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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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möchte. Sagt dir beispielsweise der Name ›Barish‹ etwas?« Sein Tonfall war beiläufig, aber er betrachtete mich aus dem Augenwinkel.
    Ich holte tief Luft, suchte es zu verbergen und überlegte angestrengt, was ich sagen sollte. »Barish? O ja, das ist doch ein Name aus den Religionsbüchern. Ein Zauberer, stimmt’s? Hat er nicht irgend etwas Geheimes, Hintergründiges getan … was war das bloß …« Ich wartete, wagte kaum zu atmen. »Ist der Name wichtig?«
    »Geheimes und Hintergründiges«, entgegnete Rätsel sinnend. »Nein. Anscheinend weiß keiner mehr als das, was allseits bekannt ist.« Er lächelte. »Ich bin einfach neugierig auf alles Geheime, Hintergründige, und ich frage diejenigen, die vielleicht mehr wissen könnten. Ich habe erst kürzlich von diesem Barish erfahren.«
    Ich hob hilflos die Hand, um ihn aufzuhalten. »Rätsel, ich habe wirklich keine Ahnung, Ihr gebt mir Rätsel auf – wie allen anderen auch. Stellt Ihr immer solche Fragen?«
    »Ich spreche, um meine Stimme zu hören, Junge. Ich knüpfe Worte zusammen wie eine Frau Bänder an ihren Hut.«
    »Machen sie das?« fragte ich neugierig. »Ich habe bis jetzt nur an den Jacken von Schülern Bänder gesehen, während der Festivalzeit.«
    »Nun, Peter, du hast noch nicht viel gesehen.« Und damit verfiel er in ein langes, erholsames Schweigen. Es hatte beizeiten geregnet, und auf den umgestürzten Baumstämmen wuchsen Lungenpilze, die ebenholzfarben in der Abenddämmerung schimmerten. Rätsel schnitt ein gutes Bündel ab und rollte sie in grobes Mehl, um sie für unser Abendessen zu braten. Er erzählte mir vom Leben auf dem Land, mehr als sogar Yarrel es getan hatte, von Wurzeln und Schößlingen, Beeren und Nüssen, wie man die gekräuselten Wedel bestimmter Farne zusammen mit geräuchertem Fleisch kochte und wie man Erdfrüchte in der Schale buk, indem man sie zuerst in die Blätter des Regenhutbusches einwickelte, dann in Schlamm wälzte und sie über Nacht in der Herdasche vergrub, damit man sie am nächsten Morgen zum Frühstück weich und warm essen konnte.
    Unsere Straße führte zwischen Flußwindungen entlang, bis das Land langsam steiler anstieg. Von nun an floß das Wasser geradeaus oder plätscherte gemütlich zwischen Bodenwellen, über die es dann mit wildem Geschäume hinabstürzte. Unsere Pferde mußten klettern, und wir gingen morgens und nachmittags immer eine Zeitlang neben ihnen, damit sie nicht ermüdeten oder lahm wurden. Steinerne Lampen tauchten am Wegesrand auf, zunächst alte, fast zu Schutt verfallene, gefolgt von neueren, die mit Votivkerzen erleuchtet waren.
    »Warum das?« fragte ich. »Wer zündet denn am hellichten Tag wertvolle Kerzen an?«
    »Schutz gegen die Schenker«, sagte Rätsel. »Die Leute in der Gegend hier sind sehr auf der Hut vor ihnen und den Geschenken, die sie den Vertrauensseligen machen.«
    »Warum habe ich noch nie etwas von ihnen gehört?«
    »Weil Schüler überhaupt sehr wenig erfahren.« Er meinte es nicht als Tadel, doch ich fühlte mich trotzdem gekränkt.
    »Wir wurden von morgens bis abends unterrichtet«, sagte ich. »Sie taten nichts anderes, als uns über Dinge zu unterrichten …«
    »Über bestimmte Dinge«, erwiderte Rätsel ernst. »Und von den anderen erzählten sie euch nichts. Sie erzählten euch nichts von den Schenkern, obwohl die Welt nördlich der Großen Schüssel in fortwährender Angst vor ihnen lebt. Ihr bekamt nichts von den Völkern und Orten dieser Welt erzählt, nur von dem kleinen Teil, den ihr bewohnt …«
    »Rätsel.« Aufgeregte Neugierde ergriff mich. »Warum sagt Ihr ›diese Welt‹? Glaubt Ihr, es stimmt, was die Märchenerzähler sagen, daß es noch mehr Welten als diese hier gibt?«
    »Es gibt Geschichten über andere Welten. Sie müssen nicht unbedingt wahr sein. Aber es gehört zu dem, was ich sagte. In den Schulen erzählt man euch so wenig darüber, was wirklich ist und was vielleicht Wahrheit sein könnte.«
    »Warum sollten sie so etwas tun? Warum sollte mein thalan zum Beispiel versäumen, mir Dinge beizubringen, die für mich wichtig sein könnten?«
    »Weil sie glauben, ihr bräuchtet sie nicht zu wissen«, entgegnete Rätsel erbittert. »Sie denken, ihr wärt um so sicherer, je weniger ihr wüßtet. Wenn du die Länder im Norden nicht kennst, möchtest du auch nicht dorthin. Wenn du nichts von Schenkern weißt, wirst du ihnen auch nicht zum Opfer fallen. Natürlich ist das großer Unsinn. Auf einen einzigen Jungen, der sich

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