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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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nichts getan, was sie hätte betrüben können. Also mußte es einen anderen Grund dafür geben, und ich entschloß mich, ihn herauszufinden. Immer wenn wir hielten, huschte sie eilig zwischen den schweigenden Männern umher, brachte etwas zu trinken oder bereitete Essen, und ich versuchte ein paar Mal, mit ihr über dies und das zu reden. Es schien, als hätte sie nie gelernt, mehr als drei Worte auf einmal zu sagen. Ja. Nein. Soll ich etwas bringen? Hier, für Euch … Ihr Unbehagen, wenn ich sie ansprach, war so offensichtlich, daß ich damit aufhörte und so tat, wie ich von Anfang an hätte tun sollen – gleichgültig. Es war gut, daß ich mich dafür entschied. Nicker warf mir jedenfalls finstere Blicke zu, wenn er dachte, ich sähe ihn nicht.
    Der Zug bestand aus ungefähr acht Fuhrwerken, meistens offenen Wagen, die hochbeladen mit Kisten und mit wasserdichten Planen abgedeckt waren. Ein oder zwei von ihnen wurden als Wohnwagen benutzt, in denen man schlafen und Mahlzeiten zubereiten konnte. Einer war ein frostumhüllter kleiner Wagen, der wie ein Drache eisigen Dampf ausströmte, und der, wie Laggy Nicker sagte, verderbliche Waren enthielt, die im Westen als große Delikatessen galten. Die Fuhrwerke rollten knirschend hinter ihren Gespannen her, manche hinter Pferden, andere hinter Ochsen, und die Männer, die die Zügel hielten, schwiegen. Izia schwieg. Ich schwieg ebenfalls, während Laggy Nicker wie ein Wasserfall redete, über dies und über das und über alles mögliche.
    Ein Tag verstrich, eine Nacht und noch ein Tag, und am Abend jenes zweiten Tages, als ich auf ein Dickicht am Wegrand zu ging, um mich zu erleichtern, merkte ich, daß ich bewacht wurde. Jemand aus dem Zug umrundete das Dickicht, und mir fiel ein, daß jedesmal, wenn ich ein bißchen vorausgeritten oder hinter dem Zug zurückgeblieben war, immer jemand sofort an meiner Seite auftauchte. Ja, sagte ich zu mir, du hast es geahnt. Deshalb hattest du die ganze Zeit über ein so unangenehmes Gefühl. Diese Leute hier bieten dir nicht einfach ihre Begleitung während der Reise an, sie passen auf dich auf, bewachen dich und werden dich nicht gehen lassen, falls du versuchst zu fliehen. Ich war mir darüber so sicher, als hätte Laggy Nicker es mir selbst erzählt. Ich trödelte im Dickicht herum, in Sichtweite des Mannes, der mich beobachtete, und ließ mir nicht anmerken, daß ich mich gestört fühlte, während ich mir wieder und wieder Mavins Worte durch den Kopf gegen ließ.
    ›Vertraue den Schatten, hüte dich vor Freunden.‹ Sie hatte mich gewarnt, und ich hatte nicht darauf geachtet. Na gut, es war passiert. Ab jetzt würde ich wachsam sein. Ich ordnete meine Kleidung und ging langsam zu den Fuhrwerken zurück, wobei ich immer wieder stoppte, um einen Busch oder Baum zu betrachten. Waren da Schatten? Wenn ja, wo? Ich sah keinen, fand keinen, und wurde von Laggy Nicker am Feuer begrüßt, als wäre ich sein jahrelang verschollener Liebhaber. Meine Kehle war trocken wie dürres Herbstgras, und ich fürchtete mich. Schweigen brachte mich indes nicht weiter. Die Zeit war gekommen, ihr Spiel mitzuspielen und zu hoffen, daß sie noch ausreichte, etwas herauszufinden, was für mich von Vorteil war.
    An jenem Abend trank ich also mit ihm, unterhielt mich, erzählte ihm lange Geschichten über Betand, über mindestens hundert Jungfrauen, die es nicht gab und tausend Dinge, die mit ihnen geschehen waren, die nicht stimmten. Die ganze Zeit über grinste sein breiter Mund, während seine Augen eiskalt in mein Herz schauten. Die ganze Zeit über vermied ich, Izia anzusehen, und betete, daß ich ihr nicht bereits mit meiner Neugier geschadet hatte. Schließlich gab ich vor, betrunken zu sein und fragte ihn dieses und jenes. »Habt Ihr jemals von Zauberkünstlern gehört?« Ich täuschte einen Schluckauf vor, um zu zeigen, daß die Frage unwichtig war. »In Betand wird viel über … hicks … Zauberkünstler gesprochen.«
    Seine Hand zuckte. Ich sah, wie sich sein Kiefer unter dem Lächeln verkrampfte, wie Izia, die neben dem Feuer kauerte, plötzlich ihre Beine berührte, als seien sie verletzt worden, und hochschaute, als hätte sie eine häßliche Stimme ihren Namen rufen hören. Ich steckte meine Nase in den Becher und machte Schluckgeräusche. Etwas war geschehen. Nun, ich würde später darüber nachdenken.
    »Zauberkünstler«, sagte Nicker fröhlich. »Nein, ich glaube, davon habe ich noch nie etwas gehört.«
    »Ich auch nicht«,

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