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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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»Hoor-oor-oor-oor« in der Dunkelheit. Ich entschied, daß sie damit Aufwiedersehen meinten und Hier-bin-ich. Ich rief leise hinter ihnen her. Nur Stille antwortete mir.
    Tagsüber war ich also mir selbst überlassen. Ich hätte aus ihren übergroßen Augen und flügelartigen Ohren eigentlich schließen können, daß sie Geschöpfe der Nacht waren. Der Tag lag vor mir, und ich war in keinster Weise schläfrig, also ging ich fischen. Ich brauchte den halben Tag dazu, einen ordentlichen Fischspeer anzufertigen und die Hälfte des Nachmittags, genug Fische für die ganze Gesellschaft zu fangen. Nachdem ich dann ein Nickerchen gehalten hatte, entfachte ich das Feuer, bevor sie bei Sonnenuntergang erschienen. Ich war nicht lange im Zweifel darüber, ob sie Fisch mochten, denn ich hörte lautes Geschmatze von schmalen Lippen, runde Bäuche wurden gerieben, melodiös gepfiffen. Nachdem sie auch noch den letzten Hautfetzen gegessen und die Gräten eingehend beschnuppert hatten, drängten sie mich in den Sattel, um erneut die Nacht hindurch zu reiten. Wieder führten sie mich, während ich schlief und nur hin und wieder aufwachte, um zu sehen, wie sich der Horizont veränderte, wie sich ein Berg, der vorher vor mir gewesen, nun plötzlich in meinem Rücken befand. Ich zählte die Tage meiner Reise und gab ihnen Namen. Morgen, sagte ich zu mir, würde Hasentag sein. In meinen Satteltaschen waren nur noch wenig Vorräte, und wir hatten den Fluß bereits hinter uns gelassen.
    Und so war es. Der Hasentag wurde vom Taubentag abgelöst, gefolgt vom zweiten Fischtag, gefolgt von dem Tag, an dem wir Grünzeug und Nüsse aßen. Das kleine Völkchen war darüber mächtig enttäuscht, aber ich hatte an diesem Tag kein Glück bei der Jagd gehabt. Wir hatten eine moorige Landschaft mit vielen kleinen Wasserläufen erreicht, wo es Grünzeug in Massen gab, das niemand außer uns essen wollte. In dieser Nacht erblickte ich während der Stunden, in denen wir unsere Reise fortsetzten, ein feuriges Glühen am Horizont, halb hinter einem großen Hügel verborgen. Noch bevor der Morgen kam, hatten wir freie Sicht auf hochsprühende Feuerfontänen, die sich so weit das Auge sehen konnte vor uns erhoben. »Thruf«, schnatterte meine Eskorte befriedigt. »Thrufarufarufarauf.« Das sollte wohl bedeuten, daß es sich um viele Feuer handelte.
    Und es waren viele Feuer. Bald darauf bewegten wir uns zwischen ihnen hindurch, die glühenden Hügel schlossen sich dichter um uns und waren schwieriger zu umgehen. Flammen schossen aus verborgenen Löchern im Gestein, flüssiges Feuer rann in Spalten, wo es wie Kohle glühte und zischte, und rückte uns immer näher. Schließlich erreichten wir eine Stelle, wo ich nicht weiterreiten konnte. Unmittelbar vor den Pferdehufen lag ein breiter Streifen Lava, violett in der leichten Brise, krustig und verschorft mit Schlacke. Das Pferd schreckte zurück und weigerte sich, weiterzulaufen. »Zwitsch, zwitsch«, machte einer der Schattenmenschen eindringlich und zerrte mich am Bein. »Zwitsch.« Sie zogen mein Gepäck vom Pferd, gaben mir etwas davon zu tragen, den Rest nahmen sie selbst. Dann setzte der zwitschernde Vierhändige ohne Zögern seinen haarigen Fuß auf den glühendroten Stein. Die anderen folgten ihm, nur einer blieb zurück, um das Pferd zu halten. »Geh über Feuer«, sagte ich schwitzend zu mir selbst und wartete auf den Schmerz, der sich durch die Sohlen meine Stiefel nach oben brennen würde. Nichts. Um mich herum knisterte Feuer, aber meine Füße wurden nicht heiß. »Zwitsch«, rief mein Führer. »Thrufarufaruf.«
    Wir gingen wie auf einem Pfad aus Glas. Das feurige Glühen entstand nur durch den Widerschein der Geysire und Fontänen zu beiden Seiten. Feurige Flüsse säumten unseren Weg, wo sich Halbgeschmolzenes zu bizarren Gebilden aufgehäuft hatte. Hitze strömte von ihnen aus wie von einem Schmelzofen, aber der Boden, auf dem wir gingen, war kühl. Wir schienen über ein schmales Stück Land zwischen zwei mächtigen Felsen zu gehen, aus deren Gipfel Rauch zu der blutroten, gräßlichen Wolke aufstieg, die schwer von Asche und Regen über uns hing. Die kleinen Leute rannten vor mir her, hüpften fröhlich von einer Seite des Weges auf die andere. »Zwitsch, zwitsch, Peter, eter, ter.«
    Ein antwortender Ruf ertönte vor uns. Wir wagten uns zwischen den letzten flammenden Fontänen hindurch und kamen am Hang eines Hügels an, der grün und kühl wirkte, wo ein steter Wind die Hitze

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