Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
Vom Netzwerk:
vorbeiritt. Ich beschloß, eine Mahlzeit zu mir zu nehmen, bevor ich die Stadt betrat. Eines der Gasthäuser hieß ›Zum Teufelsfuß‹ und unterschied sich, was die Reinlichkeit betraf, in keinster Weise von den übrigen, roch aber einladender als die meisten anderen. Der Stalljunge übernahm ohne irgendeine Geste der Abwehr mein Pferd, was man als Zeichen hochstehender Kultur oder völliger Unwissenheit werten konnte. Entweder besuchten viele Nekromanten diese Stadt oder überhaupt keine. Es schien ziemlich gleichgültig, was von beidem stimmte.
    Drinnen im Gasthaus bemerkte ich einige neugierige Gesichter, ein paar herabgezogene Mundwinkel, aber niemand schlug Zeichen gegen das Böse. Ich bestellte Wein, gebratenes Huhn und etwas von dem gedünsteten Farn, mit dem Rätsel mich unterwegs verköstigt hatte und bei dem es sich offenbar um eine lokale Spezialität handelte. Das Essen wurde rasch serviert und noch rascher von mir verzehrt. Niemand schenkte mir Beachtung, bis ich die Mahlzeit fast beendet und nur noch die Menge eines halben Glases Wein im Krug hatte. Ein breitmäuliger Händler setzte sich mir gegenüber und zeigte mir seine Handflächen. Ich hob ebenfalls höflich die Hände und wartete ab, was er zu sagen hatte.
    »Laggy Nicker, Reisender«, begrüßte er mich. »Händler durch Talent, Philosoph durch Neigung. Was bringt jemanden so jung und abscheulich aussehenden wie Euch nach Betand?«
    Ich wußte nicht, ob ich gekränkt reagieren durfte, was ich eigentlich war, oder so tun sollte, als sei ich belustigt. Ich wählte das letztere, weil es ungefährlicher schien.
    »Jemanden, der einfach durch Betand reisen muß, weil die Stadt auf seinem Weg liegt«, entgegnete ich. Der Händler lachte über meine Worte und wiederholte sie zu ein paar anderen, die ebenfalls lachten. Offenbar fanden sie an dem Vorhaben, durch Betand zu reisen, etwas Erheiterndes, und deshalb bestellte ich Wein für die Umsitzenden und fragte in unbedarftem Ton, ob die Stadt für alle, die hierherkämen, etwas Erheiterndes zu bieten hätte.
    »Ach, junger Herr«, sagte der Händler, »ich vergnüge mich damit, fremde Wanderer zu fragen, warum sie nach Betand wollen, und ihnen später eine Mahlzeit im Gasthaus Wanderers Lust auf der anderen Seite der Stadt zu spendieren. Da könnt Ihr mir dann erzählen, ob Ihr Euch wirklich amüsiert habt, und mit diesem Bericht vergnügt Ihr mich abermals.« Bei diesen Worten heftete er funkelnde Augen auf mich, die tiefer zu forschen schienen, als mir lieb war. Er hatte Brauen, die seitwärts nach unten wiesen, außerdem tiefe Furchen zwischen den Augen. Sein Mund war breit, wie ich schon sagte, und er besaß eine lange, erbost wirkende Nase, gegen die sich seine Augen ein klein wenig zu dicht drängten. Die Augen straften seinen Mund Lügen, denn während dieser sich ständig in Bewegung befand und lächelte, blickten sie kalt und voller Berechnung.
    »Ihr wollt mir nicht zufällig erzählen, worüber ich mich … amüsieren werde?« fragte ich ihn. Er gluckste einfach nur in sich hinein und stieß seine Nachbarn mit den Ellbogen an, worauf alle in spöttisches Gelächter ausbrachen. Meine Hand hätte beinahe in meinem Beutel nach Dorn gesucht, aber ich hielt inne. Es war nicht ratsam, sich in einen Streit zu verwickeln. Ich verabschiedete mich von der Gesellschaft und ritt zur Stadtmauer, wo ein mit Fackeln hellerleuchtetes Tor weit offenstand.
    Gerade wollte ich einen Namen nennen, etwas wie ›Urburd von Dowes‹ oder ›Dornish von Calber‹, einen der Namen, die Chance und ich uns für alle Fälle ausgedacht hatten, als mir der Wachhabende zuvorkam. Er legte mir die Hand auf die Schulter und sagte eindringlich: »Mein Herr, Ihr seid hier niemand. Wenn Ihr nicht eines schweren Vergehens beschuldigt werden wollt, solltet Ihr das nicht vergessen. Ihr seid niemand.«
    Er reichte mich an einen anderen Wächter weiter, der mich mit gleicher Intensität beäugte, unbeeindruckt von der Totenschädelmaske. »Wer seid Ihr nun, mein Herr?«
    »Ich bin … niemand?« antwortete ich, verwundert darüber, was für ein Narrenspiel hier gespielt wurde, oder ob ich der Narr war, weil ich mitspielte.
    »Gut, gut«, sagte der zweite Wachhabende. »Geht durch dieses Tor, mein Herr. Laßt Euer Pferd dort drüben im Stall. Die Matrone wird gleich hier sein.«
    Kaum hatte er ausgesprochen und mir den Weg zu einem kleinen Wachttor in der massiven Mauer gewiesen, als ein Jaulen die Nacht durchschnitt, als riefe ein

Weitere Kostenlose Bücher