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Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant

Titel: Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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trat aus dem Wald und röhrte eine Herausforderung an einen zweiten, der hinter mir erschien. Die beiden huben an, über meinem Körper miteinander zu kämpfen. Ich rollte mich hastig beiseite, schrammte mich dabei an Steinen blutig und sah gerade noch die beiden Hirsche zwischen den Bäumen verschwinden, meine Decken auf ihren Geweihen aufgespießt.
    Ich kauerte mich unter einen Baum, ohne Decken, ohne Feuer, während das Wasser mir in den Nacken lief und es höhnisch weiter in Strömen regnete. Der Regen fand mich, wohin ich mich auch bewegte. Es gab keinen Schutz vor ihm außer einer Öffnung hoch im Baum, wo sich von Zeit zu Zeit Flügel gegen das Leuchten der Blitze abhoben. Mir war kalt. Meine Kleider konnten mich nur wenig wärmen. Da fühlte ich, wie etwas vorsichtig an meinem Fußgelenk zerrte. Der nächste Blitz ließ eine dünne Kletterpflanze sichtbar werden, die mit ihren messerscharfen Kanten die Nähte meiner Hose auftrennte, während eine ihrer Ranken eine Art Puder in meine Schuhe stäubte. Zwei Blitze später, und auf den Schuhen sprossen Pilze, große, feuchte Schwämme, die meine Füße bedeckten. Flügel flatterten in das Loch fünf mannshoch über mir, eine Öffnung so weit wie die Spanne meines Armes an dem dicken Baumstamm.
    Eine dumpfe Wut begann sich in mir aufzubauen, ein Unbehagen, so groß, daß mein Körper dagegen rebellierte. Es gab keinen gedanklichen Zusammenhang. Etwas, das älter und mächtiger war als der Verstand, handelte nach seinem Willen, und Peter tat nichts, um es daran zu hindern.
    Meine Krallen bohrten sich tief in die borkige Rinde des Baumes. Meine langen gebogenen Fangzähne leuchteten im Schein der Blitze. Über mir flatterten Vögel aufgeregt herum, und mein Pombi-Ich grinste vor Vorfreude. Ich fuhr mit einem Rutsch in die Öffnung hinein, mit knirschenden Kiefern, große Tatzen fingen einen Flatterer nach dem anderen und machten ihn zu einer bequemen Mahlzeit aus warmem Fleisch für mich, während der ich Federn aus der Öffnung spuckte und beobachtete, wie der Sturm sich über die fernen Berge hinweg verzog. Als es draußen ruhig war, rollte ich mich in der Höhle zusammen und fuhr nur noch einmal hoch, um ein Stück morsches Holz ins Freie zu werfen, das mich an der Hüfte gedrückt hatte. Ich schlief. Es war warm im Baum, und meine Wut verging, ebenso wie der Sturm vergangen war.
    Als ich erwachte, erinnerte ich mich nur dunkel an das Vorgefallene. Ich war nackt wie ein Ei, in meiner eigenen Gestalt. Weit unten auf dem Erdboden lagen die Überreste meines Gepäckes. Ein paar Schnallen und Schnüre. Ein Messer. Neben mir in der Öffnung lag der Beutel, der die Spielfiguren von Barish enthielt. Offenbar hatte ich sie trotz meiner Wut nicht losgelassen. Ich begab mich den Baum hinunter wie ich hochgekommen war, in Pombi-Art, den Beutel zwischen den Zähnen. Auf dem Erdboden angekommen, kam mein Peter-Ich wieder zum Vorschein, wenn ich auch fellbedeckt blieb, mit einer Tasche im Fell für die Spielfiguren. Es war alles nicht schwierig. Ich fragte mich und frage mich auch heute noch, warum ich so lange brauchte, um es zu begreifen oder mich dafür zu entscheiden. Das Messer hätte ebenso in die Tasche gepaßt, aber ich ließ es liegen, wo es war. Die Pombi-Krallen konnten ebenso gut schneiden.
    Als die Sonne immer höher stieg, wurde mein Fell kürzer, außer an den Beinen und Füßen, wo ich es als Schutz vor den Steinen und Dornen brauchte. Als es gegen Abend kälter wurde, wuchs das Fell wieder. Der Körper tat alles von selbst. Peter brauchte nicht darüber nachzudenken. Der Körper dachte an längere Beine, wenn er sie brauchte, und an Arme, deren Länge sich veränderte, wenn sie sich nach irgend etwas reckten, das sie pflücken wollten. An diesem Tag aß ich besser als an vielen vorhergegangenen. Keine Frucht riß sich schreiend aus meiner Hand los. Kein Fisch und kein Vogel verwandelte sich über meinem Feuer in ein Ungeheuer. Manche Dinge ließ ich in Ruhe, und der Körper wußte, welche. Nach einer Zeitlang wußten es die Augen, und schließlich auch der Verstand.
    Es gab Bäume, denen man sich besser nicht näherte, Hügel, von denen man sich fernhielt, Straßen, die man nicht betrat. Andere Dinge wiederum waren gastfreundlich oder einfach ›echt‹. Ich sah Artefakte in Schlaizy Noithn, Monumente. Ehrengrabmale. Riesige Menhire, die aussahen, als seien sie am Urbeginn der Zeit errichtet worden. Einige von ihnen waren von Menschen gebaut, vielleicht von

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