Das Wahre Spiel 02 - Der Nekromant
bereits gesagt. »Deine Familie gibt es noch, Izia, und sie hat nie aufgehört, an dich zu denken.«
»Du Narr, du Narr«, singsangte sie. »Sie verkauften mich an den Wandler. Es war ihnen gleich, was aus mir wurde.« Das Schluchzen begann wieder.
»Scht, scht, Izia. Laggy Nicker hat dich angelogen, alles war Lüge. Du bist nicht verkauft worden. Er hat dich entführt, durch Betörung und List. Versuch dich daran zu erinnern, wie es passiert ist! Der Händler hat es getan, Izia. Kein anderer.«
Sie sank auf das Lager, und ich überließ sie Mavin, die gerade eine weitere Tasse heißer Brühe vom Feuer brachte, ihre Medizin für alle Übel, die sie Izia löffelweis einträufelte. Sie schüttelte den Kopf und zog ein Gesicht, als schmecke sie Galle, als sie Izia weinen sah. Zu mir sagte sie später eine Menge darüber, was sie von Spielern hielt, die Kinder raubten. Sie hätte es nicht zu sagen brauchen. Ich hatte bereits meine Meinung darüber, und die konnte gar nicht mehr schlechter ausfallen, gleichgültig, was Mavin noch sagte.
Am Mittag hatte sich Izia so weit erholt, daß sie mit zitternden Fingern begann, die heilenden Stellen an ihren Beinen zu betasten, und zu verstehen schien, was wir über ihre Rückkehr zu Yarrel sagten, und sogar begierig schien, aufzubrechen. Mavin nahm sich viel Zeit dafür, mehr als ich für nötig hielt, Izia zu erklären, daß Dolwys und Swolwys ›gute‹ Wandler waren, die auf Izias Sicherheit achten würden. Sie brachte auch einige Zeit damit zu, meine Vettern vorzubereiten, wie sie sich Izia gegenüber zu verhalten hatten, um weitere Verletzungen zu vermeiden. Swolwys ging hinunter in die Ebene, um Pferde zu holen. Als er wiederkam, war Izia fast wieder wie früher, ging zwischen den Tieren umher, untersuchte ihre Hufe, all das, was ich sie die ganze Zeit über in Nickers Lager hatte tun sehen. So zogen sie also von dannen, und Mavin und ich blieben allein zurück.
»Ich habe mir überlegt«, sagte sie, grübelnd in die Dunkelheit des Fleckes hinunterstarrend, »daß wir die Gestalt dieser zwei Geschöpfe annehmen sollten, die du dort unten zertrampelt hast. Ich glaube, ich bringe dieses Zwiegeschöpf zustande. Kannst du dich in die Gestalt des Fettmanns verwandeln?«
Ich überlegte. Als wir Fettmann getötet hatten, war der Fettwaggon ziemlich intakt geblieben, und ich nahm an, daß ich irgendwie herausfinden konnte, wie man ihn bediente. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man überhaupt die Gestalt der Dupies annehmen könnte, und ich fragte Mavin, wie sie das bewerkstelligen wollte.
»Ich werde mich ganz tief unten halten, im Bauch, denke ich, mit Knochenplatten um mein Gehirn. Die Köpfe dieser Kreatur werden dann wie Puppen bewegt werden. Mit einiger Übung sollte ich sie gleichzeitig sprechen lassen können, obwohl das vielleicht nicht nötig sein wird.« Sie grübelte weiter, bis sie schließlich einen fürchterlichen Schwur tat und sich von ihrem Ausguck erhob. »Das gefällt mir nicht. Es ist wie – die Gestalt von etwas Schändlichem anzunehmen. Die Gilde der Hebammen wird sich dafür zu rechtfertigen haben.«
»Es ist nicht ihr Verschulden«, sagte ich. »Die Dupies sagten, sie seien vor den ›fürchterlichen Hebammen‹ gerettet worden. Ich verstand nicht, was sie damit meinten …«
Sie schüttelte den Kopf. »Es hängt mit dem Schwur zusammen, den die Hebammen ablegen, Peter. Mit ihrem Glauben, wenn du so willst. Je älter ich werde, um so mehr liebäugelte ich damit.« Sie sah meine verwunderte Miene und fuhr fort: »Glaubst du, daß du eine – Seele hast?«
Windlow, Seidenhand, Yarrel und ich hatten in Windlows Turm unten im Süden darüber gesprochen, erst kürzlich, aber es schien bereits sehr lange her zu sein. Der alte Windlow hatte uns darauf aufmerksam gemacht, daß jeder von uns sich zweier Personen bewußt war, einer, die etwas tat, und einer anderen, die das Tun beobachtete. Er sagte uns, daß das die Menschen von den Tieren unterschied, die wir kannten. Ich ließ mir also Mavins Frage durch den Kopf gehen und sagte dann: »Ich besitze bestimmt mehr als, sagen wir, ein Fustigar. Jedenfalls dachte das Windlow.«
»Die Hebammen glauben an die Seelen. Allerdings glauben sie nicht, daß sie den Menschen angeboren sind. Sie glauben, daß die Seele zum Teil entsteht, wenn man sprechen lernt (was Menschen als einzige von allen Geschöpfen tun) und zum Teil durch unsere Mitmenschen, ein Geschenk der menschlichen Gemeinschaft an jedes Kind.
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