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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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plapperte ich, ganz der weinselige Simpel. »Aber in Betand reden sie viel davon. Warum wohl? Was meint Ihr?«
    »Nun ja, Betand ist im Grunde ziemlich hinterwäldlerisch. Die meisten Menschen dort sind unwissend, abergläubisch. Sie brauchen halt Gesprächsstoff, und es ist unterhaltsam, über Wundersames zu reden, über Monster, Schenker … ja, zum Beispiel über Schenker. Sie reden ständig darüber, aber hat jemals einer von ihnen einen Schenker gesehen?« Seine Augen beobachteten mich über den Rand seines Bechers hinweg. Ich schaute mit einem Blick zurück, in dem nicht der geringste Funken Geist glimmte.
    »Na, wißt Ihr, das ist ja ein Ding!« Ich schlug mir lachend aufs Knie. »Meint Ihr, es gibt überhaupt keine Schenker? Na, toll … Die ganzen Kerzen wegen etwas, das es überhaupt nicht gibt … das ist ja zum Brüllen!« Ich lachte und reckte und streckte mich dabei, so daß ich Izia unauffällig beobachten konnte. Ja. Sie strich immer noch über ihre Beine, starrte immer noch mit angestrengt gerunzelter Stirn ins Feuer, als täte ihr etwas weh. Also gut. Kalte Gewißheit überkam mich. Der Mann führte mir gegenüber nichts Gutes im Schilde, in keinster Weise.
    Ich wußte, daß ich recht hatte, als er zu meiner Decke trat, mir einen Weinschlauch reichte und sagte: »Etwas von dem Wein, den wir nach Westen bringen. Nicht das Zeugs, das wir hier trinken. Nein. Etwas ganz Besonderes. Es schmeckt Euch bestimmt.« Lächeln, Lächeln, Lächeln. Ich lächelte betäubt zurück, nahm den Schlauch und legte ihn neben mich.
    »Großzügig von Euch, Händler. Großzügig. Ich werde gleich einen Schluck davon nehmen. Wenn sich der von eben gesetzt hat …« Ich lachte etwas und hielt meine Augen geschlossen, als wäre ich zu schläfrig, wachzubleiben, betrachtete ihn aber unter halbgeschlossenen Lidern. Sein lächelnder Mund verzog sich knurrend, bevor er wieder zu seinem üblichen Grinsen zurückfand.
    »Schlaft gut«, wünschte er mir. »Nehmt einen tiefen Schluck und schlaft gut.«
    »Ja, ja. Mach ich, mach ich. Danke.« Wenn du aus diesem Schlauch trinkst, sagte ich zu mir, wachst du wahrscheinlich nicht mehr auf. Wie, im Namen des Schwebenden Tamor, kam ich bloß heil aus dieser Sache heraus?
    Eine Weile verstrich. Die Nacht war hereingebrochen. Ich hörte, wie jemand an der Stelle vorbeiging, wo ich lag, und streckte die Hand aus, die einen Knöchel zu fassen bekam. Es war Izia, und sie kauerte sich neben mich und flüsterte: »Was soll das, Dummkopf?«
    »Izia, möglicherweise bin ich ein Dummkopf, doch ich frage dich trotzdem – befinde ich mich in Gefahr?«
    »Oh, natürlich, armer Irrer. Und ich kann dir nicht helfen, sonst sterbe ich einen so qualvollen Tod, wie du ihn dir gar nicht vorstellen kannst.« Sie nahm meine Hand und legte sie auf ihren Stiefel, oben am Bein, und hielt ihn dort fest. Minuten verstrichen. Dann hörte ich Laggy Nicker aus einem der Fuhrwerke ihren Namen rufen, einmal, zweimal, und unter meiner Hand fing der Stiefel an wie Feuer zu glühen. Ich zog mit einem erschreckten Ausruf meine Hand fort.
    »Ich komme schon«, rief sie laut, bevor sie sich hinkniete, um mir ins Ohr zu flüstern: »Verstanden, Dummkopf? Wir gehorchen. Wir gehorchen, gehorchen, gehorchen. Oder wir verbrennen.«

 
4
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Vertraue den Schatten
     
    Am nächsten Morgen, als das Lager zum Leben erwachte, gab ich vor, einen Brummschädel zu haben und mich kaum auf den Beinen halten zu können. Während der langen Stunden, in denen ich schlaflos dagelegen hatte, war ich zu dem Schluß gelangt, daß Laggy Nicker sich meiner Talente und meiner Macht unschlüssig war und sich deshalb, aber nicht unbedingt, dafür entscheiden würde, mich nicht offen zu attackieren. Nein, er würde etwas anderes versuchen, wenn er mich töten wollte, einen heimtückischen Mord oder etwas Heimliches, Hinterhältiges wie den Wein, den er mir angeboten hatte und der mit Sicherheit vergiftet gewesen war. Also beschloß ich, mich so darzustellen, als sei ich keine Gefahr für ihn, um Zeit herauszuschinden und einen Plan zu entwerfen, wie ich mein Leben schützen konnte. Ich ging davon aus, daß Izia mich nicht verraten würde. Diese Annahme erwies sich als richtig. Endlich begriff ich die Disziplin um mich herum. Sie war aus Angst geboren, Angst und Schmerz, nichts weiter. Laggy Nicker besaß eine geistige Verbindung oder eine andere Art der Kontrolle über die Stiefel, die seine Leute trugen. Die Träger dieser Stiefel mußten Nickers

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