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Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug

Titel: Das Wahre Spiel 01 - Der Königszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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auf ein Wäldchen zu, wir in unserem, wie es schien, ständigen Zustand der Verwirrung hinterher.
    »Sucht es uns?« fragte ich. Sie schüttelte den Kopf. Ein weiterer kalter Windstoß kam aus der anderen Richtung. Seidenhand runzelte die Stirn.
    »Was geht da vor sich?« Sie führte uns zu ansteigendem Gelände, damit wir von oben das Umland besser sehen konnten. Schließlich fanden wir einen felsigen Buckel und kletterten hinauf. Wir erblickten ein weites Tal, durch das unser Weg ursprünglich führen sollte, bis zu einer Kerbe zwischen den weit entfernten Hügel. Es war allerdings kein Weg, den wir jetzt noch nehmen konnten. Auf den Wiesen drängten sich dichte Formationen eines Spiels ungeheuren Ausmaßes, auf jeder Seite Reihe um Reihe Magier mit Gehilfen, sprühend vor gespeicherter Kraft. Fuhrwerke, hochbeladen mit Holz, markierten die Grenzen der feindlichen Gebiete, wo sich Bauern unter dem Hieb von Peitschen bemühten, die schweren Teile der riesigen Kriegsöfen aufzurichten. Über den Kommandoposten standen Waffenträger, die Kriegsumhänge vom Wind gebläht, hoch in der Luft und stiegen wie Spinnen an Seidenfäden auf und nieder, wenn sie den Untenstehenden Bericht erstatteten.
    »Herr der sieben Höllen«, sagte Chance. »Laßt uns von hier verschwinden.«
    Seidenhand schaute hilflos über das Tal. Da lag unser Weg. Doch der Weg war versperrt. Wir konnten nicht warten, bis das Spiel vorbei war. Spiele dieses Ausmaßes dauerten manchmal Jahre. Wir konnten nicht sehr dicht daran vorbeireiten, oder wir riskierten es, in der Wut dieses Gefechtes gefroren zu werden. Seidenhand besaß nicht die Kraft, Wärme aus diesen riesigen Öfen herauszuziehen und uns so geschützt durch das Schlachtgetümmel zu führen. »Borold«, rief sie, »warum bist du nie da, wenn ich dich brauche?« Ihr Bruder hätte diese weit entfernte Kraftquelle anzapfen können. Wir waren zu einer schicksalhaften Entscheidung gezwungen, die uns aber überhaupt erst zur Hohen Domäne bringen sollte. Hätten wir das Tal durchquert, wäre unsere Reise beendet gewesen. Wir wußten es nicht, aber man erwartete uns dort in der Kerbe zwischen den Hügeln. Seltsam, wie das Schicksal so spielt. Mertyn pflegte das oft zu sagen.
    »Wir schlagen einen großen Bogen«, sagte Seidenhand, und Chance stimmte zu. Es war das einzige Vernünftige. Doch wir hätten es nicht so ohne weiteres geschafft, wenn Yarrel nicht bei uns gewesen wäre.
    Er war es, der Karten studierte, Pfade aufspürte, Nachtlager aussuchte, wo wir vor Wind und Regen geschützt waren, der die Pferde davor bewahrte, sich lahm zu laufen, und uns davor, durch schlechte Nahrung oder noch schlechteres Wasser vergiftet zu werden. Er erstarkte vor meinen Augen, wurde von Tag zu Tag größer. Eines Morgens erwachte ich und sah, wie er neben einem hohen Baum stehend über das Land schaute, das Gesicht so strahlend wie der Schein, den Spielmutter Didir auf alten Bildern um den Kopf hat. »Yarrel«, sagte ich, »warum warst du überhaupt in der Schulstadt? Welchen Sinn hat es für dich gehabt?«
    Er umarmte mich sogar, als er antwortete. »Keinen, Peter. Außer, daß meine Mutter ein paar Jahre lang keine Angst um mich haben mußte. Das Leben von uns Bauern ist manchmal sehr kurz. Meine geliebte Schwester ist in einem Spiel verbraucht worden, ›geopfert‹ von irgendeinem Gestaltwandler, der einen Bauern benötigte und dem es gleich war, um wen es sich handelte. Du weißt doch, daß die Spieler uns für völlig unwichtig halten. Wenn sie ein paar Hundert von uns in der Schlacht verbrauchen wollen, dann tun sie es einfach. Wenn sie ein paar unserer Frauen in irgendeinem widerlichen Spiel benutzen wollen, tun sie es. Indem meine Eltern mich in die Schule eingekauft haben, haben sie mich für eine Zeitlang geschützt.«
    »Eingekauft?«
    »Mit Pferden. Prächtige Pferde. Bezahlung für meinen Aufenthalt und meine Erziehung. Wer weiß, vielleicht ist es sogar gut für mich. Ich weiß jetzt auf jeden Fall mehr über Spieler als meine ganze Familie. Und über Spiele. Und was passieren kann und was nicht. Für die meisten von uns ist das Spiel ein völliges Rätsel. Wenn ich zu Hause bin, werde ich eine eigene Schule gründen – für Bauern. Um ihnen das Überleben beizubringen.«
    »Also hat keiner je erwartet, daß du ein Talent entwickelst.«
    »Nein. Damit ich in der Schule aufgenommen wurde, mußte meine Mutter lügen. Sie behauptete, ich sei ein Festivalsproß und mein Vater ein Spieler. Ich glaubte

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