, im Lager, bei unseren Zelten.« Sie keuchte schwer, als bekäme sie kaum noch Luft. »Sie liegen alle in ihrem Blut!«
    »Wer?« fragte ich, packte sie bei den Schultern, drehte sie herum und schüttelte sie. »Erklär mir, von wem du sprichst!«
    »Von meinem Vater und meiner Mutter, von meinen Schwestern, von Okba und seiner Familie. Alle, alle sind sie tot!«
    Sie sprang auf und wollte loslaufen, aber ich hielt sie fest. »Wohin willst du, Ourida?«
    »Ins Lager! Laß mich los, ich muß zu ihnen!«
    »Du bildest dir etwas ein«, sagte ich beschwichtigend. »Was sollte den Deinen zugestoßen sein? Und wie willst du davon erfahren haben?«
    Ihr Blick klärte sich; jetzt sah sie mich an und nicht mehr durch mich hindurch. »Ich habe diese Gabe.
    Meine Mutter hatte sie schon, ihre Mutter und deren Mutter. Woher sie kommt,

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