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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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ihrem seidigen Fell, den Ohren, die wie zierliche Flügel an ihrem Kopf wuchsen, und den scharfen kleinen Zähnen, die im schwachen Licht der Sterne glitzerten. Bei dem ganzen Getrillere und Pfeifen vergaßen sie nicht, mich immer weiter vom Ufer wegzuziehen, hin zu dem Platz, wo ich geschlafen hatte. Dabei spielten sie den Zorn der Wasserkreatur nach, ließen ihre langen, dünnen Arme wie Tentakel kreisen und in gekonnt imitierter Wut auf die Kieselsteine fallen. »Hoo, hoo, hoor, oor, oor.« Vom Fluß her kamen noch mehr von ihnen, bis ich von einer wild tanzenden Meute umgeben war. Meine Müdigkeit schien verflogen. Ich fütterte das hastig entzündete Feuer mit Zweigen und beobachtete die Vorstellung um mich herum.
    Einer von ihnen brachte mir eine Frucht, die ich aß, und das veranlaßte andere, mir ebenfalls alles Mögliche zu essen zu bringen, einiges, das gut roch und schmeckte, anderes, das ich nicht über mich brachte, in den Mund zu stecken. Sie begriffen rasch. Hatte ich einmal etwas abgelehnt, brachten sie es kein zweites Mal. Nach einer Weile legte sich ihre Aufregung, und sie kauerten sich nebeneinander hin, um mich zu beobachten. Ich streckte die Hand nach dem Nächstsitzenden aus, berührte ihn und sagte zu ihm (oder ihr): »Freund.« Das gefiel ihnen. Einige versuchten, das Wort in ihrer eigenen Sprache zu sagen, und andere stimmten ein. »Freund, reund, eund, eund.« Dabei erhob sich einer mit silbrigem Fell, kam an meine Seite und strich sich mit der Hand über seine Brust. »Proom«, sagte er. »Proom. Proom.«
    Ich berührte seine Brust und entgegnete: »Proom.« Dann berührte ich meinen Oberkörper. »Peter.«
    »Peter, eter, ter, ter«, murmelten sie entzückt.
    Der Graue wies auf den See, auf die unruhige Wasseroberfläche, ahmte Schwimmbewegungen nach und hob seine Hände wie sich windende Greifarme. »D’bor.«
    Ich wies auf die Wellen und wiederholte das Wort. Er nickte. Offenbar gefiel es ihm, wie unser Gespräch verlief.
    »D’bor, nein, nein, nein«, sagte er stolz und tat wieder so, als schwimme er. »Nein, nein, nein.«
    Ich lachte. »D’bor, nein, nein, nein, nein«, stimmte ich zu, worauf wir beide zufrieden nickten. Mavins Worte: Geh über Feuer, aber schwimm nicht im Wasser, kamen mir in den Sinn. Natürlich. Wasser war tabu.
    Also würde ich über Feuer gehen müssen, falls ich Feuer fand. Ich legte mehr Zweige ins Feuer, bis die Flamme hochloderte, stellte mich dann, bevor ich es einmal umrundete, mit priesterlich erhobenen Händen davor auf, wobei ich eine Hand über mein Auge hielt, als spähe ich in die Nacht hinein, nach Norden, Westen, Süden und Osten. Dann deutete ich wieder auf das Feuer. Die Schattenmenschen beratschlagten untereinander, ein leises Geschnatter. Der Graue wies auf das Feuer. »Thruf«, sagte er. Dann wandte er sich nach Norden. »Thruf«, sagte er wieder. Seine Hände beschrieben etwas Größeres, Umfangreicheres.
    Ich ahmte seine Geste nach und wiederholte mit Gehbewegungen: »Thruf.« Das leise Schnattern setzte sich fort, und ein paar Schattenmenschen erhoben sich, um mir zu folgen, tapp, tapp, auf dem weichen Gras, nach nirgendwo hin. Sie kicherten. Offenbar wollten mir einige von ihnen folgen, wenn ich aufbrach. Zeit genug dazu, wenn die Sonne aufging, dachte ich. Doch ich irrte. Sie waren anderer Meinung. Diejenigen, die sich angeboten hatten oder ausgewählt worden waren, schnappten meine Habseligkeiten und gingen damit zu meinem Pferd, dem sie sich Nase an Nase gegenüberstellten, um sich mit schnüffelnden Geräuschen in eine geheime Unterhaltung mit ihm zu vertiefen. Es half alles nichts. Ich mußte das Pferd besteigen und losreiten, während sie es am Zügel führten. Auch gut – wenn ich achtgab, konnte ich im Sattel schlafen. So zogen wir los, das kieselige Ufer des Binnenmeeres entlang, wobei wir uns sorgsam vom Wasser fernhielten, in Richtung Norden. Der Himmel wurde grau, die Dämmerung brach herein, und meine Führer bedeuteten mir mit wachsender Aufregung, abzusteigen. Wir hielten sofort an, ein hastiges Absuchen des Geländes erfolgte, dann erklang ein langes »Hoo-oor-oor« von einem bewaldeten Hang. Die anderen folgten dem Ruf, und man brachte mich zu einer kleinen Höhlung, dunkel wie ein Nasenloch in der Seite des Berges. Die Schattenmenschen legten mein Gepäck hin, beeilten sich, trockene Zweige und Äste aus dem Wald zu holen und diese an der Bergwand aufzuschichten, dann verschwanden sie mit einem langgezogenen

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